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Börsen-Zeitung: Die Fed und der Brexit, Marktkommentar von Kai Johannsen

Geschrieben am 27-05-2016

Frankfurt (ots) - Kommt der nächste Zinsschritt in den USA nun im
Juni oder wird sich die US-Notenbank Fed ein weiteres Mal in
Zurückhaltung üben und erst mal nicht an der Zinsschraube drehen?
Diese Frage wird die Marktteilnehmer in den zwei Wochen bis zur
nächsten Zinssitzung des Fed-Offenmarktausschusses am 14. und 15.
Juni beschäftigen, und sie werden wie gewohnt die Konjunkturdaten aus
den USA, die Äußerungen der US-Notenbankvertreter, aber auch die
Entwicklung in Sachen EU-Referendum der Briten - der sogenannte
Brexit - in dieser Hinsicht sehr genau verfolgen.

Zuletzt haben die Fed-Vertreter mit ihren Äußerungen die
Erwartungen an einen weiteren Zinsschritt im Juni geschürt. So sagte
etwa John Williams von der Fed in San Francisco in der gerade
abgelaufenen Woche, dass in diesem Jahr noch zwei bis drei Schritte
nach oben drin seien. Er verwies in diesem Zusammenhang auf eine
robustere Konjunkturentwicklung in diesem Jahr. Er erwartet auch 2017
eine gute Konjunkturlage und rechnet mit einer sinkenden
Arbeitslosigkeit. Alles Gründe, die dafür sprechen, weiter an der
Zinsschraube zu drehen. Eric Rosengren, Chef der Fed von Boston,
erklärte in einem Interview, dass er die Bedingungen für die weitere
Erhöhung des US-Leitzinses im Großen und Ganzen als erfüllt ansieht.
Im Blick haben die US-Notenbanker auch den Arbeitsmarkt. Auf diesen
verwies jüngst James Bullard, Chef der Fed von St. Louis. Er stufte
das Arbeitskräfteangebot in den USA schon als relativ knapp ein. Das
bedeutet tendenziell mehr Verhandlungsmacht bei den Löhnen für die
Arbeitnehmer und kann als Signal für mehr Lohndruck und damit für
Aufwärtsimpulse bei der Inflation eingestuft werden.

Arbeitsmarktdaten im Blick

Deshalb wird auch den US-Arbeitsmarktstatistiken am kommenden
Freitag sehr viel Beachtung zukommen. Im Mittel der Prognosen rechnen
die Volkswirte für Mai derzeit mit 168000 neuen Arbeitsplätzen
(außerhalb der Landwirtschaft) nach 160000 im vorigen Monat. Bei der
Arbeitslosenquote erwarten sie im Schnitt einen Rückgang von 5% auf
4,9%. Bei den Stundenlöhnen sehen sie einen Anstieg von 0,2% nach
0,3% im vergangenen Monat. Sollten die Daten positiv überraschen,
also zum Beispiel deutlich mehr als 200000 neue Arbeitsplätze
geschaffen worden sein, oder sollte ein stärkerer Aufwärtsdruck bei
den Löhnen eingetreten sein, werden sich die Erwartungen an den
Zinsschritt im Juni noch verfestigen. Sie sind ohnehin in den
vergangenen Tagen sprunghaft angestiegen, wozu auch die Äußerungen
der Fed-Vertreter mit beigetragen haben dürften. Nach Angaben der
Commerzbank liegt die an den Fed Funds Futures ablesbare
Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt im Juni nun bei 32%. Die
Experten verweisen weiter darauf, dass sie vor kurzem noch bei unter
5% lag. Das ist ein deutliches Signal.

Aber es ist eben nur ein Signal, und es gibt noch genügend
Unwägbarkeiten auf dem Weg bis zur Zinssitzung Mitte Juni. Der
Schritt ist alles andere als gesetzt. Die Zinssitzung der Fed findet
eine Woche vor dem Abstimmungstermin der Briten über Austritt aus der
EU oder den Verbleib in der Staatengemeinschaft statt. Kommt es
tatsächlich zum Brexit, dürfte das ganz erhebliche Verwerfungen an
den Kapitalmärkten - allen voran den Devisenmärkten, aber auch bei
Aktien und Anleihen - auslösen. Die Fed könnte es vor diesem
Hintergrund vorziehen, lieber zurückhaltend zu bleiben und den
Ausgang des Referendums - wie viele andere Marktteilnehmer auch -
abzuwarten und den Schritt dann auf Juli zu verschieben, anstatt mit
einem Zinsschritt vielleicht weitere Unruhe in die Märkte zu bringen.

Die Fed-Vertreter sind sich aber alles andere als einig in der
Bewertung des Brexit für die Zinspolitik in den USA. Bullard meint,
dass das mögliche Szenario eines Austritts keine Auswirkungen auf die
Zinsentscheidung der Fed haben wird. Das sieht Williams nicht so. Er
meint, dass man wegen des etwaigen Brexit selbstverständlich noch bis
Juli warten könnte.

Yellen in der Defensive

Die Analysten des Hauses M.M. Warburg sehen die Fed mit Blick auf
den Brexit eher in der Defensive. Sie vertreten die Ansicht, dass das
bisherige Agieren der Fed-Präsidentin Janet Yellen dafür sprechen
würde, dass die Fed sich vor dem Referendum eher vorsichtig verhalten
und die Zinsen nicht anheben wird. Die Rentenmärkte bleiben somit
erst mal in einem unruhigen Fahrwasser. In den USA gibt es
tendenziell einen leichten Aufwärtsdruck auf die Renditen. In Europa
wird die Unsicherheit wohl eher dazu führen, dass die Anleger die
sicheren Häfen der Bundestitel ansteuern, was den Renditeauftrieb
deckelt.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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