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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Pegida-Demos in Dresden

Geschrieben am 15-12-2014

Bielefeld (ots) - Ohne Rücksicht auf potenzielle CDU-Wähler unter
den »Pegida«-Demonstranten hat Angela Merkel eine klare Grenze
gezogen. Gemessen daran, dass die Kanzlerin nicht als schnelle
Entscheiderin bekannt ist, sorgt ihr Machtwort für Erstaunen - und
setzt die CDU deutlich von der AfD ab. Merkels Vorstoß ist auch
mutig, weil laut einer aktuellen Umfrage 49 Prozent der Bürger
Verständnis für die Anti-Islam-Demonstrationen haben. Normalerweise
nimmt die Regierungschefin Rücksicht auf die Stimmung im Volk. Bei
»Pegida« dürfte sie jedoch die internationale Wirkung im Blick haben,
die von den Umzügen ausgehen könnte. Die Parteien wissen nicht so
recht, wie sie mit der Bewegung »Patriotische Europäer gegen die
Islamisierung des Abendlandes«, kurz »Pegida«, umgehen sollen.
Deutlichstes Zeichen dafür: Drei politische Talkshows in Folge haben
sich mit dem Phänomen befasst. Dabei spielt das öffentlich-rechtliche
Fernsehen keine gute Rolle, wenn es in den Sendungen nur darum geht,
Zerrbilder zu zeichnen. Es ist nicht seriös, von drei zwielichtigen
Organistoren der Dresdener »Pegida«-Demonstrationen auf die
Geisteshaltung von 10 000 Menschen zu schließen. In dem Zusammenhang
pauschal von »Nazis in Nadelstreifen« zu sprechen, wie es
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) getan hat, ist falsch und wenig
hilfreich. Auch die Forderung des Bundesjustizministers Heiko Maas
(SPD) nach einem »breiten Gegenbündnis der gesamten
Zivilgesellschaft« führt nur zu dem Ziel, die »Pegida«-Demonstranten
als Rechtsradikale zu verteufeln. Maas' (beabsichtigter?) Denkfehler:
Die große Mehrheit der Leute, die gegen die von ihnen gefühlte
Veränderung Europas auf die Straße geht, zählt sich selbst zur Mitte
der Zivilgesellschaft. »Pegida« hat - vorerst nur in Dresden - ein
Ventil geöffnet, aus dem sich eine diffuse Mischung Frust entlädt.
Frust darüber, dass die Politik keine Antworten auf Fragen findet,
die unsere Identität betreffen. Warum haben Männer, die für den
»Islamischen Staat« (IS) kämpfen, einen deutschen Pass? Wieso
gewähren Gerichte Gewalttätern aus fremden Kulturkreisen bei der
Bestrafung oft einen Werterabatt? Die »Pegida«-Bewegung ist ein
verstörendes Phänomen, das sich kaum greifen lässt. Die größte
Gemeinsamkeit der Montagsmarschierer ist das Gefühl, in einer ihnen
fremder werdenden Gesellschaft zu leben. Allerdings kann davon in
Sachsen überhaupt keine Rede sein. Dort, wo im Westen der Anteil von
Muslimen ungleich höher liegt, gibt es wenige oder keine Proteste.
Kann »Pegida« also im Zuge der Wahlrerfolge der AfD in Thüringen und
Brandenburg vorrangig als Ost-Problem behandelt werden? Wenn ja, wäre
das 25 Jahre nach dem Fall der Mauer ziemlich bedenklich.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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