(Registrieren)

Antrag auf vorläufige Benutzungserlaubnis für Cholesterinsenker zurückgewiesen.

Geschrieben am 07-09-2018

München (ots) - Der 3. Senat des Bundespatentgerichts hat mit
Urteil vom 6. September 2018 den Antrag auf vorläufige gerichtliche
Anordnung einer Benutzungserlaubnis an dem europäischen Patent 2 215
124 eines US-amerikanischen Pharmaunternehmens zurückgewiesen. Dieses
hat mehrere Unternehmen eines französischen Arzneimittelherstellers
aus dem Patent verklagt und u. a. auf Unterlassung des Vertriebs
ihres Medikaments Praluent® in Anspruch genommen (anhängiges
Verletzungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf (Az: 4c O
39/16)).

Vor diesem Hintergrund haben die Unternehmen des französischen
Arzneimittelherstellers beim Bundespatentgericht Klage auf Erteilung
einer Zwangslizenz erhoben und zugleich beantragt, ihnen im Wege der
einstweiligen Verfügung vorläufig zu gestatten, dass sie ihr - unter
den Schutzbereich des Patents fallendes - Medikament Praluent® mit
dem Wirkstoff Alirocumab zur Behandlung von Hypercholesterinämie in
der Bundesrepublik Deutschland weiter vertreiben dürfen.

Der Senat hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen einer vorläufigen
Benutzungserlaubnis nicht vorliegen. Dies aus zwei Gründen, wie der
Senat in der mündlichen Urteilsbegründung ausführte.

Erstens hätten sich die Antragstellerinnen nicht, wie es das
Gesetz fordert, innerhalb eines angemessenen Zeitraumes vor Erhebung
der Zwangslizenzklage ausreichend bemüht, von der Antragsgegnerin die
Zustimmung zu erhalten, die Erfindung des Patents zu angemessenen
geschäftsüblichen Bedingungen benutzen zu dürfen. Die
Antragstellerinnen hätten zwar mit Schreiben 20. Juni 2018 der
Antragsgegnerin ein kurz gefasstes Angebot zum Abschluss eines
Lizenzvertrags gemacht. Allerdings hätten die Antragstellerinnen
bereits gute drei Wochen später mit Schriftsatz vom 12. Juli 2018 die
Zwangslizenzklage und den Antrag auf vorläufige Benutzungserlaubnis
beim Bundespatentgericht eingereicht. Nachdem das von der
Antragsgegnerin und Patentinhaberin angestrengte und zwischenzeitlich
ausgesetzte Verletzungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf im
Hinblick auf eine weitere Klärung der Bestandskraft des Klagepatents
2 215 124 bereits im Dezember 2017 wieder aufgenommen worden sei,
hätten die Antragstellerinnen ihre Bemühungen früher beginnen müssen.
Dies auch deshalb, weil die von ihnen zur Darlegung des öffentlichen
Interesses an einer Zwangslizenz angeführte Studie bereits seit März
2018 vorgelegen habe und ihre wesentlichen Ergebnisse bekannt gemacht
worden seien. Laut einem zwischen den Parteien umstrittenen Ergebnis
der Studie habe bei einer Behandlung von Hochrisikopatienten mit dem
Wirkstoff Alirocumab im Vergleich zur Placebo-Gruppe unter anderem
die Gesamtmortalität um 29 % gesenkt werden können. Vor diesem
Hintergrund stelle das Schreiben vom 20. Juni 2018 ein "Angebot in
letzter Minute" dar. Das Verhalten der Antragstellerinnen erfülle
somit nicht die Voraussetzung eines ausreichenden Bemühens innerhalb
eines angemessenen Zeitraumes.

Zweitens hätten die Antragstellerinnen nicht hinreichend glaubhaft
gemacht, dass ein öffentliches Interesse an der weiteren freien
Verfügbarkeit ihres Arzneimittels Praluent® bestehe, welches die
beantragte vorläufige Benutzungserlaubnis rechtfertigen könne. Das
öffentliche Interesse bestehe gerade dann nicht, wenn den Patienten
andere im Wesentlichen gleichwertige Medikamente zur Verfügung
ständen. Die Antragstellerinnen hätten daher darlegen und glaubhaft
machen müssen, dass andere auf dem Markt befindliche Präparate -
hier: das von der Patentinhaberin und Antragsgegnerin vertriebene
Arzneimittel Repatha® - die (besonderen) therapeutischen
Eigenschaften von Praluent® nicht oder nicht in gleichen Maßen
besitzen. Dies hätten die Antragstellerinnen jedoch nicht ausreichend
dargelegt und glaubhaft gemacht.

Die schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus. Die
Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Hauptsacheklage (3 Li
1/18) ist weiterhin anhängig.

Az: 3 LiQ 1/18 (EP)

Die wesentlichen Vorschriften lauten:

§ 24 Patentgesetz: (1) Die nicht ausschließliche Befugnis zur
gewerblichen Benutzung einer Erfindung wird durch das Patentgericht
im Einzelfall nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften erteilt
(Zwangslizenz), sofern 1. der Lizenzsucher sich innerhalb eines
angemessenen Zeitraumes erfolglos bemüht hat, vom Patentinhaber die
Zustimmung zu erhalten, die Erfindung zu angemessenen
geschäftsüblichen Bedingungen zu benutzen, und 2. das öffentliche
Interesse die Erteilung einer Zwangslizenz gebietet. ...

§ 85 Patentgesetz:

(1) In dem Verfahren wegen Erteilung der Zwangslizenz kann dem Kläger
auf seinen Antrag die Benutzung der Erfindung durch einstweilige
Verfügung gestattet werden, wenn er glaubhaft macht, dass die
Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 bis 6 vorliegen und dass die
alsbaldige Erteilung der Erlaubnis im öffentlichen Interesse dringend
geboten ist.
...
(3) Das Patentgericht entscheidet auf Grund mündlicher Verhandlung.
Die Bestimmungen des § 82 Abs. 3 Satz 2 und des § 84 gelten
entsprechend.



Pressekontakt:
Bundespatentgericht
Dr. Nikolaus von Hartz
Telefon: +49 (0)89 699 37 250
nikolaus.vonHartz@bpatg.bund.de

Original-Content von: Bundespatentgericht, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

653062

weitere Artikel:
  • Hugo Petit Appointed CFO of OxThera Stockholm (ots/PRNewswire) - OxThera AB, a Stockholm-based privately-held rare disease company today announced the appointment of Hugo Petit as its new Chief Financial Officer. Mr Petit previously served as the Chief Financial Officer of MedCap AB. While at MedCap, Hugo led the company's listing on Nasdaq Stockholm. Prior to joining MedCap, Hugo held several roles as Chief Financial Officer in small as well as medium sized companies. Earlier in his career, Hugo also spent several years as consultant at McKinsey & Company mehr...

  • BDI zu den aktuellen Exportzahlen: Abschottungstendenzen im Welthandel noch ohne Einfluss auf deutsche Exportstärke Berlin (ots) - Zu den aktuellen Exportzahlen äußert sich BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang: "Abschottungstendenzen im Welthandel noch ohne Einfluss auf deutsche Exportstärke" - "Die zunehmenden Abschottungstendenzen im Welthandel haben noch keinen Einfluss auf die deutsche Exportstärke. Dennoch bleiben Protektionismus, der Zollstreit zwischen den USA und China sowie die Vorläufer des Brexit eine Gefahr für unsere Unternehmen. - Deshalb muss sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Handelskonflikte mehr...

  • Toys"R"Us Geschenktipps zum Weihnachtsfest / Toys"R"Us stellt die "Hot Toys 2018" vor Köln (ots) - "Ja, ist denn schon wieder..."??? Weihnachten kommt gefühlt jedes Jahr etwas früher und deshalb präsentiert Toys"R"Us schon jetzt die 17 angesagtesten Geschenkideen aus der Spielwarenwelt. Was Sie jetzt auf gar keinen Fall verpassen sollten, wenn es um die Highlights für Jungen und Mädchen in den verschiedenen Altersklassen geht, erfahren Sie hier. Wer kennt es nicht, das Weihnachtsgeschenk-Einkaufen auf den letzten Drücker? Damit Eltern und Kinder die besinnliche Zeit vor Weihnachten genießen und sich mit süßem mehr...

  • Geistiges Eigentum von JA Solar an bifazialer PERC-Technologie in Japan patentiert Peking (ots/PRNewswire) - JA Solar Holdings Co., Ltd., ein weltweit führender Hersteller von hochleistungsfähigen Photovoltaik-Produkten, gab bekannt, dass seine Patentanmeldung zum Schutz des geistigen Eigentums des Unternehmens an der Technologie für bifaziale PERC-Zellen und -Module vom japanischen Patentamt genehmigt wurde. JA Solar ist ein Unternehmen, das sich seit seiner Gründung voll für Innovationen und den Fortschritt der Photovoltaik-Technik engagiert und zu diesem Zweck enorme Mittel in Forschung und Entwicklung mehr...

  • Carsharing-Studie des Karlsruher Instituts für Technologie: Flexibles Carsharing reduziert Verkehr und Luftverschmutzung in Berlin massiv (FOTO) Stuttgart/Karlsruhe (ots) - Eine aktuelle Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) belegt eindrucksvoll die positiven Auswirkungen des Carsharings auf den Stadtverkehr: Allein die regelmäßigen car2go Nutzer in Berlin verkauften nach eigenen Angaben aufgrund des Carsharing-Angebots in der Stadt insgesamt 4.616 Fahrzeuge - vor allem kleine, ältere Pkw. Das entspricht 4,4 Autos pro eingesetztem Carsharing-Fahrzeug von car2go. Rund 75 Prozent der Berliner Nutzer, die ihr Auto verkauften, haben damit ihr einziges Fahrzeug mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht