(Registrieren)

Kein Patent auf gentechnisch veränderte Schimpansen! / Großer Erfolg für Bündnis von Umwelt- und Tierschutzorganisationen

Geschrieben am 02-07-2020

Berlin (ots) - Aus ethischen Gründen hat das Europäische Patentamt (EPA) zwei Patente auf gentechnisch veränderte Menschenaffen für ungültig erklärt. Alle Ansprüche auf gentechnisch veränderte Versuchstiere müssen jetzt aus den betroffenen Patenten gestrichen werden. Die Technische Beschwerdekammer des EPA entsprach damit Einsprüchen und Beschwerden, die von einem breiten Bündnis von Tier- und Umweltschutzorganisationen eingereicht worden waren. Das europäische Patentrecht verbietet Patente auf die genetische Veränderung von Tieren, wenn daraus Tierleid resultieren kann. Einzige Ausnahme sind Fälle, in denen tatsächlich ein erheblicher medizinischer Nutzen vorliegt. Dieser Nutzen war nach Ansicht des EPA nicht vorhanden. Es ist das erste Mal, dass das EPA diese Regel so restriktiv auslegt. Die Entscheidung ist auch für andere Fälle bindend.

Die Einsprüche wurden 2012 und 2013 eingelegt und betreffen Patente der US-Firma Intrexon (EP1456346 und EP1572862), die jetzt Precigen heisst. In den Patenten werden gentechnisch veränderte Schimpansen und andere Tierarten als 'Erfindung' beansprucht, die für Tierversuche verwendet werden sollen. In das Erbgut dieser Tiere sollen laut Patent Gene eingefügt werden, die aus Insekten stammen. Die Aktivität dieser Gene soll dann durch Verabreichung zusätzlicher chemischer Substanzen beeinflussbar sein. Die Firma spricht von einem 'Gen-Schalter'.

Gegen die Patente Einspruch erhoben hatten die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Cruelty Free International, der Deutsche Tierschutzbund, das Gen-ethische Netzwerk (GeN), die Gesellschaft für ökologische Forschung, das Jane Goodall Institut (Deutschland), Kein Patent auf Leben!, Bundesverband Menschen für Tierrechte, Pro Wildlife, die Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG), Schweizer Tierschutz (STS), TASSO, Testbiotech und die Wild Chimpanzee Foundation Deutschland (WCF). Unterstützt wurden die Einsprüche von rund 14.000 Einzelpersonen.

"Ich begrüße die Entscheidung des EPA, zwei Patente auf gentechnisch veränderte Schimpansen aus ethischen Gründen zu widerrufen. Schimpansen sind unsere nächsten Verwandten, die 98.6% der Zusammensetzung unseres Erbgutes mit uns teilen. Alle, die verstanden haben, dass die gentechnische Veränderung dieser Affen und anderer empfindungsfähiger Tiere nicht akzeptabel ist, werden dieses Urteil begrüßen", sagt Dr. Jane Goodall, weltweit bekannte und angesehene Verhaltensforscherin, Gründerin des gleichnamigen Jane Goodall Instituts und UN-Friedensbotschafterin. "Das EPA hat hier eine weise und verantwortungsvolle Entscheidung getroffen, die ein klares Signal an alle WissenschaftlerInnen aussendet, die leidensfähige Tiere nur als ein Werkzeug der Forschung sehen."

Die Einsprüche des Bündnisses wurden 2015 zunächst zurückgewiesen. Dagegen legten die Einsprechenden 2016 Beschwerde ein. Ende 2019 kündigte die Beschwerdekammer an, dass sie beabsichtige, den Beschwerden stattzugeben. Der Patentinhaber stimmte daraufhin einer Streichung aller Ansprüche auf gentechnisch veränderte Tiere zu. Jetzt hat die Beschwerdekammer endgültig entschieden und die Einspruchsabteilung angewiesen, das Patent entsprechend abzuändern (Entscheidungen T0682/16 und T0789/16).

Ruth Tippe von der Initiative Kein Patent auf Leben!, die seit vielen Jahren gegen derartige Patente kämpft, begrüßt die Entscheidung: "Es hat fast 30 Jahre gedauert, bis das EPA an diesen Punkt gelangt ist und zum ersten Mal die Patentierung von gentechnisch veränderten Tieren stark einschränken will. Wir fordern nach wie vor ein generelles Verbot von Patenten auf Tiere aus ethischen Gründen."

Die aktuelle Entscheidung könnte tatsächlich zu einem Wendepunkt führen. Bereits seit 1992 ist die Patentierung von Tieren in Europa heftig umstritten. Damals wurde in Europa erstmals ein Patent auf gentechnisch veränderte Säugetiere erteilt, das Patent auf die sogenannte 'Krebsmaus'. Seitdem wurden vom EPA tausende ähnlicher Patente erteilt, meist auf Versuchstiere, zum Teil aber auch auf landwirtschaftlich genutzte Tiere wie Rinder und Schweine. Die Patentierung von Versuchstieren ist zwar nicht völlig verboten, sollte aber jetzt auf wenige Ausnahmefälle eingeschränkt sein.

"Mit diesem Urteil sollten wenigstens Patente auf landwirtschaftlich genutzte Tiere wie Kühe und Schweine der Vergangenheit angehören, da hier keinerlei medizinischer Nutzen zu erwarten ist", fordert Gudula Madsen vom Gen-ethischen Netzwerk.

"Versuche an Menschenaffen oder gar Patente auf sie sind ein absolutes No-Go", so Sandra Altherr von Pro Wildlife. "Das Urteil des Europäischen Patentamtes ist erfreulich deutlich und richtungsweisend."

"Wir fordern ein vollständiges Verbot der Patentierung von Tieren. Fühlende Lebewesen zu 'Erfindungen' oder Objekten zu degradieren, derweil sie in der Forschung an Stelle des Menschen leiden müssen, ist ethisch nicht akzeptabel", sagt Stephanie Link, Referentin für Alternativmethoden zu Tierversuchen beim Deutschen Tierschutzbund.

"Die ethisch begründete Entscheidung des Europäischen Patentamts stimmt uns optimistisch, dass es künftig strenger bei der Vergabe von Tier-Patenten ist", erklärt Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung. "Dies muss jedoch ebenso für landwirtschaftlich genutzte Tiere gelten. Es ist ein Grundproblem der Massentierhaltung und ethisch äußerst fragwürdig, dass Tiere zu Produkten degradiert und bis zu den Genen kommerzialisiert werden."

"Auch mithilfe des EPA haben manche Firmen das Leid von Tieren zum profitablen Geschäft gemacht. Der Verkauf von gentechnisch veränderten Versuchstieren wird sogar mit Sonderangeboten und Werbegeschenken beworben", sagt Christoph Then für Testbiotech. "Wir hoffen, dass das EPA jetzt verstanden hat, dass man mit Tierleid keinen Profit machen darf. Wir werden auch die weitere Entwicklung aktiv begleiten."

Die Patente werden jetzt zurück an die Prüfungsabteilung verwiesen und können nur in veränderter Form aufrecht erhalten werden. Dabei müssen alle Ansprüche auf Tiere gestrichen werden.

Ansprechpersonen:

Dr. Sandra Altherr: Tel.: 01742175054, sandra.altherr@prowildlife.de

Dr. Stephanie Link: Tel.: 0228-60496-24, presse@tierschutzbund.de

Gudula Madsen: Gudula.madsen@gen-ethisches-netzwerk.de

Dr. Ruth Tippe: Tel.: 01731543409, rtippe@keinpatent.de

Dr. Christoph Then: Tel.: 015154638040, info@testbiotech.org

Sebastian Wolf, Jane Goodall Institut Deutschland e.V., Tel.: 01772644064, sebastian.wolf@janegoodall.de

Kontakte zu weiteren beteiligten Organisationen:

- Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Tel: +49 (0)30 400 54 68-15, https://albert-schweitzer-stiftung.de/ - Cruelty Free International, Tel.: +44 (0)754 592 4999, http://www.crueltyfreeinternational.org - Gesellschaft für ökologische Forschung, http://www.goef.de/ - Bundesverband Menschen für Tierrechte, Tel.: + 49 (0) 2252 830 12 10, info@tierrechte.de - SAG Schweizer Allianz Gentechfrei, Tel. +41 (0)44 262 25 63, https://gentechfrei.ch - Schweizer Tierschutz STS, Tel.: +41 (0)61 365 99 99, sts@tierschutz.com - TASSO e.V., Tel.: +49 (0)6190 93 73 00, info@tasso.net, http://www.tasso.net - Wild Chimpanzee Foundation c/o Max Planck Institut für evolutionäre Anthropologie, http://www.wildchimps.org

Weitere Informationen siehe: http://www.testbiotech.org/node/2551

- Die Patente von Intrexon - Die Einsprüche - Die Beschwerden gegen die Zurückweisung der Einsprüche - Die Entscheidungen der Beschwerdekammer - Die ausführliche Begründung der Entscheidung - Die geänderten Ansprüche

Pressekontakt:

Diana von Webel
Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt
+49 30 400 54 68-15
presse@albert-schweitzer-stiftung.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/55647/4641113
OTS: Albert Schweitzer Stiftung f. u. Mitwelt

Original-Content von: Albert Schweitzer Stiftung f. u. Mitwelt, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

739484

weitere Artikel:
  • ZDF-Programmhinweis / Freitag, 3. Juli 2020 Mainz (ots) - Freitag, 3. Juli 2020, 9.05 Uhr Volle Kanne - Service täglich Moderation: Nadine Krüger Wohnen und Design - Strand-Terrasse für zu Hause Reisetipp: Rothaarsteig - Wandern im malerischen Rothaargebirge Gegrillte Melonen mit Ziegenkäse - Ein Rezept von Mario Kotaska Gast: Ina Paule Klink, Schauspielerin Freitag, 3. Juli 2020, 12.10 Uhr drehscheibe Moderation: Sandra Maria Gronewald Tiere gegen Einsamkeit - Erhöhte Nachfrage in Tierheimen Expedition Deutschland: Wadern - Unterwegs im nördlichen Saarland Service: mehr...

  • Kirchliche Sendungen am Wochenende 4./5. Juli 2020 im Ersten (FOTO) München (ots) - "Das Wort zum Sonntag" spricht am Samstag, 4. Juli 2020, um 23:20 Uhr, Annette Behnken aus Loccum. Ihr Thema: Unbeschwert und leicht Die Sehnsucht ist groß. Urlaub 2020. Sonne, Wärme, schönes Leben. Doch in diesem Jahr treiben viele Gedanken in eine ganz andere Richtung. Unsere Sterblichkeit ist uns vor Augen geführt worden. Und nun? Memento mori - eine alte christliche Mahnung. Darüber spricht Annette Behnken im "Wort zum Sonntag". Die "Wort zum Sonntag"-Sendung kann unter www.DasErste.de/wort nachgelesen oder als Video-Podcast mehr...

  • VdeH fordert: Rauchausstieg mit E-Zigarette in AWMF-Leitlinie aufnehmen / E-Zigaretten in Arztpraxen angekommen / Hoher Beratungsbedarf zum Rauchausstieg bei Patienten und Ärzten Berlin (ots) - Der Verband des e-Zigarettenhandels (VdeH) hat in einer bundesweiten Umfrage unter Lungen- und Hausärzten festgestellt, dass Fragen zur E-Zigarette zwar in den Arztpraxen angekommen sind, Patienten und Ärzte aber vielfach noch nicht die jüngsten Forschungsergebnisse zur möglichen Rolle der E-Zigarette beim Rauchausstieg kennen. Michal Dobrajc, Vorsitzender des VdeH, wertet die Ergebnisse der Umfrage als Beleg dafür, dass über die E-Zigarette weiter informiert werden müsse. Er sagte: "Die E-Zigarette ist nicht der Einstieg in eine mehr...

  • phoenix persönlich: Der Koch und Gastronom Nelson Müller zu Gast bei Inga Kühn - 03. Juli 2020, 18.00 Uhr Bonn (ots) - "Wenn man merkt, dass man anders ist als die meisten Menschen im Land, dann orientiert man sich natürlich an Menschen, die so ähnlich aussehen und die gesellschaftlich anerkannt sind und als role models sozusagen zu sehen sind", sagt der Sternekoch Nelson Müller über Identifikationsfiguren in seiner Kindheit. Er habe sich früher beispielsweise für eine gewisse Zeit an dunkelhäutigen Menschen orientiert, um seine eigene Identitätskrise zu überwinden, so Müller. "Tracy Chapman, Harry Belafonte, das waren alles Personen, die ich toll mehr...

  • ZDFinfo, kurzfristige Programmänderung / Mainz, 2. Juli 2020 Mainz (ots) - Woche 29/20 Freitag, 17.07. Bitte Programmänderung beachten: 8.30 auslandsjournal - die doku: New York Comeback nach Corona? USA 2020 "auslandsjournal" entfällt ( weiterer Ablauf ab 9.00 Uhr wie vorgesehen ) Pressekontakt: ZDF Presse und Information Telefon: +49-6131-70-12121 Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/105413/4641282 OTS: ZDFinfo Original-Content von: ZDFinfo, übermittelt durch news aktuell mehr...

Mehr zu dem Thema Sonstiges

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Sat1.de mit neuem Online-Spiele-Portal Sat1Spiele.de / SevenOne Intermedia baut Bereich Games weiter aus

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht