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Eine Frage der Perspektive / Kommentar zur Bloomberg-Innovationsstudie von Stefan Reccius

Geschrieben am 20-01-2020

Frankfurt (ots) - Angela Merkel kann stolz nach Davos reisen. Pünktlich zum
Klassentreffen der Elite aus Politik und Wirtschaft, dem Weltwirtschaftsforum,
hat der Datenanbieter Bloomberg Deutschland zum Innovations-Weltmeister gekürt.
Im "Bloomberg Innovation Index 2020" hat die Bundesrepublik Südkorea von der
Spitze verdrängt. Das ist aller Ehren wert, zumal die Bloomberg-Ökonomen nicht
im Verdacht stehen, der Bundesregierung Gefälligkeitsgutachten auszustellen.
Doch blenden lassen sollte man sich davon nicht.

Innovation, das klingt nach Fortschritt und Wohlstandsversprechen. Aber auch
reichlich unspezifisch. Für Bloomberg ist es ein Sammelbegriff aus sieben
Kategorien. Dass Deutschland in der Summe vorn liegt, verdankt es vor allem drei
Kategorien: Bei Hightech-Dichte und Patenten sieht Bloomberg Deutschland auf
Rang 3. Die Deutschen sind hervorragend darin, brillante Ideen zu Papier zu
bringen. Nur, und das bleibt in dem Ranking außen vor: Es hapert an der
Kommerzialisierung, an Wagniskapital ebenso wie an Gründergeist. Laut
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist die Zahl der Unternehmensgründungen
seit Jahren rückläufig. CSU-Politiker fordern jetzt einen Innovationsfonds mit
staatlich garantierter Verzinsung von zwei Prozent. So ehrenwert die Idee, so
durchsichtig ihr Antrieb: Sie wollen die Deutschen nicht etwa zu einem Volk der
Unternehmer machen, sondern die Sparweltmeister vor den Nullzinsen retten. Das
ist nicht die Mentalität eines Innovations-Champions.

Bloomberg adelt die Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe. Doch der um sich
greifende Protektionismus setzt der weltgewandten Industrie zu. Ein wesentlicher
Teil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung, weiterer Ausweis von
Innovationskraft, ist in der Autobranche gebündelt, die mit Milliarden zu
kaschieren versucht, dass sie die Mobilitätswende verschlafen hat. Ein
Klumpenrisiko, auch in Sachen Innovation.

Nichts sagt die Studie darüber, wie es um die Wettbewerbsfähigkeit bestellt ist.
Kaum irgendwo zahlen Unternehmen so viel für Strom. Die Steuerlast wird durch
die halbherzige Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags kaum geringer. Der
Fachkräftemangel ist ein Standortrisiko. Und in Sachen öffentliche Infrastruktur
wie schnelles Internet in der Breite rangiert Deutschland unter ferner liefen.
Sagt nicht Bloomberg, sondern: das Weltwirtschaftsforum in seinem jüngsten
Global Competitiveness Report. Da ist Deutschland auf den siebten Platz der
wettbewerbsfähigsten Länder zurückgefallen. Es ist alles eine Frage der
Perspektive.

(Börsen-Zeitung, 21.01.2020)

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/30377/4497511
OTS: Börsen-Zeitung

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