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Mittelbayerische Zeitung: Höher, schneller - ganz unten / Motivationskünstler wollen Spitzensportler an ihr Leistungslimit bringen. Das klappt vielleicht manchmal sogar, es ist aber auch gefährlich.

Geschrieben am 17-02-2019

Regensburg (ots) - Manche Leute halten Fußball für eine Sache von
Leben und Tod. Ich kann Ihnen versichern, es ist sehr viel
wichtiger." Der Spruch des früheren Spielers und Trainers Bill
Shankly ist legendär. Der Schotte war Fußball-besessen und sagte,
dass er sogar seiner Frau notfalls das Bein brechen würde, wenn er
sie auf dem Platz zum Gegner hätte. Mit seinen Aussagen wurde Shankly
zum Prototyp des radikalen Motivators. Einer, der für seinen Sport
bis an die Grenze und darüber hinaus geht und dies auch von seinen
Spielern verlangte. Eine Einstellung, die bis heute Nachahmer findet
- und eine Einstellung, die nicht jedem Sportler guttut, manchen
sogar zerstören kann. Es gab und gibt unzählige Trainer, die mit
brüllender Stimme apokalyptische Prophezeiungen vortragen, um ihre
Spieler zu "motivieren". Trainer, die im Eifer des Gefechts jedes Maß
und Ziel vergessen. Im Internet kursiert eine Videoaufnahme des
Co-Trainers des Fußball-Zweitligisten Arminia Bielefeld. Vor einer
wichtigen Partie bläut er den Spielern im bebenden Ton ein, dass sie
heute nicht nur für sich oder den Verein, sondern auch noch für ihre
Familien spielen müssen. Um das zu unterstreichen, kündigt er an,
dass eine Aufnahme der Ansprache direkt im Anschluss an die Familien
geschickt wird - damit die ebenfalls wissen, was die Stunde
geschlagen hat: nämlich Sieger oder Versager. Bielefeld gewann das
Spiel dann übrigens. Ende gut, alles gut? Nein. Erfolg heiligt nicht
alle Mittel. Es gibt Grenzen, die sollten nicht nur, die dürfen nicht
überschritten werden. Wenn ein Sportler am übergroßen Leistungsdruck
zerbricht - und das kommt immer wieder vor -, ist der Aufschrei
nämlich groß. Depressionen oder Burn-Out-Erkrankungen sind im
Profi-Sport, man mag es kaum glauben, immer noch ein Tabu-Thema. Es
ist zehn Jahre her, dass sich der deutsche Fußball-Nationaltorwart
Robert Enke das Leben genommen hat. Danach gab es eine breite und
intensiv geführte Debatte über die psychischen Belastungen von
Spitzensportlern. Fünf Jahre später stellte der damalige
DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zum Umgang mit Profi-Fußballern
allerdings ernüchtert fest, dass sich "nichts Gravierendes verändert
hat, da würde man sich selber etwas vormachen". In der Tat.
Insbesondere im Fußball wird der Motivationskessel so lange erhitzt,
bis er überkocht. Dass ein Sportler sich auf eine Partie einfach nur
freut, ist da selten zu hören. Andauernd sprechen Fußballer vielmehr
darüber, dass sie im nächsten Spiel nur eins wollen: ans Limit gehen
und darüber hinaus. Was immer das auch bedeuten mag. So gesehen ist
es kein Wunder, wenn Spitzensportler davon berichten, dass sie mit
den Folgen von verlorenen Wettkämpfen lange, teilweise ein Leben lang
zu kämpfen haben. Die Verbissenheit, die im Spitzensport mittlerweile
fast als Gütesiegel gilt, macht es schwer, mit Niederlagen in einem
normalen Maßstab umzugehen. Wirklich bedenklich wird es, wenn sich
Trainer im Jugend- und Amateurbereich die harte Profi-Welt zum
Vorbild nehmen. Wenn in der Kreisklasse auf Spieler eingebrüllt wird,
in der irrigen Vorstellung, sie dadurch besser machen zu können. Und
es ist sicher gut, dass die großen Fußball-Klubs in ihren
Nachwuchsleistungszentren den Talenten bei Bedarf psychologische
Hilfe anbieten. Es wäre aber besser, wenn diese in der Regel
überhaupt nicht nötig ist. Wenn nicht schon Zwölfjährige angeblich
notwendigerweise lernen müssten, mit knallhartem Leistungsdruck
umgehen zu können. Zu Zeiten von Bill Shankly gab es übrigens noch
kein Social Media. Damals gab es noch nicht Millionen von Usern, die
markige Kampfansagen der Protagonisten als Steilvorlage für
unsägliche Kommentare nutzten. Irgendwann, das ist leider sicher,
wird es wieder einen bekannten Sportler geben, der am großen Druck
zerbricht. Und dann wird es wieder eine Debatte darüber geben, was
wichtiger ist: Ergebnis oder Mensch? Am Ende werden alle sagen:
Mensch. Gut wäre, wenn es jetzt schon alle sagen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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