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Anteil der Toten im Mittelmeer vervierfacht und kaum jemand kriegt es mit: "LIFEBOAT - Das Experiment" macht die Tortur der Flüchtenden sichtbar (FOTO)

Geschrieben am 25-04-2019

Berlin (ots) -

Ein mit Menschen überfülltes Schlauchboot treibt auf wellenreichem
Wasser, tagelang, viele Insassen sind seekrank und wissen nicht, wie
lange die Tortur andauern wird. Dieses Szenario ist weiterhin
Realität auf dem Mittelmeer. Und diese Fluchtroute ist tödlicher denn
je: Weil Europa Migrationsverhinderung über die Wahrung der
Menschenrechte stellt und Seenotrettung weitgehend unterbindet, hat
sich im vergangenen Jahr der Anteil der Toten und Vermissten mehr als
vervierfacht. Allein 2018 sind mindestens 2.277 Menschen während
ihrer Flucht über das Mittelmeer gestorben. Erschreckend dabei ist
auch: 85 Prozent der Deutschen ist laut YouGov-Umfrage* im Auftrag
von Sea-Watch dieses Ausmaß gar nicht bewusst. Einer der Gründe für
diese Unwissenheit ist, dass die EU es neutralen Beobachtern auf dem
Mittelmeer immer stärker erschwert, über diese Missstände berichten
zu können. Um auf die stetig wachsende Lebensgefahr für Flüchtende
aufmerksam zu machen und die Notwendigkeit ziviler Seenotrettung
aufzuzeigen, hat Sea-Watch jetzt ein Experiment gewagt: 40
Freiwillige haben an der Simulation einer "Mittelmeerflucht"
teilgenommen und sich für Stunden in ein überfülltes Rettungsboot
begeben, um die Torturen der vielen flüchtenden Menschen zumindest im
Ansatz körperlich und emotional nachzuempfinden. Das Experiment wurde
in Zusammenarbeit mit Menschen, die über das Mittelmeer geflüchtet
sind, entwickelt. Das Ergebnis hat der Oscar-nominierte Regisseur
Skye Fitzgerald für Sea-Watch in einem Film festgehalten:
www.lifeboatexperiment.org

"LIFEBOAT - Das Experiment"

"Täglich sterben Menschen bei ihrer Flucht auf dem Mittelmeer,
weil die europäische Politik tausendfaches Sterben billigend in Kauf
nimmt und zivile Seenotrettungsorganisationen an ihrer Arbeit
gehindert werden. Die Pflicht zur Seenotrettung ist Völkerrecht und
Menschenrechte sind nicht verhandelbar", so Michael Schwickart von
Sea-Watch. "Mit "LIFEBOAT - Das Experiment" wollen wir auf die
Erfahrungen von Geflüchteten aufmerksam machen und die Frage stellen,
ob Regierungen auch dann nicht handeln würden, wären weiße Deutsche
in Seenot."

Sea-Watch hat die Fluchtsimulation in enger Zusammenarbeit mit
Überlebenden von Mittelmeerfluchten, auf Basis ihrer persönlichen
Erlebnisse und Gefühle entwickelt, ohne die Differenz zwischen
Simulation und Realität zu verwischen. "Es waren ungefähr 300 Leute,
das Boot war sehr klein. Wir waren 23 Stunden auf dem Boot. Das
Wetter war nicht sonderlich gut. Es war sehr windig und hoher
Wellengang", beschreibt Khadra (18) ihre Überfahrt von Libyen nach
Italien. "Außer Wasser habe ich nichts gesehen. Von links nach
rechts, soweit das Auge reicht: Nur Wasser."

So drängten sich 40 Menschen für das Experiment auf unbestimmte
Zeit auf ein überfülltes Schlauchboot. Die Teilnehmer*innen hatten
sich im Gegensatz zu Flüchtenden, denen meist keine andere Option
bleibt, freiwillig in diese Situation begeben, um zu erfahren wie
sich Menschen fühlen müssen, die über das Mittelmeer nach Europa
fliehen.

In einer maritimen Trainingsanlage wurde 5 Stunden lang simuliert
wie eine solche Überfahrt verlaufen kann: Seegang, Lichtverhältnisse
und Geräuschkulisse in ständiger Veränderung, um die äußeren
Gegebenheiten einer realen Überfahrt so nahe wie möglich anzupassen.
Im Gegensatz zu den Geflüchteten auf dem echten Meer konnten die
Testpersonen jederzeit das Experiment abbrechen, aus dem Boot
springen und mit wenigen Zügen ans Ufer schwimmen. Ihre Sicherheit
war durch Rettungstaucher und medizinisches Personal gewährleistet.

Saher (30) über seine Motivation, am Projekt "LIFEBOAT - Das
Experiment" teilzunehmen: "Mit meiner Teilnahme an 'LIFEBOAT - Das
Experiment' möchte ich Flüchtlingen, die nicht selbst sprechen
können, eine Stimme geben, die gehört werden kann. Meine Reise war
die schlimmste Zeit meines Lebens, aber ich weiß auch, dass es noch
mehr schlimmere Geschichten gibt. Es ist sehr klug, die Deutschen ein
wenig von dem Leiden erfahren zu lassen, das ich durchgemacht habe,
weil die Menschen den Flüchtlingen nicht mehr zuhören."

Das Ergebnis des Experiments: 7 Teilnehmer*innen verließen das
Boot vorzeitig, die restlichen Freiwilligen hielten bis zum Ende
durch, mit Übelkeit hatte der Großteil zu kämpfen. Bei allen
Teilnehmer*innen blieb jedoch die Gewissheit, dass nur extreme
Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit Menschen dazu bewegen können,
sich diesen Strapazen auszusetzen. "Ich habe ein besseres Verständnis
dafür bekommen, in was für einer Notsituation man sich befinden muss,
um so ein großes Risiko einzugehen", sagte ein*e Teilnehmer*in nach
dem Experiment.

Das Experiment in Bildern

Das Experiment selbst sowie Erfahrungsberichte von Geflüchteten
und die Eindrücke der Teilnehmer*innen wurden filmisch festgehalten
und in einem Dokumentarfilm zusammengebracht. Die kreative
Durchführung sowie die Vor- und Nachbereitung übernahm der
Oscar-nominierte Regisseur Skye Fitzgerald. "Dieses Experiment wird
ein Teil des Dialoges sein, der eine Veränderung bringt. Es soll die
Menschen dazu bringen, darüber nachzudenken, wie wir mit dieser Krise
sinnvoller und bedeutender umgehen können. Wenn wir nur die Meinung
und Wahrnehmung eines einzelnen Menschen ändern können, ist es ein
Erfolg", erklärt Fitzgerald seine Beweggründe.

Mehr Informationen zum LIFEBOAT-Experiment gibt es unter
www.lifeboatexperiment.org

*YouGov-Umfrage im Auftrag von Sea-Watch, Die verwendeten Daten
beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der
2027 Personen zwischen dem 20.03.2019 und 22.03.2019 teilnahmen. Die
Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche
Bevölkerung ab 18 Jahren.

Über Sea-Watch

Sea-Watch ist eine gemeinnützige Initiative von Freiwilligen, die
dem Sterben im Mittelmeer nicht mehr länger tatenlos zusehen konnten.
Die ehrenamtlichen Aktivist*innen aus ganz Europa waren bislang an
der Rettung von über 37.000 Menschen beteiligt. Durch "LIFEBOAT - Das
Experiment" möchte die Organisation die bewegenden Geschichten der
Geflüchteten in den Mittelpunkt stellen und zu einem
Perspektivwechsel anregen.

Sea-Watch finanziert sich ausschließlich durch Spenden und ist
parteipolitisch unabhängig. "LIFEBOAT - Das Experiment", wurde von
allen beteiligten Dienstleistern pro bono durchgeführt. Für die
Produktion flossen keinerlei Spendengelder. Die Rettungsmissionen der
Organisation auf dem Wasser und in der Luft sind obwohl die
überwiegende Anzahl der Aktiven ehrenamtlich arbeitet, jedoch extrem
kostspielig.



Pressekontakt:
Sea-Watch e.V.
presse@sea-watch.org
+49 163 7293 763

achtung! GmbH
Katharina Bittner
Straßenbahnring 3
20251 Hamburg
katharina.bittner@achtung.de
+49 40 450 210 680

Katharina Schölzel
katharina.schoelzel@achtung.de
+49 40 450 210 280

Original-Content von: Sea-Watch, übermittelt durch news aktuell


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