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Börsen-Zeitung: Ultralangläufer im Visier, Marktkommentar von Kai Johannsen

Geschrieben am 13-05-2016

Frankfurt (ots) - Aus Sicht des Kapitalmarktes hat Spanien seinen
Status als Krisenland nun wohl endgültig abgeschüttelt. Denn anders
lässt sich der erneute Auftritt des Königreiches mit einem
Ultralangläufer, also einer Anleihe mit 50 Jahren Laufzeit, nicht
interpretieren. Nach einer 50-jährigen Anleihe Anfang September 2014
im Umfang von 1 Mrd. Euro gingen die Spanier in der gerade
abgelaufenen Woche nun nochmals in diesem Segment an den Start und
klotzten richtig ran. 3 Mrd. Euro nahmen sie auf, und es hätte auch
noch mehr sein können, denn die Konsortialbanken hatten Orders von
mehr als 10,5 Mrd. Euro bei den Anlegern eingesammelt. Angesichts der
Krisenaufschläge, die das Land einmal bezahlen musste, bekamen die
Iberer das Geld jetzt fast schon zum Billigtarif nachgeworfen. Eine
Rendite von 3,493% zahlt der Bond den Investoren. Die Spanier
statteten die Anleihe mit einem Kupon von 3,45% aus.

Zur Erinnerung: Auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise der
Eurozone - Ende Juli 2012 - zogen die Renditen der Spanier in der
Spitze bis auf knapp unter 8% an, allerdings im zehnjährigen
Laufzeitenbereich. Das Land stand mit dem Rücken zur Wand. Mario
Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), sprang den
Krisenstaaten seinerzeit, als Spanien immer tiefer in Krisenstrudel
gezogen wurde, mit seinem nun schon legendären "Whatever it takes"
zur Seite. In diesem Jahr hat Spanien schon rund 43% der diesjährigen
Refinanzierung über mittlere und lange Bonds in trockenen Tüchern -
nach gerade viereinhalb Monaten also fast die Hälfte des Bedarfs.

Test des Vertrauens

Für die Peripherie des gemeinsamen Währungsraumes sind solche
Auftritte am ultralangen Marktende ein klarer Test, inwieweit die
Investoren Vertrauen in den Schuldner bei solchen Fälligkeiten haben.
Offensichtlich ist das vorhanden, wie die Orderlage zeigt. Und die
Investoren haben schlichtweg Appetit auf solche Bonds, der in dieser
Zeit nicht von ungefähr kommt. Denn hier wirkt auch das
Bondkaufprogramm der EZB, allerdings nur indirekt. Denn direkt ist
die EZB bei diesen Fälligkeiten am Markt nicht involviert - weder bei
den Emissionen am Primärmarkt noch später am Sekundärmarkt. Denn die
europäischen Währungshüter kaufen nur Laufzeiten von bis zu 30 Jahren
(und 364 Tage, um genau zu sein).

Indirekt wirkt das Kaufprogramm aber folgendermaßen: Die
Anleihekäufe der EZB drücken die Renditen der betreffenden Anleihen
immer weiter herunter. Das gilt zum einen für diese Marktsegmente
(Staatsanleihen, Regionalanleihen, Covered Bonds, Asset Backed
Securities, Unternehmensanleihen etc.) und zum anderen für die Kurve
von eben bis zu 30 Jahren. Das führt zu Verdrängungseffekten bei den
Investoren. Die auf der Suche nach Rendite befindlichen Anleger
müssen sich nach Alternativen umsehen, wenn sie noch auskömmliche
Renditen erwirtschaften wollen. Ein Ausweg aus dem Dilemma besteht
darin, die Kurve immer weiter hinaufzuwandern. Und rund 3,5% sind für
viele Anleger eine sehr willkommene Rendite, insbesondere für
Pensionsfonds und Versicherer, die so etwas gern ins Portfolio
nehmen.

Gerüchteküche brodelt

Bei so einem Erfolg der Spanier ist es kaum verwunderlich, dass am
Markt die Gerüchteküche brodelt, wer nun in die Fußstapfen treten
könnte. Italien - wird herumgereicht - habe ebenfalls Pläne für einen
Ultralangläufer. Das ist gut vorstellbar. Österreich soll sich laut
Marktakteuren aber auch mit dem Gedanken tragen, einen 50-jährigen
Bond zu bringen. Den Österreichern wird auch immer wieder nachgesagt,
dass sie Interesse an Duration haben, also an langen
Kapitalbindungsdauern. Und vielleicht kommt ja auch noch Irland, das
Ende März schon einen 100-jährigen Bond zu einer Rendite von 2,35%
emittiert hat.

Und so stellt sich mancher Marktakteur die Frage, ob auch die
besten Bonitäten der Eurozone - die Triple-A-Staaten - vielleicht
auch Geschmack an diesen Laufzeiten gefunden haben. Wie sieht es in
dieser Hinsicht beim Bund aus? Die Deutschen bleiben zurückhaltend,
wie sich auf Nachfrage dieser Zeitung beim Schuldenmanager, der
Deutschen Finanzagentur, herausgestellt hat. "Das Interesse der
Investoren am 50-jährigen Laufzeitbereich erscheint nicht nachhaltig
genug, um eine weitere liquide Benchmark-Laufzeit zu etablieren.
Insofern bieten sich Emissionen durch den Bund in diesem Bereich
nicht an", wurde mitgeteilt. Am Markt heißt es, dass die
Handelbarkeit dieser Papiere nicht gut genug ist. Somit müssen die
Anleger weiter auf die Peripherie und auf Frankreich ausweichen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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