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Börsen-Zeitung: Die Stunde der Politik, Kommentar zur EZB von Stephan Lorz

Geschrieben am 21-07-2016

Frankfurt (ots) - In der akuten Phase der Finanzkrise hat das
zügige Handeln der Europäischen Zentralbank (EZB) das
Auseinanderbrechen der Eurozone verhindert. Dann kam die Stunde der
Politik - die diese aber hat verstreichen lassen. Die Währungsunion
ist daher bis heute unvollkommen geblieben. Eine Fiskalunion gibt es
nicht. Die einzelnen Regierungen meinen, sich weiter an keine
Abmachungen halten zu müssen, agieren eher gegen- als miteinander.
Deshalb bleibt das Konstrukt Eurozone in höchstem Maße labil, was es
empfindlich macht gegenüber Schocks jeglicher Art. Stets muss mit dem
Ende des Euro-Experiments gerechnet werden.

Bislang hat die EZB die Währungsgemeinschaft allen Widrigkeiten
politischer Untätigkeit zum Trotz zusammenhalten können. Doch neue
multidimensionale Herausforderungen machen ihr nun Probleme:
Innerhalb der Eurozone nimmt die Zahl ihrer Gegner weiter zu,
nationalistische Tendenzen werden stärker. Das schwächt das Konstrukt
von innen, weil es weitere Souveränitätsübertragungen blockiert. Mit
dem Brexit-Votum der Briten wird zudem die Europäische Union infrage
gestellt. Trotzdem scheint die Politik in ihren stereotypen
Verhaltensweisen gefangen: Rom wettert gegen Berlin wegen des Umgangs
mit italienischen Banken. Die Ostländer sorgen sich um ihre
Sicherheit, wollen andernorts aber keine Kompromisse eingehen.
Frankreich verkämpft sich in der Innenpolitik. Und die Iberer drehen
weiter an der Schuldenschraube. Zudem droht im Falle der Wahl eines
Donald Trump zum US-Präsidenten eine der größten politischen
Eruptionen der vergangenen Jahrzehnte überhaupt: Politische
Gewissheiten würden erschüttert, die Machtgeometrie würde verzerrt.
Eine in sich gefestigte Eurozone wäre also wichtiger denn je!

Erneut ist es die Stunde der Politik. Auch wenn die Politiker in
den Euro-Hauptstädten die EZB zum Handeln drängen - die Notenbanker
müssen der Versuchung diesmal widerstehen. Das sollte ihnen umso
leichter fallen, als sie mit ihrer Geldpolitik erkennbar an eine
imaginäre Grenze gestoßen sind. Die Käufe von Unternehmens- und
Staatsanleihen sowie die Negativzinsen untergraben ihre
Glaubwürdigkeit eher und stärken obendrein die eurofeindlichen
Kräfte. Das darf Draghi nicht riskieren. Insofern war es weise, dass
sich die EZB gestern zurückgehalten hat. Auch im September sollte sie
zuwarten. Denn die aus der Unsicherheit gespeisten Risiken sind nicht
monetärer Natur. Es geht nicht um die Preisstabilität, sondern um
politische Stabilität.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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