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"Die Reaktionsgeschwindigkeit auf technische Entwicklungen wird unseren Erfolg ausmachen"

Geschrieben am 28-12-2016

Berlin (ots) - Christian Baudis, Digitalunternehmer, Futurist und
ehemaliger Google-Deutschlandchef, im BAP-Serieninterview "Drei
Fragen an..."

Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Welchen Einfluss die
Digitalisierung auf die Arbeitswelt von morgen haben wird und welche
Herausforderungen damit verbunden sind, schildert Christian Baudis,
ehemaliger Deutschlandchef von Google und Digitalunternehmer, im
Interview mit dem BAP.

BAP: Herr Baudis, was sind für Sie die derzeit spannendsten
Entwicklungen im Bereich Digitalisierung, die Auswirkungen auf den
Arbeitsmarkt haben werden?

Christian Baudis: Wir sind erst am Anfang der Digitalisierung und
können uns daher noch nicht richtig vorstellen, was alles auf uns
zukommt. Viele Menschen verwechseln das Internet mit der
Digitalisierung und meinen, die letzten zehn Jahre, in denen Google,
Facebook, Amazon und Co. groß geworden sind, hätten uns doch schon
enorm verändert. Das Internet ist aber nur ein Bestandteil der
Digitalisierung. Folgende drei Bereiche werden unsere Arbeits- aber
auch Lebenswelt in den nächsten zehn Jahren erheblich verändern:

Robotik: Wir werden unweigerlich in eine Arbeitswelt geworfen, in
der der klassische Produktions- oder der Lager- und
Logistikarbeitsplatz in Frage gestellt wird. Der Deutsche Bahn-Chef
sagte neulich, er könne sich gut vorstellen, dass in zehn Jahren die
Lokführer durch Roboter ersetzt werden. Eine Studie von PWC sieht die
500.000 Brummifahrer auf der deutschen Langstrecke in Gefahr und der
Atlas-Roboter von Boston Dynamics kann in seiner neuesten Version
sogar schon die Lagerhalle nahezu perfekt verwalten. Im
Haushaltsbereich wird der Haushaltsroboter das nächste relevante
Endgerät nach der Erfindung des iPhones Anfang 2007. Einer von ihnen
heißt Pepper, er kostet 1.600 US-Dollar und kann schon viel mehr, als
wir denken. Auf Aida-Kreuzfahrtschiffen hat er vergangenen Sommer die
Rezeptionsarbeit erfolgreich übernommen, Kundenzufriedenheitsumfragen
durchgeführt und jede Menge gute Witze an Bord gebracht.

Die Robotik ist im Vormarsch und lässt jede Phantasie zu. Es geht
viel schneller, als wir glauben: Wann standen Sie das letzte Mal in
einer Telefonzelle? Bei mir war das im Jahr 1997. Nur zehn Jahre
später kam das iPhone von Apple auf den Markt und war natürlich viel
mehr als nur ein Telefon. Übertragen Sie diese technische
Veränderungsgeschwindigkeit auf die Robotik und Sie können
ansatzweise erahnen, wie unsere Welt in 20 Jahren aussehen wird!

Mensch-Maschinen-Verknüpfungen: Hier werden unglaubliche Dinge
geschehen. Der Gesundheitsmarkt wird rasant verändert und das zu
unserem Vorteil. Die medizinische Analyse und Prävention wird durch
digitale Endgeräte verbessert, die wir an unserem Körper tragen. Die
Diabetiker-Linse von Google ist mit Ihrem Smartphone verbunden und
misst in Echtzeit Ihren Blutzuckerwert, die digitalen Socken von
Sensoria messen in Echtzeit die Laufqualität und Belastung Ihres
Laufverhaltens beim Joggen. Und in fünf Jahren gehen wir zum
Drogeriemarkt und holen uns das digitale Silikonpflaster "MC 10",
welches auf Körperzellen aufgeklebt alle Körperanalysen einer
heutigen Allgemeinarztpraxis ermittelt und in Echtzeit auf Ihr
Smartphone spielt. Sie werden in Echtzeit Ihren Gesundheitszustand
messen können: "Super, heute bin ich bei 90 Prozent - also
kerngesund!" oder: "Oh, ich bin nur zu 35 Prozent gesund. Was soll
ich tun?". Bevor Sie dann zum Arzt gehen, holen Sie sich noch schnell
eine Zweitmeinung vom Super-Medizin-Computer Dr. Watson von IBM ein
und wissen schon, bevor Sie den Arzt treffen, was zu tun ist.

Aber die eigentliche Revolution des Gesundheitsmarktes wird sich
im Bereich körperlicher Behinderungen auftun. Vor vielen Jahren
begann die Medizinforschung den elektronischen Impuls aus dem
Gehirnbefehl/Nervenimpuls herauszufiltern, um damit
Dysfunktionalitäten im Nervensystem zu beheben und Gehirnbefehle
alternativ zum Nervensystem über elektronische Übertragungswege
weiterzuleiten. Professor Nicholas Negroponte, Gründer des
innovativen MIT Media Labs, war vor 20 Jahren einer der ersten
digitalen Innovatoren, der diese Entwicklung miterforschte. 2014
präsentierte einer seiner Professoren, Hugh Herr, in Vancouver die
erste relevante Mensch-Maschinen-Verbindung unserer Zeit. Hugh Herr
verlor bei einer missglückten Bergbesteigung vor 30 Jahren beide
Unterbeine. Bei der Präsentation in Vancouver lief er nun mit zwei
Roboter-Bein-Prothesen über die Bühne. Seine Roboterfüße "lesen" die
Gehirnbefehle aus den im Knie endenden Nervensträngen, indem sie die
elektronischen Impulse auf einen intelligenten Bewegungs-Chip spielen
und dieser elektromechanische Bewegungsbefehle an die Roboterfüße
weiterleitet. Professor Hugh Herr sagte während seiner Präsentation,
dass er heute besser laufen und klettern kann als noch vor 30 Jahren
mit seinen echten Beinen! Diese Innovation ist der Grund, warum wir
in den nächsten zehn Jahren Menschen laufen sehen, die ihr Leben lang
an einen Rollstuhl gekettet waren. Blinde werden wieder sehen können,
etc. Man muss ja "nur" die Unterbrechung im Nervensystem überbrücken:
mit elektronischen Nervenbrücken!

Künstliche Intelligenz/Big Data: Wir haben in den letzten zehn
Jahren die analoge Welt digital vermessen. Mit jedem digitalen
Endgerät, welches wir bei uns tragen, tun wir dies jede Sekunde
unseres Lebens. Alles wird zu Nullen und Einsen. Noch nie hatte der
Mensch so viele Daten wie heute und angeblich verdoppelt sich diese
Datenmenge alle zwei Jahre. Nur ganz wenige Unternehmen können heute
mit dieser Datenflut etwas anfangen. Das wird sich ändern! Amazon
weiß heute schon, wann unser Haushalt das nächste Mal
Trockenkatzenfutter für unsere Katze bestellen wird und lagert die
Ware pack- und mengengerecht im nächstliegenden regionalen
Auslieferungszentrum. Wenn ich das Katzenfutter bestelle, dauert es
keine neun Stunden mehr, bis es bei uns ausgeliefert wird. Bald sind
es dann nur noch sechs, drei oder gar eine Stunde. Wie macht Amazon
das? Die Logistik ist exzellent, aber die Datenverdichtung und
richtige -interpretation der Schlüssel zum Erfolg. Aus der
Kombination von Daten (Big Data) und künstlicher Intelligenz lässt
sich der Konsumwunsch von Morgen vorhersehen. Aus genau diesem Grund
meint die deutsche Automobilindustrie, in vielleicht fünf bis sieben
Jahren bestellte Autos ein paar Tage später ausliefern zu können,
weil man das gewünschte Auto schon vorproduziert hat!

BAP: Worin sehen Sie die größten gesellschaftspolitischen
Herausforderungen, die durch die Digitalisierung der Arbeitswelt
hervorgerufen werden?

Christian Baudis: Die größte Herausforderung ist die
Veränderungsgeschwindigkeit und Flexibilität, die mit dieser
Entwicklung einhergeht. Die Zeiten der guten alten Strategieberatung
von McKinsey, Boston und Co. ist vorbei. Die Reaktionsgeschwindigkeit
auf technische Entwicklungen wird unseren Erfolg ausmachen. Die
Politik muss diese Entwicklung verstehen lernen und die richtigen
Rahmenbedingungen schaffen. Digitalunternehmen müssen sich durch
Selbstverpflichtungen im Sinne der gesellschaftlichen Sicherheit
einbringen und jeder einzelne von uns muss sich digital fortbilden.

Wenn wir uns nicht auf diese Entwicklung einstellen, werden viele
Arbeitsplätze in Deutschland in Gefahr sein. Wenn wir nicht schon in
der Schule Kinder - zu gegebener Zeit - auf Chancen und Risiken
dieser Entwicklung beispielsweise durch ein Fach "Digitalisierung"
vorbereiten, bilden wir gerade eine Generation von Arbeitslosen aus.
Wir müssen nicht nur in den Schulen, sondern genauso in den
Chefetagen von Unternehmen und Parteien anfangen, die Arbeitswelt
Schritt für Schritt neu auszurichten. Klassische Produktions- und
Logistikarbeitsplätze, aber auch Prozessarbeiten werden immer mehr
durch Robotik und künstliche Intelligenz herausgefordert. Wir haben
eine Verantwortung wahrzunehmen, um diese Entwicklung mitzugestalten!
Dann ist das für den Technikstandort Deutschland eine Riesenchance.
Aber auch nur dann!

BAP: Demografischer Wandel und Digitalisierung werden die
Arbeitswelt eklatant verändern. Welche Aufgaben können dabei
Personaldienstleister übernehmen?

Christian Baudis: Der Personaldienstleister der Zukunft wird
vielleicht nicht mehr "nur" die passende Qualifikation für das
entsprechende Unternehmen finden. Vielleicht wird er die Fort- und
Weiterbildung, die in den nächsten zehn Jahren für die digitale
Transformation unserer Volkswirtschaft dringend erforderlich ist,
übernehmen.

Über den BAP:

Der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V. (BAP)
ist die führende Interessenvertretung der Personaldienstleistungs-
und Zeitarbeitsbranche in Deutschland. Im BAP sind ca. 2.000
Mitglieder mit über 4.600 Personaldienstleistungsbetrieben
organisiert. Informationen zum Verband finden Sie unter
www.personaldienstleister.de.

Besuchen Sie uns auch unter: http://www.presseportal.de/nr/104864

Hier finden Sie auch Fotomaterial.



Pressekontakt:
Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP),
Ulrike Heine,
Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
Universitätsstr. 2-3a,
10117 Berlin,
Tel.: 030 / 20 60 98 - 30,
Mail: presse@personaldienstleister.de,
Website: www.personaldienstleister.de

Original-Content von: Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP), übermittelt durch news aktuell


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