(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Hoffen auf Algier, Kommentar zum Ölmarkt von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 23-09-2016

Frankfurt (ots) - Wenn sich am Montag und Dienstag die
internationale Ölbranche auf dem International Energy Forum in Algier
trifft, wird es um nicht weniger gehen als darum, wie sich der
Ölpreis in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln wird. Denn im
Rahmen der Konferenz werden sich die Energieminister der großen Öl
produzierenden Länder treffen. Sie wollen über eine konzertierte
Aktion zur Stützung des Ölpreises entscheiden.

Ähnliche Verhandlungen hatte es schon im April dieses Jahres in
Doha gegeben. Dort waren sie gescheitert, mit dem Ergebnis, dass der
Ölpreis noch einmal kräftig nachgegeben hatte. Diesmal scheinen die
Gespräche zwar besser vorbereitet zu sein. In den vergangenen Wochen
hat es hinter den Kulissen bereits fieberhafte Aktivitäten gegeben,
wobei (fast) jeder mit jedem gesprochen hat. Aber auch diesmal ist
die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass es zur Vereinbarung eines
Maßnahmenpakets kommt, das wirklich in der Lage wäre, den Ölpreis zu
stützen. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Zum einen ist der Konflikt zwischen den beiden
Opec-Schwergewichten Saudi-Arabien und Iran immer noch ungelöst. In
dem Streit zwischen den beiden Ländern geht es um Marktanteile. Der
Iran, der seine Förderung seit dem Ende der Sanktionen aus dem
Atomstreit stark ausgebaut hat, möchte wieder die Position einnehmen,
die er vor dem Streit innehatte. Das Land hat im August schon wieder
3,8 Mill. Barrel pro Tag (bpd) exportiert, womit das Niveau von vor
dem Atomstreit von rund 4 Mill. bpd fast erreicht ist. Die
Exportoffensive des Iran geht vor allem auf Kosten Saudi-Arabiens.
Dementsprechend sind die Saudis geneigt, ihre Marktposition mit allen
Mitteln - sprich niedrigen Preisen - zu verteidigen und den Iranern
gegenüber keine Zugeständnisse zu machen.

Auf der anderen Seite ist Saudi-Arabien aber auf höhere Einnahmen
angewiesen. Das auch im eigenen Land unbeliebte Regime erkauft sich
das Stillhalten der Bevölkerung mit teuren Subventionen, die im Zuge
des Ölpreisverfalls zu einem hohen Haushaltsdefizit geführt haben.

Zudem will das Land in einer großangelegten Offensive die momentan
fast hundertprozentige Abhängigkeit der saudischen Wirtschaft von den
Öleinnahmen verringern und das Land modernisieren. Dazu benötigt das
Regime viel Geld. Eine Finanzierungsmaßnahme ist der geplante
Börsengang des staatlichen Ölkonzerns Aramco. Das Aramco-IPO kann
aber nur dann die gewünschten hohen Summen einspielen, wenn die
Perspektive für den Ölpreis halbwegs ansprechend ist. Dies könnte die
Kompromissbereitschaft der sunnitischen Saudis sogar mit Blick auf
den schiitischen Erzfeind Iran deutlich vergrößern. Für eine Einigung
hätte Saudi-Arabien aber die Kröte zu schlucken, dass der Iran erst
ab einer Fördermenge von 4 Mill. bpd bereit ist, über eine Deckelung
nachzudenken.

Was den Kern der Maßnahmen betrifft, auf die sich die an diesen
Gesprächen teilnehmenden Länder einigen könnten, so dürfte es
lediglich um die erwähnte Deckelung und nicht etwa sogar um eine
Reduzierung der Fördermengen gehen. Daher dürfte sich die Wirkung auf
den Ölpreis von kurzfristigen Ausschlägen abgesehen in Grenzen halten
- zumal die Internationale Energieagentur IEA zuletzt ihre
Erwartungen für das globale Nachfragewachstum deutlich
heruntergeschraubt hat. Ihre Analysten gehen jetzt erst für 2017 und
nicht mehr für das laufende dritte Quartal 2016 von einem Abbau des
Überangebots aus.

Somit sind die folgenden beiden Szenarien die wahrscheinlichsten.
So könnten einerseits die Gespräche erneut scheitern, mit dem
Ergebnis, dass der Ölpreis abermals den Sinkflug antritt. Allerdings
dürften die neuerlichen Verluste nicht so dramatisch ausfallen wie im
Frühjahr. Einen Ölpreis von 30 Dollar wird die Welt wohl so schnell
nicht wieder sehen.

Andererseits könnte es eine mit warmen Worten formulierte
Übereinkunft geben, mit der sich die Teilnehmer verpflichten, ihre
Produktion nicht noch weiter zu steigern. Dies hätte zweifellos auf
kurze Sicht einen positiven Einfluss auf den Ölpreis, der wieder über
die Marke von 50 Dollar steigen und sich möglicherweise sogar auf 60
Dollar zubewegen würde. Allerdings ist davon auszugehen, dass sich
der positive Effekt rasch abnutzt und dass der Ölpreis nach einem
ersten Preissprung wieder abbröckelt. Ein wirklich nachhaltiger
Ölpreisschub durch das Treffen wird von den wenigsten Beobachtern
erwartet.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

599533

weitere Artikel:
  • Stuttgarter Zeitung: zu Ceta Stuttgart (ots) - Wer sich die Mühe macht und genau hinschaut, kann schnell erkennen: Die Gegner des TTIP-Freihandelsabkommens mit den USA liegen völlig falsch, wenn sie Ceta und TTIP in eine Schublade packen. Kanada ist bereit, eigens eine hormonfreie Rindfleischproduktion aufzubauen, um europäischen Interessen entgegenzukommen. Kanada verzichtet auf private Schiedsgerichte zum Beilegen von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten. In beiden Punkten wäre es völlig chancenlos, darauf zu hoffen, dass sich die US-Amerikaner darauf mehr...

  • Axel Springer übernimmt La Centrale vollständig Berlin (ots) - Axel Springer erwirbt weitere 39 Prozent der Anteile an Car&Boat Media. Damit gehört der Betreiber von La Centrale, dem größten spezialisierten Autorubrikenportal in Frankreich, sowie weiterer digitaler Inhalte- und Rubrikenportale im Automobil- und Bootsegment künftig vollständig zu Axel Springer. Verkäufer ist eine Tochtergesellschaft des französischen Medienunternehmens Spir Communication. Eine entsprechende Vereinbarung wurde am 23. September 2016 unterzeichnet. Der Vollzug der Transaktion wird in den kommenden mehr...

  • Digital Realty startet Service Exchange für eine vereinfachte Vernetzung der globalen Rechenzentren und Verbindung zur Cloud Verbesserungen bei Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit im Vergleich zum öffentlichen Internet New York (ots/PRNewswire) - MarketplaceLIVE - Digital Realty (NYSE: DLR), ein führender weltweiter Anbieter von Rechenzentren, Colocations- und Vernetzungslösungen, gab heute den Start von Service Exchange bekannt, wobei es sich um eine Vernetzungsplattform handelt, die die direkte, persönliche und sichere Verbindung zu einer Vielzahl von Anbietern im Bereich Clouddienste - wie etwa Amazon Web Services (AWS), Google Cloud mehr...

  • Maxion Wheels stellt intelligente Sicherheitstechnologie MaxSmartTM für Nutzfahrzeug-Stahlräder vor Intelligentes Stahlrad erhöht die Sicherheit bei Nutzfahrzeugen Hannover, Deutschland (ots/PRNewswire) - Maxion Wheels, der weltweit führende Räderhersteller, präsentiert auf der IAA Nutzfahrzeuge (Halle 26, Stand E47) das branchenweit erste intelligente Stahlrad. Erstmals kombiniert Maxion Wheels bei der sogenannten MaxSmart(TM)-Technologie sein Stahlrad mit Sensoren. Diese erfassen eine Vielzahl unterschiedlicher Räder- und Reifendaten wie Radlast, Luftdruck, Reifentemperatur sowie den festen Sitz des Rades an der Achse und mehr...

  • NDR Rundfunkrat stimmt Jahresabrechnung 2015 zu Hamburg (ots) - Die Jahresabrechnung des NDR für das Jahr 2015 weist bei einem gegenüber dem Vorjahr nahezu unveränderten Haushaltsvolumen von rund 1,1 Milliarden Euro als handelsrechtliches Ergebnis einen Fehlbetrag von 19,6 Millionen Euro aus. Der Fehlbetrag wird aus dem Eigenkapital des NDR ausgeglichen. Im Ergebnis für 2015 sind auch 46,7 Millionen Euro Beitragsmehrerträge enthalten, die der NDR bis Anfang 2017 nicht verwenden darf. Sie müssen getrennt vom übrigen Vermögen des NDR angelegt werden. Der NDR Rundfunkrat hat der Jahresabrechnung mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht