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Börsen-Zeitung: Ende einer Legende / Kommentar zur Festnahme von Renault-Chef Carlos Ghosn von Martin Fritz

Geschrieben am 19-11-2018

Frankfurt (ots) - Carlos Ghosn wurde in Japan immer heiß geliebt:
Der Franzose rettete Nissan vor der Pleite, schmiedete die
Dreierallianz Renault-Nissan-Mitsubishi und machte sie zum größten
Autohersteller der Welt. Ein Manga über ihn wurde zum Bestseller,
noch immer erscheinen Lobeshymnen auf ihn. Aber Ghosn wurde auch tief
gehasst, weil ein Ausländer es so viel besser machte als ein Japaner.
Mit dem Franzosen traf zudem die unbequeme Globalisierung ein. "Le
Cost Cutter" ignorierte japanische Traditionen und alte Netzwerke und
entschied nur auf der Basis von Zahlen.

Ihrem Ärger über den abrupten Kulturwandel machten Aktionäre auf
Nissan-Hauptversammlungen Luft, indem sie gegen das hohe Einkommen
von Ghosn wetterten. Seit acht Jahren müssen japanische Unternehmen
der Tokioter Börse alle Manager mit einem Jahresgehalt über 100 Mill.
Yen (850.000 Euro) melden. Ghosn stand meistens an der Spitze. Vor
den Aktionären rechtfertigte er sich damit, er müsse genauso viel
verdienen wie die CEOs westlicher Autobauer. Doch das hatte einen
schalen Beigeschmack, weil die Chefs von Toyota und Honda viel
bescheidener blieben. In Japan ist die Gehaltsschere zwischen
Belegschaft und Management weit weniger offen als im Westen. Auch
sind Unternehmenschefs eher Moderatoren als Entscheider.

Wir wissen nicht, warum Ghosn der Tokioter Börse jahrelang rund
die Hälfe seines Einkommens verschwiegen hat. Aus der
Untersuchungshaft konnte der 64-Jährige sich zu den Vorwürfen nicht
äußern. Vielleicht wollte er Aktionäre und Öffentlichkeit in Japan
nicht zu stark provozieren. 1 Mrd. Yen (8,5 Mill. Euro) Gehalt klingt
in japanischen Ohren akzeptabler als 2 Mrd. Yen. Diese Erklärung
widerspricht allerdings den "zahlreichen anderen bedeutenden
Vergehen", darunter die private Nutzung von Firmenvermögen, die
Nissan auch fand.

Die interne Untersuchung wurde durch einen Whistleblower
ausgelöst. Daher machte schnell das Wort "Putsch" die Runde. Der
Verwaltungsrat wird seinen Vorsitzenden jedenfalls schon am
Donnerstag absetzen, ohne ihn vorher anzuhören. Nach 19 Jahren
Fremdherrschaft wollen die Japaner offensichtlich endlich wieder
selbst das Zepter in "ihrem" Unternehmen in die Hand nehmen. Die
meisten Manager werden Ghosn keine Träne nachweinen. CEO Hiroto
Saikawa kritisierte vor der Presse offen die "dunkle Seite" der
Machtkonzentration in einer einzigen Hand. Egal ob Ghosn naiv,
selbstherrlich oder kriminell war - Japan erlebt gerade das Ende
einer Managerlegende.

(Börsen-Zeitung, 20.11.2018)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

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