(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Vom Zinspfad abhängig, Marktkommentar von Dietegen Müller

Geschrieben am 16-03-2018

Frankfurt (ots) - Die Würfel scheinen gefallen zu sein, dass die
US-Notenbank Fed am Mittwoch den Leitzinssatz um 25 Basispunkte auf
eine Spanne von 1,5 bis 1,75 Prozent anheben wird. Zumindest
signalisieren dies die aus Terminkontrakten abgeleiteten impliziten
Zinserwartungen im Markt, und eine deutliche Mehrheit der Auguren
erwartet ebenfalls einen solchen Schritt. Deshalb dürfte die
marktbewegende Frage sein, ob sich die Fed darüber hinaus auch zu
einem Statement hinreißen lässt, in dem sie vier statt wie bisher
drei Zinsschritte für dieses Jahr in Aussicht stellt.

Die BayernLB geht davon aus, dass genau dies geschehen wird. So
sei seit der Veröffentlichung der Konjunkturprognose im Dezember
durch den Fed-Offenmarktausschuss einiges geschehen, was einen
steileren Zinsanhebungspfad rechtfertigen würde. So hat der
US-Kongress eine Steuerreform verabschiedet, und es zeichnet sich ein
Haushaltspaket ab, das rund 150 Mrd. Dollar an konjunkturfördernden
Effekten haben dürfte. Die BayernLB schließt nicht aus, dass die Fed
darüber hinaus für 2019 drei Zinsschritte signalisiert - dies wegen
der robusten Wirtschaft und nicht wegen einer höheren
Inflationsprognose, die bereits "recht optimistisch" sei.

Handelspolitische Volten dürften kurzfristig kaum relevant für die
Zinspolitik sein, da die Zölle auf Stahl und Aluminium einen zu
geringen Teil der Wirtschaft treffen, um Inflations- oder
Wachstumseffekte zu haben. Andere Marktteilnehmer fragen sich aber,
ob bei den Turbulenzen Anfang Februar nicht bereits ein Übermaß an
Zinserhöhungserwartung eingepreist worden ist.

Gemessen an den Renditen langlaufender Staatsanleihen ist dies der
Fall: Zehnjährige US-Treasuries rentieren mit 2,84 Prozent etwas
unter ihrem Vierjahreshoch von 2,95 Prozent, das am 21. Februar
erreicht wurde. Auch die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen sind
von 0,80 Prozent wieder deutlich auf 0,58 Prozent zurückgegangen. Zum
einen mag dies mit einer Flucht in Sicherheit zu tun haben. So haben
die geopolitischen Spannungen in den vergangenen Monaten eher
zugenommen. Der von Dario Caldara und Matteo Iacoviello konstruierte
Index für geopolitische Risiken hat inzwischen den höchsten Stand
seit dem Einmarsch der USA in den Irak 2003 erreicht.

Doch angesichts der haushaltspolitisch laxen und damit eher
renditetreibenden US-Regierung ist der Renditerückgang auch ein
Hinweis darauf, wie hartnäckig niedrig die Inflationserwartungen
bisher bleiben. Der fünfjährige Inflationsswap, der von der Fed von
St. Louis publiziert wird, hat sich von einem Hoch von 2,35 Prozent
Anfang Februar wieder auf 2,10 Prozent zurückgebildet. Ungeachtet
aller schrillen politischen Töne besteht derzeit ein moderates,
kontinuierliches, aber nicht extrem hohes Wachstum mit einer leicht
höheren, aber im langfristigen Vergleich unterdurchschnittlichen
Teuerung. Eine breite Überhitzung der Wirtschaft ist nicht sichtbar.

Auch die US-Notenbank selbst geht in ihren "Dots" - den
Zinsprojektionen der Fed-Gouverneure - langfristig, also auf Sicht
von drei Jahren oder mehr, im Mittel nur von einem Leitzins von 2,75
Prozent aus - was noch fünf Zinsschritten entspräche. Allerdings: Vor
sechs Jahren lagen die langfristigen Projektionen im Mittel bei 4,25
Prozent und vor zwei Jahren noch bei 3,25 Prozent, wobei für die
anstehende März-Sitzung im Mittel ein Satz von 3 Prozent erwartet
wurde. Nun geht es um 1,75 Prozent - was viel über die Prognosegüte
der Notenbanker selbst aussagt.

So ist die Relevanz möglicher Änderungen in den Zinsprojektionen
der Fed wohl eher gering. Doch Marktakteure verhalten sich oft
pfadgläubig oder pfadabhängig. Änderungen an Projektionsspannen und
Zinserhöhungspfaden stellen Störungen dar, die sich dann in erhöhter
Volatilität niederschlagen.

Das wäre alles nicht weiter schlimm, gäbe es nicht drei Punkte,
die grundsätzliche Vorsicht ratsam erscheinen lassen: Erstens ist der
die Aktienhausse tragende Konjunkturaufschwung vor allem in den USA
in die Jahre gekommen. Zweitens führt die Fed derzeit ihr größtes
geldpolitisches Experiment der Geschichte - die quantitative
Lockerung - sehr langsam dem Ende zu, was für unerfahrene Akteure
Neuland bedeutet. Und drittens sitzt mit Donald Trump jemand an einer
zentralen Machtposition, der nicht im Verdacht der Pfadabhängigkeit
steht, sondern vielmehr - in gewisser Weise kreative - Zerstörung
bestehender Strukturen bevorzugt.

So ist es nicht unwahrscheinlich, dass die US-Notenbank zwar ihren
moderaten Zinserhöhungskurs auch unter Jerome Powell fortsetzt, dass
aber aus Sicht des Marktes bald andere kursbewegende Ereignisse
eintreten.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

630298

weitere Artikel:
  • Nennung der nationalen Gewinner aus 34 Ländern bei den European Business Awards, gesponsert von RSM London (ots/PRNewswire) - Die 289 besten Unternehmen aus 34 Ländern in ganz Europa wurden als "Nationale Gewinner" bei den 2017-18 European Business Awards benannt. Bei den von RSM gesponserten European Business Awards handelt es sich um Europas größten Unternehmenswettbewerb. Die erfolgreichen Unternehmen wurden unter 2898 Unternehmen ausgewählt, die zuvor auf einer Liste, die im Dezember 2018 publiziert wurde, als die "Ones to Watch" identifiziert wurden. Die nationalen Gewinner wurden von einer unabhängigen Jury, bestehend mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: RWE bietet Belgien Ersatzstrom für AKW Tihange aus Gaskraftwerk an Köln (ots) - RWE Power könnte ab 2022 Strom nach Belgien liefern, der die Kapazität des umstrittenen Atomkraftwerks Tihange überflüssig machen würde. "Es steht ein Gaskraftwerk von uns in den Niederlanden, nicht weit entfernt von der belgischen Grenze", sagte RWE-Power-Chef Frank Weigand im Gespräch mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger" und der "Kölnischen Rundschau" (Samstag-Ausgaben). Der Strom sei der belgischen Regierung angeboten worden. "Ein anfängliches Interesse wurde jedoch von den Belgiern irgendwann nicht mehr weiterverfolgt", mehr...

  • Haier stellt auf der MCE 2018 aus Beste Klimatechnikmarke in der IoT-Ära Qingdao, China (ots/PRNewswire) - Am 13. März zeigte Haier auf der MCE 2018 in Italien das weltweit einzige Komplettangebot an Smart-Air-Lösungen in der Klimatechnik. Mit diesen Produkten geht Haier weit über den Rahmen eines "einfachen Klimaanlagenherstellers" hinaus und erklärt "saubere Luft" zum neuen Mehrwert im IoT-Zeitalter. Laut Euromonitor International gilt Haier im Jahr 2017 mit einem Marktanteil von 30,5 % (nach Jahresumsatz) als die weltweit führende Marke für vernetzte Klimatechnik mehr...

  • Menarini Group: Einstellung der 17.000sten Mitarbeiterin Florenz, Italien (ots/PRNewswire) - Die 17.000ste Mitarbeiterin bei Menarini ist Lara Tamantini, eine 28-jährige Absolventin der Universität Florenz, die ihren Abschluss in Chemie und Pharmazeutischer Technologie gemacht hat und nun bei Menarini Ricerche beschäftigt ist. (Logo: https://mma.prnewswire.com/media/652491/MENARINI_Group_Logo.jpg ) (Photo: https://mma.prnewswire.com/media/653104/Menarini_employees.jpg ) (Photo: https://mma.prnewswire.com/media/653105/Menarini_Group.jpg ) (Photo: https://mma.prnewswire.com/media/653106/Menarini_Lara_Tamantini.jpg mehr...

  • Der Tagesspiegel: Ost-Ausschuss hält Boykott der Fußball-WM für wirksam - aber falsch Berlin (ots) - Vor dem Hintergrund der Spannungen rund um den Anschlag auf den Doppelagenten Skripal und dessen Tochter hat sich der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (OA) gegen einen Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland ausgesprochen. "Die WM ist ein prestigeträchtiges Großereignis. Durch einen Boykott könnte man sicher eine gewisse Wirkung erzielen", sagte der OA-Vorsitzende Wolfgang Büchele dem "Tagesspiegel am Sonntag" in einem Interview. "Aber es wäre ein nur vordergründig eindrucksvolles Statement. Der Schritt mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht