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LG Düsseldorf zum VW-Abgasskandal: Vom KBA freigegebenes Softwareupdate beinhaltet weitere illegale Abschalteinrichtung

Geschrieben am 06-09-2019

Köln (ots) - Das Landgericht Düsseldorf verpflichtete die
Volkswagen AG in einem von der Kanzlei Rogert & Ulbrich geführten
Verfahren mit Urteil vom 31.07.2019 Az. 7 O 166/18 dazu, dem Kläger
den Großteil des Kaufpreises für den von ihm erworbenen Volkswagen
Tiguan 2.0 TDI zurückzuzahlen und den Wagen zurückzunehmen. Es
befasste sich in diesem Urteil sehr intensiv mit der Wirkung des sog.
Updates und der Zulässigkeit eines Thermofensters.

Obwohl dem Kläger das mit dem Kraftfahrtbundesamt (KBA)
abgestimmte Softwareupdate auf sein vom Abgasskandal betroffenes
Fahrzeug aufgespielt wurde, hält das Gericht das entsprechende
Fahrzeug nach wie vor für illegal.

Zum einen würde der durch die Täuschung der VW-AG bedingte
ungewollte Kaufvertrag hierdurch nicht nachträglich zu einem
gewollten oder genehmigten Kaufvertrag werden. Zum anderen bestehen
infolge der unterschiedlichen öffentlichen Verlautbarungen zu den
Wirkungen des Updates auch objektiv zumindest Unsicherheiten. Darüber
hinaus - und das ist besonders bemerkenswert - müsse der Betroffene
auch nicht davon ausgehen, dass mit dem zur Beseitigung der
unzulässigen Abschalteinrichtung aufgespielten Software-Update
zugleich eine neue Abschalteinrichtung aufgespielt werde.

Vorliegend war zwischen den Parteien unstreitig, dass die
Abgasreinigung mit dem Software-Update so programmiert worden ist,
dass die Abgasreinigung nur bei Außentemperaturen zwischen 10-32 Grad
einsetzt und unter- und oberhalb dieses Temperaturbereichs
ausgeschaltet ist. Ferner setzt die Abgasreinigung nur bis zu einer
Höhe von 1000m ein. Die Installation eines solchen "Thermofensters"
stellt nach Auffassung des Gerichts eine weitere unzulässige
Abschalteinrichtung dar. Das Abgasrückführungssystem sei bei
verständiger und sachgerechter Auslegung orientiert an den Zielen der
fraglichen EU-Verordnung (VO 715/2007/EG) als Bestandteil des
Emissionskontrollsystems anzusehen. Die Funktion des
Emissionskontrollsystems werde in Abhängigkeit von bestimmten
Außentemperaturen verändert, so dass ein das installierte
Thermofenster eine Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 VO
715/2007/EG darstelle.

Dem stehe nicht entgegen, dass das KBA dieses Thermofenster mit
der Freigabe des Software-Updates nicht als unzulässige
Abschalteinrichtung eingestuft hat. Denn die Frage, ob eine
Abschalteinrichtung unzulässig sei oder nicht - und daran ließen die
Richter keinen Zweifel - stelle eine Rechtsfrage dar, die von den
Gerichten zu prüfen und zu beantworten sei. Das von der Beklagten mit
dem Software-Update aufgespielte Thermofenster erfülle jedenfalls
nicht die Anforderungen der Verordnung 715/2007/EG.

Dass die Abschalteinrichtung zum Schutz des Motors notwendig sei,
habe Volkswagen nicht im Einzelnen dargelegt. Der Vortrag erschöpfe
sich darin, dass das Thermofenster mit der Korrektur der
Abgasrückführungsrate dem Schutz der Bauteile des
Abgasrückführungssystems einschließlich des Abgasrückführungsventils
vor Versottung und Verrußung diene. Das Abgasrückführungssystem sei
jedoch nicht Bestandteil des Motors, so dass nach Auffassung des
Gerichts bereits erhebliche Zweifel bestehen, ob der
Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 S. 2 der
VO 715/2007/EG überhaupt eröffnet sei. Eine Abschalteinrichtung könne
nur dann als zulässig in Betracht kommen, wenn keine andere
technische Lösung denkbar ist, sei sie auch noch so teuer, heißt es
in dem Urteil.

Darüber hinaus könne es sich nicht um eine zulässige Ausnahme
handeln, wenn ein Bauteil so konstruiert sei, dass zum Schutz des
Motors bei den in hiesigen Breitengraden an mehr als 6 Monaten
regelmäßig vorherrschenden Temperaturen - wo selbst in kühleren
Sommernächten Temperaturen von unter 10 Grad nicht ungewöhnlich sind
- und somit regelmäßig bei solchen Betriebsbedingungen, die bei
normalem Gebrauch eines PKW vorliegen, eine Abschalteinrichtung
eingreifen muss. Eine solche Ausweitung einer Ausnahmevorschrift
würde zu einer Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses führen und
somit den Zielen der Verordnung, eine Verbesserung der Luftqualität
und Einhaltung der Luftverschmutzungswerte herbeizuführen
widersprechen und diametral entgegenstehen.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Rogert: "Wie gestern in ARD-Plusminus
dargestellt, handelt es sich um einen ungeheuerlichen Skandal nach
dem bekannten Dieselabgasskandal um manipulierte Motor- und
Abgasreinigungssteuersoftware. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat sich
durch seine Freigabe der manipulativen Software zum Komplizen der
betrügerischen Machenschaften eines deutschen Automobilkonzerns
gemacht. Erstaunlich, dass die Verantwortlichen im KBA und im
Verkehrsministerium offensichtlich noch immer sanktionslos bleiben.
Das wäre nach meiner Überzeugung in den 80-er oder 90-er Jahren
nicht möglich gewesen."



Pressekontakt:

Dirk Fuhrhop
Rechtsanwalt

Rogert & Ulbrich
Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Ottostr. 12
50859 Köln

Telefon: (0049) (0)211/731 62 76-19
Fax: (0049) (0)211/25 03-132
E-Mail: fuhrhop@ru-law.de
Homepage: www.ru-law.de

Original-Content von: Rogert & Ulbrich, übermittelt durch news aktuell


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