(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Unbekömmlicher Cocktail / Marktkommentar von Christopher Kalbhenn zu politischen Risiken an den Börsen

Geschrieben am 01-06-2018

Frankfurt (ots) - Politische Börsen haben kurze Beine, so eine
viel zitierte "Börsenweisheit", die den Marktteilnehmern in Zeiten
von der Politik ausgelöster Turbulenzen Trost spendet. Derzeit sind
es aber wohl der Beine zu viel, die den Märkten in den Weg gestellt
werden. Die Übernahme der Regierung in Italien durch ein Bündnis
europaskeptischer Populisten, deren wirtschaftspolitische
Vorstellungen im besten Fall abenteuerlich genannt werden können,
hat in der abgelaufenen Woche neuerliche Sorgen über eine Euro-Krise,
wenn nicht gar den Zerfall der Währungsunion hervorgerufen.

Nicht genug damit, hat der von nicht weniger abenteuerlichen
Vorstellungen getriebene US-Präsident Donald Trump die Welt dem von
vielen befürchteten Handelskrieg ein gutes Stück näher gebracht. Seit
dem Freitag gelten Strafzölle von happigen 25 % auf Stahl- und
Aluminiumimporte aus der EU sowie den Nafta-Partnern der Vereinigten
Staaten, Mexiko und Kanada, und die "Opfer" haben bereits
Gegenmaßnahmen angekündigt. Zu allem Überfluss kam es dann auch noch
zum Regierungswechsel in Madrid.

Mit so vielen politischen Beinen im Weg musste der Dax einfach ins
Stolpern geraten und von der zuvor so mühsam erklommenen Marke von
wieder 13000 Zählern ablassen. Es kann auch nicht verwundern, dass
die Marktteilnehmer auf Nummer sicher gegangen sind. Schließlich hat
ihnen die Politik einen äußerst unbekömmlichen Cocktail gemixt. Es
droht nun eine unter Umständen längere Phase, in der der
Handelskonflikt und wahrscheinlich in weit stärkerem Maße das
Politchaos in Italien für Irritationen und Schwächeanfällen am
Aktienmarkt sorgen könnten, ein Umfeld, in dem sich die Anleger
wahrscheinlich zumindest zurückhalten bzw. auf günstigere
Gelegenheiten warten. Auch wenn die italienischen
Staatsanleiherenditen wieder etwas gesunken sind, besteht kein Anlass
zur Entwarnung, urteilte die Commerzbank am Freitag. "Denn die neue
Regierung dürfte auf Konfrontationskurs zur EU gehen, wodurch der EZB
erst einmal die Hände gebunden sind. Die Krise könnte wieder
hochkochen." Allerdings rechnet die Bank damit, dass es nicht zum
Äußersten kommen wird. "Italien dürfte es wie Griechenland vor drei
Jahren letztlich nicht wagen, die Währungsunion zu verlassen und
dadurch ins wirtschaftliche Chaos zu stürzen."

Überdies gehen von den Turbulenzen der abgelaufenen Woche
Auswirkungen aus, die für den Aktienmarkt letztlich stützend wirken.
So sind der Renditeanstieg an den Staatsanleihemärkten und auch die
Zinssteigerungserwartungen gedämmt worden. Beispielsweise hat die
Helaba zuletzt ihre Prognosen für den Dreimonats-Euribor und die
laufende Verzinsung zehnjähriger Bundesanleihen im vierten Quartal
2018 von 0,55% auf 0,30% und von 1% auf 0,80% gesenkt. Ferner ist die
Gemeinschaftswährung unter Druck geraten, was der Ergebnisentwicklung
der Dax-Unternehmen zugutekommt.

Nicht zuletzt stimmen nach wie vor die fundamentalen
Rahmenbedingungen. Die Unternehmensgewinne steigen. Dies und der "Mix
aus niedriger Inflation und Zinsen" veranlassten die DZ Bank in
der abgelaufenen Woche, ihren Optimismus für den Aktienmarkt zu
bekräftigen und eine erstmalige Dax-Prognose per Mitte 2019 von
14 200 Zählern zu veröffentlichen. Das würde beim aktuellen
Stand einen Anstieg des deutschen Blue-Chip-Index in den kommenden
zwölf Monaten von 11,6% bedeuten. Allerdings liegt dieser Prognose
das Basisszenario der Bank: "Italien löst keine EWU-Schuldenkrise 2.0
aus" zugrunde.

Neben der Abwendung einer weiteren Eskalation im Handelskonflikt
hängen Wohl und Wehe des Aktienmarktes in den kommenden Monaten
entscheidend davon ab, dass die erschreckenden Renditesprünge vor
allem am kurzen Laufzeitenende der italienischen Zinskurve bei der
neuen Regierung des Landes Realismus und Vernunft einziehen lassen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

640400

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den US-Strafzöllen Bielefeld (ots) - Noch ist es zu früh, von einem Handelskrieg zu sprechen. Aber die Messer werden bereits gewetzt. Derzeit sprechen alle Anzeichen für eine weitere Eskalation des Streits zwischen den USA und Europa. Die Spirale aus Zöllen und Vergeltungszöllen beginnt sich seit Freitag zu drehen. Es ist ein Dilemma - vor allem, weil es in diesem Konflikt nur Verlierer geben kann. Was sich in den vergangenen Wochen zwischen den USA und Europa abgespielt hat, ist ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Handelsstrukturen, mehr...

  • Der Tagesspiegel: Bundeswehr will mit neuer Software Krisen früher erkennen Berlin (ots) - Das Bundesverteidigungsministerium will mit Technologie die Ausstattungsprobleme der Bundeswehr in den Griff bekommen und Krisen früher erkennen. Im Zuge der Digitaloffensive schafft die Bundeswehr daher nun Big-Data-Software an, berichtet der "Tagesspiegel" (Sonntagsausgabe). "Im Rahmen von Pilotprojekten werden zur Zeit IBM Watson und SAP Analytics getestet", erklärte das Verteidigungsministerium auf Tagesspiegel-Anfrage. Die SAP-Software soll helfen, die Materialprobleme besser in den Griff zu bekommen. Mit mehr...

  • Muff raus, Schuh an: Start Up bringt RefresherBoxx auf den Markt (FOTO) Aachen (ots) - Wer kennt es nicht: Schuhschrank auf und erstmal einen Schritt zurücktreten, um die Wolke vorbeiziehen zu lassen. Da Schweiß aus Schuhen nicht entweichen kann, entsteht ein idealer Nährboden für Bakterien, die den typischen Geruch erzeugen. Das Aachener Start Up HYGENATOR hat gegen dieses Problem die RefresherBoxx entwickelt. Ein neues Produkt zur Textil- und Lederreinigung, das ohne Wasser und Chemie, dafür auf Ozon- und UV-Basis funktioniert. Neben Schuh-Muff entfernt die RefresherBoxx auch Gerüche, Bakterien mehr...

  • SHISEIDO bringt sein Hero Serum, Ultimune Power Infusing Concentrate, zurück, feiert weltweit die #StrongSouls, die in uns allen stecken Tokio (ots/PRNewswire) - Shiseido Company, LTD, feiert die Rückkehr seines Hero Serum, Ultimune Power Infusing Concentrate, mit zeitgleichen Kampagnen rund um den Globus. Den Auftakt machte Paris am 31. Mai, gefolgt von Tokio, Hongkong, Taipeh, Bangkok und Singapur. Der krönende Abschluss war am 1. Juni in Malibu (USA). Partner der Kampagne ist die international gefeierte Tänzerin und Choreographin Koharu Sugawara. Jedes Event unterstreicht die Tugend der inneren Stärke und die daraus gewonnene Zuversicht und Freude. Mit den mehr...

  • Merck Presents Update on Tepotinib in Advanced Lung Cancer at ASCO 2018 Darmstadt, Germany (ots/PRNewswire) - ASCO Abstract # Tepotinib (c-Met kinase inhibitor): 9082, 9016; M7824 (TGF-ß trap/anti-PD-L1): 3007, 9017, 2566; M2698 (dual p70S6k/Akt inhibitor): 2584; M6620 (ATR inhibitor): 2549; M3814 (DNA-PK): 2518 Not intended for UK- or US-based media - Data from an ongoing Phase II tepotinib study show anti-tumor clinical activity in patients with advanced non-small cell lung cancer harboring MET exon 14 skipping mutations - Patients with advanced lung cancer harboring MET exon mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht