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Individuelle Gesundheitsleistungen werden vor allem Patienten mit hohem Einkommen angeboten

Geschrieben am 26-02-2019

Berlin (ots) - Mehr als jedem vierten Versicherten der
gesetzlichen Krankenversicherung (28,9 Prozent) ist in den letzten
zwölf Monaten eine ärztliche Leistung als Privatleistung - als
sogenannte Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) - angeboten
worden. Dabei hängt das Angebot des Arztes stark vom Einkommen und
der Schulbildung des Patienten ab, wie der aktuelle WIdOmonitor des
Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) auf Basis einer
repräsentativen Umfrage mit über 2.000 Teilnehmern in Deutschland
zeigt. "Ob ein Patient eine IGeL-Leistung angeboten bekommt, hängt
weniger vom Alter und dem Gesundheitszustand ab als von seinem
Portemonnaie. Das lässt am medizinischen Nutzen vieler dieser
Leistungen zweifeln", sagt Klaus Zok, Studienleiter im
Forschungsbereich Gesundheitspolitik und Systemanalysen des WIdO.

IGeL sind Diagnose- und Behandlungsmethoden, die nicht zum
Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören und
deshalb von den Versicherten aus eigener Tasche bezahlt werden
müssen. Die Initiative dazu geht in der Mehrzahl der Fälle (74,7
Prozent) vom Arzt aus. Etwa drei Viertel der Patientinnen und
Patienten (71,6 Prozent), die eine IGeL-Leistung angeboten bekommen,
nehmen diese auch in Anspruch.

Auffällig bei der WIdO-Befragung ist der starke Zusammenhang
zwischen Einkommen und Schulbildung der Patienten und dem Angebot des
Arztes für eine IGeL-Leistung. Bei den Befragten mit einem
Haushaltseinkommen unter 2.000 Euro wurden 21,6 Prozent von ihrem
Arzt auf IGeL angesprochen, bei Personen mit einem Haushaltseinkommen
über 4.000 Euro waren es 35,4 Prozent. "Offensichtlich spielt es also
nicht nur eine Rolle, für wie medizinisch relevant Ärzte eine
Leistung erachten, sondern auch, wie sie die wirtschaftlichen
Möglichkeiten des Patienten einschätzen", so Klaus Zok.

Der Markt für Individuelle Gesundheitsleistungen ist lukrativ: Auf
Basis einer Hochrechnung der Versichertenangaben ergibt sich ein
Volumen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr. Die Kosten für eine
angebotene IGeL-Leistung belaufen sich im Durchschnitt auf 74 Euro.
Allerdings gibt es je nach Art der Leistung große Preisunterschiede:
Während die Hälfte der Leistungen maximal 48 Euro kosten, werden für
manche Leistungen hohe dreistellige und sogar vierstellige Beträge
genannt.

Rund drei von vier IGeL-Angeboten (72 Prozent) kommen von fünf
Facharztgruppen. Spitzenreiter sind die Frauenärzte: Auf sie
entfallen rund 28 Prozent der privatärztlichen Leistungen. Danach
folgen Augenärzte mit einem Anteil von 22 Prozent, Orthopäden (13
Prozent), Hautärzte (6 Prozent) und Urologen (3 Prozent). Praktische
Ärzte und Allgemeinmediziner erreichen zusammen 19 Prozent.
Berücksichtigt man die Größe der einzelnen Arztgruppen, so zeigt
sich, dass Fachärzte deutlich häufiger "igeln" als
Allgemeinmediziner. So bieten Augenärzte im Durchschnitt pro Jahr
mehr als siebenmal so häufig IGeL-Leistungen an wie
Allgemeinmediziner, Frauenärzte erreichen fast das Fünffache.

Fragwürdige Krebsfrüherkennungsuntersuchungen an der Spitze

Zu den IGeL-Leistungen zählen auch durchaus sinnvolle Angebote wie
Reiseimpfungen. Allerdings gibt es viele fragwürdige Angebote. So
entfallen beispielsweise 13,8 Prozent aller Nennungen im Rahmen der
WIdO-Befragung auf Ultraschalluntersuchungen der Eierstöcke zur
Krebsfrüherkennung beim Gynäkologen, obwohl es hierfür laut Studien
keinen Hinweis auf einen Nutzen gibt.

Mit Abstand am häufigsten werden Ultraschalluntersuchungen (26,9
Prozent) - im Wesentlichen zur Krebsfrüherkennung bei Frauen - und
Leistungen im Rahmen der Glaukom-Früherkennung (18,1 Prozent)
angeboten. Rund 11 Prozent der Angebote entfallen auf
Blutuntersuchungen und Laborleistungen sowie rund 10 Prozent auf
Medikamente, Heil- und Hilfsmittel. In sieben Prozent der Fälle
werden Frauen weitere ergänzende Krebsfrüherkennungen angeboten.

Rechtliche Vorgaben nicht immer eingehalten

Im Umgang mit IGeL-Angeboten müssen Ärzte rechtliche Vorgaben
beachten, zum Beispiel den Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung
mit dem Patienten. Doch lediglich 47 Prozent der befragten
IGeL-Patienten geben an, dass vor der Durchführung der Leistung eine
solche Vereinbarung zustande gekommen ist. Die verpflichtende
Rechnung über die erbrachte Privatleistung mit detaillierten Angaben
der Leistungsbestandteile und deren Preis hat jeder zehnte Patient
nicht erhalten. Immerhin scheinen Ärzte die rechtlichen Vorschriften
zur Erbringung von IGeL zunehmend besser zu beachten. So ist der
Anteil der IGeL ohne Rechnungsstellung im Vergleich zur WIdO-Umfrage
aus dem Jahr 2015 leicht gesunken (2018: 10,0 Prozent; 2015: 11,8
Prozent).

Der WIdOmonitor basiert auf einer bundesweit repräsentativen
Erhebung von rund 2.000 Personen ab 18 Jahren, die gesetzlich
krankenversichert sind und in den letzten zwölf Monaten bei einem
niedergelassenen Arzt in Behandlung waren (ohne Zahnarzt). Die
Stichprobenziehung und Durchführung der Telefon-Interviews fanden in
der zweiten Jahreshälfte 2018 statt. Da die privat abgerechneten
Leistungen der Ärzte nirgendwo einsehbar sind bzw. dokumentiert
werden, ist eine repräsentative Befragung von GKV-Versicherten eine
geeignete Möglichkeit, nähere Informationen über den IGeL-Markt zu
erlangen. Das WIdO hat in den vergangenen Jahren zu verschiedenen
Zeitpunkten Daten zu diesem Thema erhoben.

Die aktuelle Studie des WIdO mit dem Titel "Private
Zusatzleistungen in der Arztpraxis" steht ab sofort online zur
Verfügung unter: http://ots.de/sNTX0q



Pressekontakt:
Wissenschaftliches Institut der AOK
Christine Göpner-Reinecke
Tel.: 030/34646-2298
Fax.: 030/34646-332298
E-Mail: presse@wido.bv.aok.de

Original-Content von: Wissenschaftliches Institut der AOK, übermittelt durch news aktuell


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