(Registrieren)

NABU, WWF und IFAW fordern in Niedersachsen: Herdenschutz statt Wolfsabschuss

Geschrieben am 08-05-2019

Berlin/Hannover (ots) - NABU, WWF und IFAW kritisieren die
Entscheidung des niedersächsischen Landesumweltministeriums, die
Abschussgenehmigung des Rodewalder Wolfsrüden mit der Bezeichnung
"GW717m" erneut zu verlängern. Laut Medienberichten spielt
Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies mit dem Gedanken, Wölfe auch
ohne individuelle Zuordnung abschießen lassen zu wollen. Aus Sicht
der Verbände tragen die Aussagen aus dem Ministerium nicht zu einer
Versachlichung der Situation bei. In einem gemeinsamen Statement
fordern NABU, WWF und IFAW die Einhaltung europäischen und deutschen
Rechts und eine konstruktive Auseinandersetzung mit den Themen Wolf
und Herdenschutz.

Bereits am 23. Januar erteilte der Niedersächsische Landesbetrieb
für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mit
Unterstützung des Niedersächsischen Umweltministeriums die
Ausnahmegenehmigung zum Abschuss des Rüden, nachdem eine gehäufte
Zahl von Nutztierrissen im Bereich des Rodewalder Rudels verzeichnet
wurde. Die Begründung des NLWKN zur Ausnahmegenehmigung reicht nach
Ansicht der Verbände allerdings nicht aus und ist fachlich falsch.
Vorwürfe erhebt der NABU-Landesverband Niedersachsen gegenüber dem
Land, da es nach seiner Kenntnis kaum Aktivitäten gegeben hat, Risse
bei Rindern und Pferden durch entsprechende Herdenschutzmaßnahmen zu
unterbinden, während deutlich in die Suche und den Abschuss des
Rodewalder Rüden investiert wurde.

Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf
(DBBW) legte bereits im Februar 2019 öffentlich dar, dass auch Rinder
vor Wölfen geschützt werden müssen, wenn einzelne Wölfe gelernt
haben, Rinder zu töten. Landesumweltminister Olaf Lies sieht das
offenbar anders, sagte er doch bei der letzten Sitzung des
Arbeitskreises Wolf des niedersächsischen Umweltministeriums, dass
bei Rindern die Herde, bestehend aus ausgewachsenen und jungen
Tieren, ausreichenden Schutz bieten würden.

"Diese Haltung führt Herdenschutz als nachgewiesene effektive
Prävention ad absurdum. An flächendeckendem, fachgerechtem
Herdenschutz in Wolfsgebieten führt jedoch kein Weg vorbei", sagt
Claudia Grünewald, Artenschutzexpertin des NABU. Prävention müsse
immer das erste Mittel der Wahl bleiben und helfe dabei, dass
Lerneffekte bei Wölfen und damit auch Entnahme-Situationen gar nicht
erst entstehen.

Moritz Klose vom WWF äußert sich zum Gedankenspiel des Ministers:
"Für eine präventive Entnahme von Wölfen gibt es weder eine
rechtliche Grundlage, noch ist sie fachlich sinnvoll. Die Tötung von
Wölfen darf nur im Einzelfall, nach Prüfung aller zur Verfügung
stehenden Alternativen erfolgen."

Andreas Dinkelmeyer vom IFAW: "Minister Lies wäre besser beraten,
endlich flächendeckenden Herdenschutz in seinem Land umzusetzen,
statt Gelder für die langwierige Suche nach einzelnen Wölfen zu
verschwenden. Zumal kann weiterhin nicht glaubhaft versichert werden,
wie der Rüde eindeutig identifiziert und entnommen werden kann."
Diese Unklarheit werde gerade jetzt - in den Frühjahrsmonaten -
besonders relevant. Es könnte versehentlich ein anderes Tier, zum
Beispiel die säugende Wölfin, getötet werden, auf die die jungen
Welpen, die Ende April/Anfang Mai geboren werden, in dieser Zeit
angewiesen sind.

"Wenn von einem Selbstschutz bei Herden ohne fachliche Grundlage
ausgegangen wird, handelt das Land grob fahrlässig und schafft erst
die Möglichkeit, dass Wölfe lernen, größere Weidetiere zu reißen", so
der Landesvorsitzende des NABU Niedersachsen Dr. Holger Buschmann.
"Das Land muss demgegenüber dringend öffentlich fordern, dass
Herdenschutzmaßnahmen sofort ergriffen werden, wenn erste Risse in
einem Wolfsgebiet erfolgen."

Die Verbände bewerten die Kommunikation der zuständigen Behörden
zum Fall des Rodewalder Rüden seit Beginn mehr als mangelhaft, da die
Öffentlichkeit völlig im Dunkeln gelassen würde. "Gute fachliche
Praxis im Wolfsmanagement sieht anders aus", so die Verbände. Mit dem
Schweigen der Behörden zu Hintergründen des Rodewalder Rudels und
gleichzeitiger populistischer Stimmungsmache rücke man die
konfliktarme Koexistenz von Mensch und Wolf absichtlich in weite
Ferne.

Zu einem guten Wolfsmanagement gehören sachliche
Informationsarbeit gegenüber der Öffentlichkeit und anderen
Interessengruppen ebenso wie eine adäquate Förderung,
Beratungsleistung und Umsetzung von flächendeckendem Herdenschutz.

Hintergrund zum Fall:

Die Einzelabschussgenehmigung für den Wolf GW717m begründet sich
gemäß NLWKN auf zwei Einzelfälle, bei denen ein zwei Monate altes
Kalb nachweislich von dem Rüden gerissen worden ist und ein
zweijähriges Rind nach Verletzung eingeschläfert wurde. Weitere Fälle
konnten dem Tier nicht zugeordnet werden oder der NLWKN geht davon
aus, dass ein Selbstschutz der jeweils betroffenen Herde nicht
gegeben war. Der NLWKN geht weiterhin davon aus, dass mehrere
mehrjährige gesunde Rinder bereits einen Selbstschutz auch für Kälber
bieten würden, ohne dieses durch fachliche Studien belegen zu können
oder sich zu diesem Thema mit anderen Ländern, bundesweiten Behörden,
Informationsstellen und Experten ausgetauscht geschweige denn
abgesprochen zu haben.



Pressekontakt:
Andreas Dinkelmeyer, IFAW Deutschland, Tel. +49 (0)40-86650015,
Mobil +49 (0)173 622 75 39 adinkelmeyer@ifaw.org

Philip Foth, Pressesprecher NABU Niedersachsen,
Tel. +49(0)511-9110533, Mobil +49(0)172-4344604,
Philip.Foth@nabu-niedersachsen.de


Marie Neuwald, NABU-Wolfsexpertin, Tel. +49 (0)30-284984-1624,
Marie.Neuwald@NABU.de


Moritz Klose, WWF-Wildtierexperte , Mobil +49 (0)151 188 548 87,
Moritz.Klose@wwf.de

NABU-Pressestelle
Kathrin Klinkusch | Iris Barthel | Britta Hennigs | Nicole Flöper |
Silvia Teich
Tel. +49 (0)30.28 49 84-1510 | -1952 | -1722 | -1958 | -1588
Fax: +49 (0)30.28 49 84-2000 | E-Mail: presse@NABU.de

Original-Content von: NABU, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

685422

weitere Artikel:
  • Nägel und Schrauben gehören nicht in Kinderhand Wiesbaden (ots) - Bilder aufhängen oder den neuen Schrank zusammenbauen: Dabei sind Nägel, Schrauben und Co. für Heimwerker unverzichtbar. Doch die Kleinteile sollten nicht in die Reichweite kleiner Kinder gelangen - auch nicht im Eifer der Arbeiten, warnt das Infocenter der R+V Versicherung. Vorsicht Erstickungsgefahr Babys und Kleinkinder erkunden die Welt, indem sie Dinge in den Mund nehmen. Dann besteht die Gefahr, dass sie insbesondere Kleinteile auch herunterschlucken. "Zwar werden die meisten verschluckten Fremdkörper mehr...

  • phoenix runde: Verzicht oder CO2-Steuer - Retten wir so das Klima?, Mittwoch, 08. Mai 2019, 22.15 Uhr Bonn (ots) - Immer lauter werden die Warnungen, dass Deutschland all seine Klimaziele verschläft. Die Grenzwerte 2020 gelten bereits als verfehlt, jetzt scheint klar zu werden, dass auch die Klimaziele im Jahr 2030 nicht erreicht werden. Nicht zuletzt durch die Schülerproteste der "Fridays for Future"-Bewegung ist die Klimapolitik zu einem zentralen Thema der öffentlichen Debatte avanciert: Die Stadt Konstanz ruft den "Klimanotstand" aus, will den CO2-Ausstoß pro Person bis 2050 um 75 Prozent zu reduzieren. In Berlin werden Unterschriften mehr...

  • Day of the Bay: Wassersport zum Ausprobieren (FOTO) Berlin (ots) - Zwei Tage Wassersport zum Reinschnuppern für Jung und Alt am Wannsee. Auf dem Day of the Bay dreht sich alles um Sport am, auf und im Wasser. Vom 14. bis 15. Juni sind Jung und Alt eingeladen 13 verschiedene Wassersportarten an der Klaren Lanke bei Schwanenwerder auszuprobieren. Der Day of the Bay bietet Interessierten sowohl klassische Wassersportarten wie Tauchen, Segeln oder Wasserball, als auch noch weniger bekanntes wie Seesportmehrkampf, Castingsport und SUP Polo. Weiteres Highlight ist die Teilnahme mehr...

  • 90 Millionen Euro für einen luxuriösen Muttertag (FOTO) Münster (ots) - Am 12. Mai (Sonntag) ist Muttertag - die Zeit, um den Müttern mit liebevollen Geschenken zu danken. Der glückliche Gewinner des Eurojackpots am 10. Mai (Freitag) könnte seiner Mutter ein Geschenk der besonderen Art machen. Denn 90 Millionen Euro eröffnen viele Möglichkeiten, um die Klassiker auf eine luxuriöse Ebene zu bringen. 1. Teuerster Kuchen der Welt: 68 Millionen Euro Das Talent einer Designerin, 4.000 Diamanten und 450 Kilogramm Teig und Guss sind die Zutaten für das Meisterwerk, das sich eine mehr...

  • Handgemachtes gefragt: "plan b" im ZDF über das Comeback des Handwerks (FOTO) Mainz (ots) - Klasse statt Masse: Das Handwerk, seit Jahren von einer immer effektiveren Industrieproduktion zurückgedrängt, erhält dort wieder Zuspruch, wo auf Tradition und Qualitätsarbeit gesetzt wird. Am Samstag, 11. Mai 2019, 17.35 Uhr, begleitet "plan b" im ZDF Handwerker auf deren Mission, Können und Kunst wieder fest in der Welt von heute zu verankern. In "Backen, sägen, schneidern - Comeback des Handwerks" ist zu sehen, wie etwa Bäckermeister Jürgen Fink mit seinem Familienbetrieb im hessischen Steinau seinen mehr...

Mehr zu dem Thema Sonstiges

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Sat1.de mit neuem Online-Spiele-Portal Sat1Spiele.de / SevenOne Intermedia baut Bereich Games weiter aus

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht