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Bundesregierung: Geraubtes Gemälde soll zurück nach Italien

Geschrieben am 10-04-2019

Hamburg (ots) - Die Bundesregierung will Italien dabei
unterstützen, das berühmte Gemälde "Vaso di Fiori" (Blumenvase) des
niederländischen Malers Jan van Huysum zurückzuholen. Dies bestätigt
sie in der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Fabio De
Masi (Linke), die dem ARD-Magazin "Panorama" (NDR) und ZEIT ONLINE
exklusiv vorliegt. Das Gemälde war 1944 unter deutscher Besatzung aus
der Sammlung der Uffizien in Florenz entwendet worden und befindet
sich heute offenbar bei den Erben eines in Italien eingesetzten
Wehrmachtssoldaten. Für die Rückholung steht das Auswärtige Amt in
Kontakt mit der italienischen Regierung, außerdem führt es Gespräche
mit den Uffizien und den deutschen Privatbesitzern. Ihr Verwandter,
ein Wehrmachtssoldat, soll das Gemälde nach Deutschland gebracht
haben. Die Bundesregierung schließt die Zahlung einer Entschädigung
für die Erben ebenso aus wie die Einsetzung einer neuen
Schiedskommission. Außerdem bestätigt sie, dass italienische Behörden
in dem Fall ermitteln und um Rechtshilfe ersucht haben. Zum Stand des
juristischen Verfahrens macht sie keine Angaben, "um den Fortgang der
Ermittlungen nicht zu gefährden".

Der Fall hatte Anfang des Jahres Wellen geschlagen, weil
Uffizien-Direktor Eike Schmidt eine Schwarzweiß-Kopie des Gemäldes im
Palazzo Pitti in Florenz aufgehängt und dabei öffentlichkeitswirksam
die Rückgabe des im Zweiten Weltkrieg gestohlenen Gemäldes gefordert
hatte. 1944 habe die Wehrmacht auf dem Rückzug vor den anrückenden
Alliierten hunderte von Gemälden aus dem Depot der Florentiner Museen
nach Südtirol verbracht und dort zurückgelassen, berichtet Schmidt.
Wie der Wehrmachtssoldat dann an das heute auf mehrere Millionen Euro
geschätzte Gemälde kam, ist bislang nicht abschließend geklärt. Die
Bundesregierung schreibt nun in ihrer Antwort, dass sie davon
ausgehe, dass das Gemälde nicht "als NS-verfolgungsbedingt entzogen"
anzusehen ist, sondern schlicht als "entwendet": "Demnach wäre der
Wehrmachtssoldat nicht Eigentümer geworden und hätte demnach auch
kein Eigentum an dem Gemälde vererben können."

Der Linken-Abgeordnete De Masi hat eine geteilte Meinung zu dieser
Antwort: "Es ist gut, dass die Bundesregierung eine Rückgabe des
Gemäldes unterstützt. Aber sie macht aus dem Kunstraub eines
Wehrmachtssoldaten eine private Angelegenheit. Das ist skandalös und
nicht konsequent. Denn wenn Raubkunst aus der NS-Zeit einfacher
Diebstahl ist, hat die Bundesregierung damit nichts zu tun. Das
untergräbt die Durchsetzbarkeit bei Restitutionsansprüchen." De Masi
appelliert an die heutigen Besitzer, das Gemälde freiwillig
auszuhändigen. "Lösegeld von der italienischen Regierung oder gar den
Steuerzahlern in Deutschland zu verlangen, ist unanständig. 'Vaso di
Fiori' gehört in die Uffizien."

Uffizien-Direktor Eike Schmidt zeigte sich erfreut darüber, dass
die Bundesregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Rückführung des
Gemäldes von Jan van Huysum an seinen angestammten Platz in den
Uffizien unterstützt. "Die Tatsache, dass ein deutscher Soldat das
Bild offenbar gestohlen hat, ändert nichts daran, dass das Kunstwerk
den Uffizien damals bereits vorher von der NS-Besatzungsmacht geraubt
worden war. Daher richtet sich unser Appell, das Bild nach 75 Jahren
endlich zurückzugeben und der Allgemeinheit wieder zugänglich zu
machen, sowohl an die Bundesrepublik Deutschland als auch an den
privaten Besitzer des Diebesguts in Deutschland."

Der Anwalt der heutigen Besitzer, der Kunstrechtsexperte Nicolai
B. Kemle, sagte auf "Panorama"-Anfrage: "Wir gehen ebenfalls davon
aus, dass das Bild keine NS-Raubkunst darstellt." Man vermute aber
vielmehr, dass der Wehrmachtssoldat "das Bild auf einem Markt
erworben hat, um seiner ausgebombten Frau etwas Schönes zu schicken".
Die Erben und heutigen Besitzer, die nach Medienberichten in der
Vergangenheit bis zu zwei Millionen Euro für eine Rückgabe des
Gemäldes gefordert hatten, seien inzwischen zu einer gemeinsamen
Ermittlung der Provenienz oder zum Einschalten einer
Schiedskommission bereit.



Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Yannick Christmann
Tel: 040-4156-2312
http://www.ndr.de
https://twitter.com/NDRpresse

Original-Content von: NDR / Das Erste, übermittelt durch news aktuell


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