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Börsen-Zeitung: Spannender als Gold, Marktkommentar von Dietegen Müller

Geschrieben am 22-12-2017

Frankfurt (ots) - Die bekannteste der sogenannten Kryptowährungen,
Bitcoin, hat in wenigen Tagen einen Wertverlust von bis zu 45%
erlitten. So genannt ist sie aber nicht wegen ihrer exorbitanten
Volatilität, sondern weil es sich bei Bitcoin und Co. bisher nur um
eine nicht eindeutig definierte Einheit handelt. In vielen Ländern
ist der Kauf und Verkauf von Bitcoin zwar legal, aber Kryptowährungen
sind nicht als Zahlungsmittel anerkannt. Ausnahmen gibt es, so gelten
Bitcoin in Japan seit diesem Jahr als legale Zahlungsmethode. Und es
gibt indirekte Formen staatlicher Anerkennung. In der Schweiz können
Bitcoin an Fahrkartenautomaten der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB)
bezogen werden. Mit Bitcoin könne "an über 10000 Akzeptanzstellen
weltweit ohne Kreditkarte oder Bankverbindung schnell und bequem"
bezahlt werden, so die Staatsbahn.

Im Grunde handelt es sich bei Kryptowährungen nur um einen
digitalen Eintrag in einer als manipulationssicher geltenden
Datenbank, die weltweit über das Internet nutzbar und dezentral
organisiert ist. Kryptowährungen sind nichts anderes als
dematerialisierte, also nur in virtueller Form existierende
Wertansprüche, die im Idealfall auf eindeutige, also nicht
fälschlicherweise mehrfache, sowie auf eine sofort endgültige Weise
abgewickelt werden können. Anders als bei herkömmlichen Transfers
sind dabei keine Vermittler im Spiel wie Banken, die mit viel
juristischem beziehungsweise treuhänderischem Aufwand prüfen und
nachweisen müssen, dass diese Transaktionen so wie von den
Gegenparteien gewünscht stattgefunden haben und entsprechend verbucht
wurden.

Da ein rechtlicher Rahmen für digitalisierte Werttransfers über
das Internet erst in Herausbildung ist, sind viele Fragen nach der
Durchsetzung von mit Kryptoeinheiten verbundenen Eigentumsansprüchen
noch ungeklärt. Nicht zuletzt deswegen sind Behauptungen abwegig,
Bitcoin stelle eine Alternative zu Notenbankgeld ("Fiat-Geld") dar.
Es geht bei Kryptowährungen - so weit bisher zu sehen ist - nicht
darum, ob eine Geldproduktion dezentralisiert wird.

Nur weil aus Luft und Strom manipulationsresistente
Datenbankeinträge geschaffen werden können, besitzen diese Einträge
ja an sich noch keinen Wert. Sie erhalten diesen erst nach einer -
wie auch immer geformten - Anerkennung. Solange diese fehlt, haben
nur die dezentralen Systeme, die Kryptowährungen zugrunde liegen,
einen Wert. Der kann volkswirtschaftlich betrachtet durchaus enorm
sein. Durch den unmittelbaren Abschluss einer Transaktion zwischen
zwei Gegenparteien kann eine Art Demokratisierung von Zahlungsflüssen
stattfinden, weil die Kontrolle über diese Zahlungsbewegungen
dezentral verteilt wird. Zweitens können durch die Digitalisierung
von Beteiligungsrechten an (womöglich auch nur vermeintlich)
werthaltigen Produkten oder Dienstleistungen auch
Beteiligungsverhältnisse anders abgewickelt werden, und dies über das
Internet auch global. Es ist durch das Internet möglich, diese
Prozesse unabhängig von nationalen Rechtsräumen zu nutzen.

Es laufen aber auch Anstrengungen, etwa durch Erkennungssoftware
(sogenannte Deep Packet Inspection) Blockchain-Transaktionen aus dem
Internetverkehr herauszufiltern und damit entsprechende Geschäfte zu
blockieren. China exerziert dies gerade vor. Dies zeigt das
revolutionäre Potenzial, das in der Neuorganisation von Werttransfers
über das Internet liegt und in der Möglichkeit, digitale Zertifikate
zu schaffen, die mit allen möglichen Ansprüchen hinterlegt sein
können, seien es Edelmetalle, Einnahmeströme aus Lizenzen oder
Leistungen oder auch Eigentumsrechte, und diese über das Internet
auszutauschen.

Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den technologischen
Grundlagen verschiedener Kryptowährungen. Sie haben Einfluss darauf,
welche Rolle solche künftig spielen. Werden sie eine Parallelwährung
zu Notenbank- und Geschäftsbankengeld - was Doppelspurigkeiten und
damit höhere Systemkosten bedeuten dürfte? Oder werden
Kryptowährungen letztlich obsolet, weil Notenbanken und
Geschäftsbanken ihre Zahlungsverkehrssysteme modernisieren und für
dematerialisierte globale Werttransfers öffnen? Oder entwickeln sich
Kryptowährungen hin zu hoch spezialisierten, global handelbaren,
digitalisierten Wertzertifikaten?

Bitcoin und Gold in einem Atemzug als mögliche Alternative zu
einer von Schulden und lockerer Geldpolitik korrumpierten
Zentralbankwährung zu nennen, ist vom falschen Ende her gedacht. Die
Bitcoin zugrunde liegende Technologie kann weit mehr als Gold und ist
spannender. Aber es gibt keinen Grund, sie deswegen als werthaltige
Anlage zu betrachten. Und traditionelles Geld dürfte noch lange die
Rolle eines Referenzpreises für Kryptoeinheiten einnehmen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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