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Audi Abgasskandal Urteilshammer - Audi AG vom Landgericht Stuttgart bei einem 3 Liter A4 zu Schadensersatz verurteilt, Thermofenster unzulässig

Geschrieben am 23-01-2019

Lahr (ots) - In einem von der Dr. Stoll & Sauer
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vor dem Landgericht Stuttgart, 7 O
265/18 geführten Verfahren gegen die Audi AG und gegen einen Händler
im Abgasskandal hat das Landgericht Stuttgart einen Händler zur
Rücknahme eines Audi A4 Avant 3 Liter TDI verurteilt und
festgestellt, dass die Audi AG für alle Schäden aufkommen muss, die
aus dem Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung resultieren. Es
handelt sich dabei um eines der ersten Urteile vor dem Landgericht
Stuttgart gegen die Audi AG direkt. Das Gericht geht von einem
Vorsatz des Vorstandes aus. Außerdem sei das verwendete Thermofenster
eine unzulässige Abschalteinrichtung.

In einem sehr gut begründeten und sehr ausführlichen Urteil nimmt
das Gericht zu der Problematik der 3 l Fahrzeuge von Audi Stellung.
So wurde von Audi in dem Prozess bestritten, dass das Fahrzeug eine
illegale Abschalteinrichtung verbaut hat. Dem erteilte das
Landgericht Stuttgart eine Absage. Es verwies darauf, dass die Audi
AG den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe. Nach Ansicht
des Landgerichts Stuttgart ist in dem Fahrzeug eine unzulässige
Abschalteinrichtung verbaut, weshalb dem Kläger ein Schaden
entstanden ist, der durch die Audi AG vorsätzlich und sittenwidrig
verursacht wurde. Das Fahrzeug von Audi verfüge über ein
Thermofenster. Dies sei eine Abschalteinrichtung, die nicht zulässig
sei. Die Audi AG hat nach Ansicht des Gerichts nicht hinreichend
dargelegt, dass ausnahmsweise zum Motorschutz ein Thermofenster
notwendig sei. Das Gericht setzt sich im Detail mit den Ausführungen
der Parteien des Prozesses auseinander. Schlussendlich kommt das
Gericht zu dem Ergebnis, dass die verwendete Abschalteinrichtung
unzulässig ist. Das Gericht führt in aller Deutlichkeit aus:

"Gemessen daran, ist die streitgegenständliche Abschalteinrichtung
in Form eines Thermofensters nach Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007
unzulässig.

Die Beklagte Ziff. 2 behauptet zwar, das streitgegenständliche
Thermofenster bzw. das sog. Ausrampen sei zum Bauteilschutz
notwendig. Begründet wird dies mit einer sog. Versottungsgefahr.
Damit kann die Beklagte Ziff. 2 aus den oben genannten Gründen nicht
gehört werden. Die Beklagte Ziff. 2 trägt im Rahmen der ihr
obliegenden sekundären Darlegungslast schon nicht vor, dass die
Versottungsgefahr durch andere technische Maßnahmen - unabhängig
davon, ob diese wirtschaftlich deutlich teurer wären - verhindert
werden könnte, weshalb - entgegen der Rechtsansicht der Beklagten -
auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht veranlasst
war, da bereits der Vortrag der Beklagten den Ausnahmetatbestand des
Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG (VO) nicht eingreifen lässt.

Ferner wird das System der Abgasrückführung - wie die Beklagten
bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede stellen -
bereits bei höheren Außentemperaturen als 5 Grad Celsius
zurückgefahren. Bei einer Jahresdurchschnittstemperatur z.B. in
Stuttgart von 10 Grad Celsius oder beispielsweise in den in der EU
liegenden Städten Helsinki von 4,8 Grad Celsius und in Tallin von 4,5
Grad Celsius handelt es sich bei der Maßnahme (sog. Ausrampen) nahezu
um einen Dauerbetrieb. Dass eine solche Abschalteinrichtung für den
EU-Gesetzgeber erkennbar nicht als legal gelten sollte, liegt auf der
Hand. Die Beklagte Ziff. 2 hat gerade nicht dargelegt, dass es sich
um eine bloße "Ausnahme" handelt, die zwingend notwendig ist, den
Motor vor (erheblichen) Beschädigungen zu schützen und andere
technische Lösungen nach der jeweils besten verfügbaren Technik nicht
vorhanden sind.

Vielmehr hat die Beklagte Ziff. 2 - wie wohl auch andere
Automobilhersteller - das Regel-Ausnahmeverhältnis des Art. 5 Abs. 2
EG-VO 715/2008 (bewusst)ins Gegenteil verkehrt.

Das Gericht möchte dabei auch gar nicht in Abrede stellen, dass
ggf. eine solche Versottungsgefahr - wie von der Beklagten Ziff. 2
behauptet - bestehen mag. Allerdings rechtfertigt diese noch nicht
den Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO 715/2007, da
eben schon nicht dargelegt ist, dass diese Versottungsgefahr
technisch nicht durch andere Maßnahmen, die ggf. teurer wäre,
verhindert werden könnte, ohne dass hierzu eine Reduzierung der
Abgasrückführung erforderlich wäre.

dd) Das im Schriftsatz der Beklagten Ziff. 2 vom 18.12.2018 nicht
nachgelassene neue Tatsachenvorbringen hinsichtlich des
Thermofensters bleibt dabei unberücksichtigt (vgl. dazu ausführlich
unten unter V.).

Aber selbst unter Berücksichtigung des dortigen Sachvortrags - und
selbst wenn man dieses als wahr unterstellt - rechtfertigt dies aus
den gezeigten Gründen keine andere rechtliche Beurteilung im Hinblick
auf die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2
EG-VO Nr. 715/2007.

Das Gericht sieht sich hierzu lediglich zu folgenden
(wiederholenden) Klarstellungen veranlasst:

Selbst wenn die Abgasrückführung bei einer Außentemperatur
zwischen 20 und 5 Grad Celsius auf bis zu 96 % und zwischen 5 Grad
und minus 10 Grad Celsius auf 82 % reduziert wird, weil andernfalls
eine sog. Versottung eintrete, führt dies nicht zur Zulässigkeit der
Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG-VO Nr. 715/2007.
Wie oben dargelegt, bietet die Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 lit. a)
EG-VO 715/2007 unter Hinweis auf Art. 3 Nr. 9 DurchführungsVerordnung
gerade keine Rechtfertigung für ein darüberhinaus gehendes
Thermofenster, das nahezu ununterbrochen arbeitet. Art. 5 Abs. 2
EG-VO 715/2007 differenziert insoweit auch nicht nach dem Grad der
Reduzierung der Abgasrückführung, sondern verbietet eine
Abschalteinrichtung - mit Ausnahme der in Art. 5 Abs. 2 EG (VO)
genannten Tatbestände -schlechthin. Selbst wenn also - wie die
Beklagte Ziff. 2 selbst vorträgt - bei Außentemperaturen von unter 20
Grad Celsius (!) bereits die Abgasrückführung - wenn auch in
geringerem Maße - reduziert wird, stellt dies bei den in der EU
vorherrschenden Jahresdurchschnittstemperaturen nahezu einen
durchgängigen Regelbetrieb dar, den der EU-Gesetzgeber zweifellos -
auch nicht zum Zwecke des Motorschutzes - als legal greifen lassen
wollte.

Ferner weist das Gericht noch einmal darauf hin, dass der
Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 sehr eng
auszulegen ist. Die Automobilhersteller können sich daher - aus den
geschilderten Gründen - allenfalls dann auf den Ausnahmetatbestand
des Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG (VO) (Motorschutz) berufen, wenn andere
technische Lösungen, nach der jeweils besten verfügbaren Technik, und
zwar unabhängig davon ob diese wirtschaftlich deutlich teurer wären,
nicht vorhanden sind. Dies hat die Beklagte - auch nicht im Rahmen
des nicht nachgelassenen Sachvortrags zum Thermofenster im
Schriftsatz vom 18.12.2018 - trotz ihrer sekundären Darlegungslast
schon nicht behauptet.

Unbeachtlich ist naturgemäß der Einwand der Beklagten Ziff. 2 auch
andere Automobilhersteller würden ein solches Thermofenster nutzen.
Dies führt allein dazu, dass offenkundig auch andere Hersteller eine
unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007
verwenden. Dass sich die Beklagte Ziff. 2 auf etwaiges ebenfalls
unzulässiges Verhalten anderer Hersteller nicht berufen kann, bedarf
keiner weiteren Ausführungen.

Im Übrigen trägt die Beklagte Ziff. 2 sogar selbst vor, dass
lediglich "die meisten Dieselfahrzeuge " über ein sog. Thermofenster
verfügen, was im Umkehrschluss wiederum bedeutet, dass es offenbar
auch (technisch) möglich ist, auf ein solches Thermofenster und die
Reduzierung der Abgasrückführung zu verzichten, ohne dass der Motor
hiervon Schaden nimmt.

ee) Unerheblich ist schließlich auch, ob das KBA und das BMVI,
worauf sich die Beklagte Ziff. 2 mehrfach stützt, die Zulässigkeit
von Abschalteinrichtungen durch sogenannte Thermofenster (zum Teil)
bejahen. Dies bindet die Parteienim hiesigen Rechtstreit nicht."

Das Landgericht geht aufgrund von prozessualen Besonderheiten
davon aus, dass der Vorstand der Audi AG Kenntnis von den
Manipulationen gehabt habe. Zumindest findet sich kein anderweitiger
Vortrag der Audi AG hierzu, der dies widerlegt. Daneben haftet die
beklagte Audi AG aus § 831 BGB, weil Entwicklungsingenieure die
unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut haben.

Außerdem wurde der Händler zur Rücknahme des Fahrzeugs verurteilt
gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Das Fahrzeug ist
mangelhaft und ein Rücktritt ist daher ohne Fristsetzung möglich. Das
Gericht setzt eine Nutzungsentschädigung auf der Basis von 250.000 km
an.

Damit steht fest, dass die Audi AG Schadensersatz schuldet.
Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll, der das Verfahren federführend führt,
teilt mit: "Bisher sind im Abgasskandal meist nur Urteile gegen die
Volkswagen AG in Bezug auf die kleineren Motoren ergangen. Nunmehr
ist vor dem Landgericht Stuttgart eines der ersten Urteile gegen Audi
direkt wegen einem 3 l Motor ergangen. Es handelt sich um einen
Durchbruch, der zur Folge hat, dass alle Geschädigten Schadensersatz
verlangen können. Gerade in den letzten Wochen haben sehr viele
Geschädigte Rückrufschreiben erhalten. Diese sollten nicht an dem
Rückruf teilnehmen, sondern Schadensersatz verlangen. Das Fahrzeug
kann gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung zurückgegeben werden."

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
handelt es sich mit 5 Fachanwälten für Bank- und Kapitalmarktrecht um
eine der führenden Kanzleien im VW Abgasskandal und im Bank- und
Kapitalmarktrecht. Die Kanzlei führt mehr als 200 Gerichtsverfahren
gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten.
Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträgen wurden mehr als 5.000
Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als
10.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte
bereits hunderte positive Urteile erstreiten. In dem renommierten
JUVE Handbuch 2017/2018 und 2018/2019 wird die Kanzlei in der Rubrik
Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche
Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich
Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Rechtsanwälte Dr. Stoll & Sauer
führen in einer Spezialgesellschaft die erste
Musterfeststellungsklage gegen die Volkwagen AG für den
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.



Pressekontakt:
Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Einsteinallee 1/1
77933 Lahr
Telefon: 07821 / 92 37 68 - 0
Fax: 07821 / 92 37 68 - 889
Mobil für Presseanfragen: 0163/6707425
kanzlei@dr-stoll-kollegen.de
https://www.dr-stoll-kollegen.de/
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Original-Content von: Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, übermittelt durch news aktuell


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