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Börsen-Zeitung: Die Jahrhundertfusion, Kommentar zur DZ Bank und WGZ Bank von Bernd Wittkowski

Geschrieben am 19-11-2015

Frankfurt (ots) - Herzlichen Glückwunsch - unter Vorbehalt. Wir
haben schon vermeintliche Traumhochzeiten von Banken gefeiert,
zwischen denen wenige Jahre später ein Rosenkrieg tobte und die bald
darauf wieder getrennte Wege gingen, aus ganz unterschiedlichen
Gründen. Oder wir haben Paaren zur Fusion gratuliert, die dann noch
kurz vor dem Standesamt auf dem Absatz kehrtmachten. Das war ja nicht
zuletzt eine Spezialität der beiden genossenschaftlichen
Zentralinstitute, die es jetzt zum wiederholten Male miteinander
versuchen und am Donnerstag per Absichtserklärung so etwas wie ihre
neuerliche Verlobung annoncierten: DZ Bank und WGZ Bank. Hinter ihnen
liegt eine 14-jährige Geschichte der Fehlversuche, an die sie sich
natürlich nicht gerne erinnern lassen möchten.

Aber sicher: "Es wächst zusammen, was zusammengehört", "Anlass zur
Freude für die gesamte genossenschaftliche Finanzgruppe" oder
"historischer Moment", so die Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Kirsch
und Hans-Bernd Wolberg, das kann man alles unterschreiben. Und man
möchte durchaus auch glauben, dass die Gefahr des Scheiterns diesmal
wirklich nahezu vernachlässigbar ist, weil die Akteure potenzielle
Dealbreaker durch bedeutende beiderseitige Zugeständnisse in einem
frühen Stadium aus dem Weg geräumt und sich beizeiten des Rückhalts
von Eigentümern und Gremien versichert haben. Es hat nach
unterschiedlichen Kriterien auch hierzulande in der Finanzwirtschaft
schon größere Zusammenschlüsse gegeben, nicht unbedingt alle mit
Vorbildcharakter. Dennoch bedeutet die Schaffung einer vereinigten
Zentralbank für sämtliche zurzeit 1026 Genossenschaftsbanken eine
Jahrhundertfusion - schon wegen des Abschlusses eines historischen
Prozesses, der 1872 mit der Gründung der Rheinischen
Landwirtschaftlichen Genossenschaftsbank als erster regionaler
Zentralkasse begonnen hatte. Bis zum Jahr 1907 entstanden 58 dieser
Institute, die den Mittelbau des genossenschaftlichen Kreditwesens
bildeten.

Überzeugende Logik

Seit 2001 die DZ Bank aus der Taufe gehoben wurde, war die WGZ
Bank, deren ältester Vorläufer, die Ländliche Centralkasse, auf das
Jahr 1884 zurückgeht, der letzte Vertreter dieser Spezies. Hier wird
also mit der Abschaffung der mittleren Stufe zwischen Volks- und
Raiffeisenbanken und Zentralinstitut oder, in einer anderen
Betrachtung, mit der Überwindung der letzten regionalen
Zuständigkeitsgrenzen (WGZ Bank: 182 Banken im Rheinland und
Westfalen; DZ Bank: 844 Banken im Rest der Republik) fürwahr
Bankgeschichte geschrieben.

Die strategische Logik dieser Kräftebündelung überzeugt sofort und
war ja als solche auch in der Vergangenheit im Grunde nicht
umstritten. Zwar sind beide Häuser auch in der heutigen Struktur weit
von dem entfernt, was man als "Kleinstaaterei" bezeichnen könnte.
Andererseits passen beide in ihrer verbundorientierten Ausrichtung
und ihren Kulturen perfekt zueinander, während zugleich geschäftliche
Überschneidungen und damit Doppelungen von Infrastrukturen und
Mitarbeitern, aber wiederum auch komplementäre Kompetenzen evident
sind.

Den Luxus, die darin schlummernden Ertrags- und Kostensynergien zu
verschenken, muss man sich leisten können, zumal in Zeiten von
Niedrig-, Null- und Negativzinsen, von Hyperregulierung, des
Megatrends Digitalisierung sowie beinharten Wettbewerbs und damit
verbundenen Margendrucks. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt
einer Fusion beantwortet sich mithin von alleine - vorausgesetzt,
beide Partner können aus einer Position der Stärke agieren, und das
ist hier der Fall.

Friede, Freude, Eierkuchen

Es kommt hinzu, dass die Trennung auf der Zentralbankenebene
angesichts der sonstigen Verbundstrukturen längst wie ein Relikt
wirkt. Anders als Sparkassen und Landesbanken haben die
Kreditgenossen seit langem einen Assetmanager (Union Investment),
eine Versicherungsgruppe (R+V), ein Ratenkredithaus (TeamBank), eine
Bausparkasse (Schwäbisch Hall), seit einigen Jahren auch nur noch
eine Private-Banking-Einheit (DZ Privatbank) und seit kurzem eine
Rechenzentrale (Fiducia & GAD IT), allerdings immer noch drei
Hypothekenbanken. Alles in allem macht es wenig Sinn, bei den
Zentralbanken weiter zweigleisig zu fahren - umso weniger Sinn, wenn
durch die Fusion eine spürbare Kapitalentlastung winkt.

So weit, so gut. Doch die Jahrhundertfusion vermag nicht voll zu
überzeugen. Teilweise haben die Partner den kleinsten gemeinsamen
Nenner gefunden (Beispiel Marke), zugleich überladen sie ihr Projekt
unnötig mit Komplexität (Governancestruktur), in anderen Punkten
(Arbeitsplätze, Bewertung, Einmalkosten der Fusion) bleiben sie
bestenfalls im Ungefähren. Dass etwa die Marke "DZ Bank. Die
Initiativbank" heißen muss, um krampfhaft Elemente beider Häuser zu
vereinen, kann man als Schnickschnack abbuchen. Gravierender ist die
geplante zusätzliche Strategie- und Steuerungsholding, eine alte
Lieblingsidee der WGZ, durch die die DZ Bank von der Mutter zur
Schwester der Verbundunternehmen mutieren soll. Die Vorteile
erschließen sich nicht wirklich, stattdessen schafft man einen
kostenträchtigen Wasserkopf.

Ein weiterer Preis dafür, dass der Aufsichtsratsvorsitz an die
DZBank geht? Obendrein wird das neue Gebilde weit über die
Integrationsphase hinaus bis zu der für 2020 geplanten Transformation
in die Holdingstruktur zur Dauerbaustelle. Was schließlich Standorte
und Arbeitsplätze angeht, klingen die äußerst vagen Auskünfte Kirschs
und Wolbergs sehr nach "Friede, Freude, Eierkuchen". Klarere Ansagen
hätte man zu diesem Zeitpunkt schon erwarten dürfen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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