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Handelsexperte Prof. Thomas Roeb: "HBC versteht den deutschen Einzelhandel nicht!"

Geschrieben am 05-06-2015

Rheinbach (Bonn) (ots) - Zu den heutigen Pressemeldungen, wonach
Hudson's Bay Company (HBC) den Kaufhof übernehmen möchte, erklärt
Handelsexperte Prof. Dr. Dr. Thomas Roeb M.A. vom Fachbereich
Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. "Die
Berichte zeigen, dass die allgemeinen Befürchtungen Wirklichkeit zu
werden drohen. HBC hat allem Anschein nach wenig Verständnis für den
deutschen Markt. Und mehr noch: offenbar setzt man gezielt auf
Maßnahmen, die so allesamt schon mehrmals in Deutschland erfolglos
probiert wurden. In den Medien heißt es u.a.: Der Investor, der
derzeit offenbar sein Angebot an die Karstadt-Mutter Metro
vorbereitet, wolle der Warenhauskette wieder mehr Leben einhauchen,
sie aufregender und damit deutlich größer und ertragreicher machen."
Dazu Handelsexperte Prof Roeb: "Leben einhauchen, aufregender machen?
Offenbar hält man die deutsche Einzelhandelswelt für rückständig oder
gar unfähig. Bei den hiesigen Anbietern etwa Peek & Cloppenburg,
Breuninger und KaDeWe Group ist sehr viel Leben und sehr viel
Aufregung. Diese Äußerungen sind eher nette aber bedeutungslose
Worthülsen und zeugen von wenig Kenntnis des Marktes. Zudem gehen sie
an der Kernzielgruppe der Kaufhauskunden völlig vorbei. Warenhäuser
sprechen in Deutschland Kunden älter als 45 Jahre an. Die
überwiegende Zahl der Häuser sind Galeria und City-Häuser, die eher
lokale Kunden mit einem Bedarfsdeckungs-, Versorgungs- und
Convenience-Bedürfnis ansprechen. Hier spielt ein gutes
Preis-Leistungs-Verhältnis eine größere Rolle als ein gutes
Ladendesign. Zudem ist der deutsche Warenhausmarkt stark umkämpft.
Deutschland hat weltweit eine der höchsten Einzelhandelsflächen pro
Einwohner. Andererseits schrumpft die deutsche Bevölkerung wovon
insbesondere Klein- und Mittelstädte sind betroffen. Hier eine
Phantasie von neuen Warenhäusern zu entwickeln ist wenig plausibel.

Weiter heißt es: "Die Kunden sollten von einem cleanen, klaren
Ladenaufbau angezogen werden. Die Ware solle stärker inszeniert, die
Fläche nicht mit Produkten zugestellt werden." Roeb dazu: "Wer macht
das denn? Werden bei Kaufhof die Flächen mit Produkten zugestellt?
Wird Ware nicht genug inszeniert? Und vor allem: Wer glaubt denn
allen Ernstes, dass die möglichen Probleme bei Kaufhof im Bereich
fehlender Inszenierung liegen?! HBC scheint hier offensichtlich nicht
zu erkennen, worauf es im deutschen Einzelhandel ankommt: aktuelle,
aber nicht exzentrische Mode zu wettbewerbsfähigen, vielleicht sogar
günstigen Preisen.

Die Berichterstattung fährt fort: "Damit, sowie mit der Stärkung
der Bedeutung des Omnichannel-Konzeptes und Veränderungen im
Sortiment - etwa dem radikalen Ausbau des Schuh-Angebotes - habe der
börsennotierte Konzern bei früheren Übernahmen bereits deutliches
Wachstum erzielt." Prof Roeb: "Omnichannel ist doch eine
Binsenweisheit. Alle stationären Händler versuchen das schon seit
langem und verlieren trotzdem gegen Zalando und andere Anbieter. Und
ausgerechnet Schuhe? Ein Markt, der 10 - 15% des Bekleidungsmarktes
ausmacht? Gerade das für Warenhäuser relevante mittlere Segment bei
Schuhen hat sichin den vergangenen Jahren negativ entwickelt. Die
Ursache liegt in einem Druck von unten durch die dominierende
Deichmann Gruppe sowie den Druck von Oben und in der Mitte durch
Vertikale und Lifestyle Marken, die mit eigenen Monolabelstores
expandieren. Die massive Expansion beispielhaft im Schuhmarkt ist
daher kritisch zu hinterfragen, insbesondere im für Warenhäuser
relevanten Segment. In den USA erfolgreiche Schuh-Konzepte wie Aldo
sind in Europa gescheitert. Andere wie z.B. Nine West haben sich an
den deutschen Markt bislang zu recht noch nicht herangetraut. Die
Ausweitung des Schuh-Angebots ist eine strategische Sackgasse. Man
muss vielmehr darüber nachdenken, wie das Kerngeschäft - Bekleidung -
leistungsfähig gemacht werden kann

Weiter heißt es: "Elemente von Saks könnten unter dem Dach des
Kaufhof Platz finden, die Kette werde aber den Namen Kaufhof
behalten." Prof Thomas Roeb: "Um Gottes willen - ausgerechnet Saks,
das Super-Premium-Konzept, wollen sie in den Markt importieren,
dessen ungekrönte Könige derzeit die fast-fashion Spezialisten sind,
H&M, Zara und Primark heißen? Das ist weltfremd und zum Scheitern
verurteilt und erscheint mir eher als Lippenbekenntnis, um Kunden und
die Öffentlichkeit nicht abzuschrecken.

Und schließlich wird berichtet: "Man habe sich bisher auch schon
auf die Unterschiede zwischen den Anforderungen des Geschäftes in dn
USA und Kanada eingestellt. Dazu erklärt Professor Roeb: "Welche
Unterschiede zwischen USA und Kanada? Zwischen Bayern und
Mecklenburg-Vorpommern gibt es mehr Unterschiede als zwischen Kanada
und USA. Das ist genau die falsche Einstellung: "Wir wissen schon wie
es geht". Daran ist Wal-Mart gescheitert. Daran sind Jennings und
Berggruen gescheitert. Erfahrung kann auch ein Ballast sein, wenn es
die falsche Erfahrung ist. Kaufhof wäre nicht nur die erste Aktivität
außerhalb Nordamerikas, es wäre auch die erste Aktivität innerhalb
Deutschlands. Deutschland ist innerhalb Europas zwar der größte, aber
auch der kompetitivste und schwierigste Markt. In Deutschland sind in
den vergangenen Jahren diverse angelsächsische Händler gescheitert
allen voran Wal-Mart mit einem Totalverlust von rund 3 Mrd. EUR. Ich
möchte mir nicht vorstellen, was passiert wenn HBC mit solchen
Konzepten wie den oben propagierten beim Kaufhof zum Zug kommt.
Klingt fast nach Wal-Mart 2.0!"

Quelle:
Handelsexperte Prof. Dr. Dr. Thomas ROEB, M.A.
Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
53359 Rheinbach



Pressekontakt:
thomas.roeb@h-brs.de
+49 163 6692490


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