(Registrieren)

MEDIENTAGE MÜNCHEN 2014 Eröffnung und Fernseh-Gipfel: Kein Spaziergang, kein Gipfelsturm, aber eine Tour d'Horizon

Geschrieben am 22-10-2014

München (ots) - Digitale Geschäftsmodelle und ihre Regulierung,
die aktuelle Transformation des (On-line-)Fernsehens und die Frage
nach publizistischer Qualität: Bei der Auftaktveranstaltung der
MEDIENTAGE MÜNCHEN wurde deutlich, wie eng diese Themenfelder
zusammenhängen, wenn es darum geht, Orientierung in einer digitalen
Medienwelt zu schaffen. Als zentrale Überschrift diente dabei das
Kongress-Motto "Kein Spaziergang. Wege zur digitalen
Selbstverständlichkeit". "Letzten Endes setzt sich immer wieder
Qualität durch", antwortete der Bayerische Ministerpräsident Horst
Seehofer, als er bei einem Interview auf dem Podium von Moderatorin
Jeannine Michaelsen nach seiner Prognose für zukünftige
Medienentwicklungen befragt wurde. Die Politik habe die Aufgabe,
unterschiedliche Interessen auszugleichen und auszubalancieren. Es
gehe darum, in der Internetwelt möglichst viele Dinge zu ermöglichen,
etwa die Erfassung und Analyse digitaler Daten zum Wohle der
Menschen. In Anspielung auf Diskussionen über die große Marktmacht
amerikanischer Online-Konzerne merkte Seehofer schlicht an: "Ich
schimpfe nicht über Google, ich nutze es." Selbstbewusst gelte es,
sich eigene Geschäftsmodelle für ähnliche Erfolge auszudenken. Am
Ende würden Menschen immer diejenigen Medien bevorzugen, von denen
sie sich den größten Nutzen versprechen. Das gelte auch für das
Fernsehen. Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen
Landeszentrale für neue Medien (BLM) und Vorsitzender der
Gesellschafterversammlung der MEDIENTAGE MÜNCHEN, sagte, angesichts
von Digitalisierung und Globalisierung sei ein fairer Wettbewerb nur
möglich, wenn für alle Wettbewerber vergleichbare rechtliche
Rahmenbedingungen gelten würden: "Je weiter durch die Konvergenz die
Grenzen zwischen Rundfunk, Internet und Print verschwimmen, umso mehr
müssen wir die aktuellen Regulierungsnormen für stark regulierte
Medienmärkte wie Hörfunk und Fernsehen hinterfragen", regte der
BLM-Präsident an. Um Menschenwürde, Urheberrechte und Vielfalt zu
schützen und den Jugendmedienschutz zu sichern, sei ein "europaweit
abgestimmtes Verfahren" erforderlich. Die aktuelle Situation der
Medienbranche "zwischen linearem Fernsehen, Video on Demand und
Streaming" bewertete Schneider optimistisch und sprach von einer
"neuen, Erfolg versprechenden Ära von Bewegtbildangeboten".

Die komplexen Spielregeln und Rahmenfaktoren der digitalen
Ökonomie beleuchtete zum Auftakt der MEDIENTAGE MÜNCHEN auch die
Keynote von Timotheus Höttges. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen
Telekom AG analysierte bei einer Tour d'Horizon, dass Skalenvorteile
wie Größe und Netzwerkeffekte über den Erfolg im Internet
entscheiden. Ziel der großen US-Internetkonzerne seien Monopole. "Für
das einzelne Unternehmen mag das vielleicht gut sein. Aber es ist
schlecht für die Gesellschaft", warnte Höttges. Er forderte, statt
geschlossener Systeme (z.B. Amazon Kindle, Apple) offene Standards zu
schaffen, und zwar "am besten zusammen mit Partnern, die die
Wertschöpfung der Internetwelt kennen und sie auch entsprechend
beherrschen".

Höttges referierte, eine zentrale Rolle spiele künftig auch das
Phänomen Big Data. Der amerikani-sche Streaming-Dienst Netflix
analysiere täglich vier Millionen Kunden-Bewertungen und dreißig
Millionen Streams. Auf einer solchen Basis ließen sich
personalisierte Multimedia-Angebote schaf-fen, so erklärte Höttges,
die Text-, Bild-, Audio- und Video-Elemente kombinieren. Um im
globalen Medienwettbewerb mithalten zu können, komme es nicht nur auf
Inhalte (Content) an, sondern auch auf gute Empfehlungs-Algorithmen
(Recommandation) und auf einfache Bedienbarkeit (Usa-bility).
Voraussetzung seien hybride Netze, um verschiedene Technologien wie
Rundfunk, WLAN, Festnetz und Mobilfunk zu vereinen. An die
Medienpolitik wandte sich Höttges mit folgender Kritik: "Wir haben es
in vielen Bereichen mit einer Überregulierung und in anderen mit
einer Fehlregulierung zu tun." Wenn Größe ein ent-scheidender Faktor
der digitalen Ökonomie sei, müsse auch europäische Größe möglich
sein. Für die Datenübertragung forderte der Telekom-Chef verschiedene
Qualitätsklassen. Schließlich ent-spreche es der wirtschaftlichen
Logik, "wenn unterschiedliche, wichtige Datentransporte auch
un-terschiedlich bezahlt werden müssen". Zum Thema Big Data merkte
Höttges an, es helfe nicht, die Auswertung großer Datenmengen zu
blockieren. Vielmehr müssten geeignete Algorithmen eingesetzt werden,
um bessere und individualisierte Produkte anzubieten. Voraussetzung
dafür seien der Schutz der Privatsphäre durch die Anonymisierung und
Pseudonymisierung aller Daten. Die Frage nach der Gewinnung von
Nutzungsdaten spielte auch eine zentrale Rolle bei der Diskussion der
ersten großen Gipfel-Veranstaltung der MEDIENTAGE MÜNCHEN. Während
die klas-sischen TV-Programmanbieter noch immer auf Daten der
repräsentativen GfK-Erhebung zurückgreifen müssen, operieren Anbieter
von Video on Demand im Internet schon mit viel detaillierteren
Nutzerprofilen. "Wir können viel besser sehen, was das Publikum
will", argumentierte Christoph Krachten. Er ist Präsident von
Mediakraft Networks. Das Unternehmen vermarktet als
Multi-Channel-Network mehr als 2.500 Streaming-Angebote (Youtube) und
erreicht nach eigenen Anga-ben insgesamt etwa 16 Millionen Zuschauer.
Vorteil von Online-Videos sei, dass die Anbieter je-derzeit sehen
könnten, was wie stark akzeptiert werde. Dr. Christoph Schneider,
Geschäftsführer der Amazon Instant Video Germany GmbH, schilderte,
wie Amazon für sein Streaming-Angebot (Amazon Instant Video)
Pilot-Fassungen neuer Serien gratis ins Internet stellt, um den
möglichen Erfolg zu testen. Findet das bessere Fernsehen also längst
non-linear im Internet statt? Die Vertreter der großen
TV-Programmanbieter sind anderer Ansicht. Der ARD-Vorsitzende und
NDR-Intendant Lutz Mar-mor unterstrich, viele könnten die
Online-Videos gar nicht nutzen. Schließlich verfüge noch immer etwa
ein Fünftel der Bevölkerung über keinen Internetzugang. Wolfgang
Link, Vorsitzender der Geschäftsführung von ProSiebenSat.1 TV
Deutschland, betonte, für die großen TV-Events bleibe die
gleichzeitige lineare Ausstrahlung eine wichtige Voraussetzung. Über
den Second Screen könnten dann begleitende Angebote unterbreitet
werden. "Der große Screen wird weiter klar von den großen Sendern
bespielt werden", sagte Link voraus. Dort werde "Exklusivität und ein
Must-See-Gefühl" geboten. TV-Moderator und Produzent Klaas
Heufer-Umlauf, der die Diskussion auf dem Fernseh-Gipfel leitete,
wollte wissen, wer künftig die Inhalte für den TV-Bildschirm im
Wohnzimmer dominiere. Bei Live-Events gebe es zur linearen
Ausstrahlung auf große Bildschirme keine Alternative, urteilten die
Experten einhellig. Zusätzlich biete das Internet aber eine Fülle
spannender Möglichkeiten. Zu den Vorteilen von Youtube etwa zähle,
dass dort neue Formate zu niedrigen Kosten getestet wer-den könnten,
sagte Sharzad Rafati, Gründerin und Geschäftsführerin von Broadband
TV.

Das Unternehmen Broadband TV vermarktet Online-Videos, ist eines
der größten Multichannel-Networks weltweit und betrachtet Deutschland
als einen Schlüssel-Markt. Rafati lobte die hohen Qualitätsstandards
des dualen Rundfunksystems. Broadband TV habe die Größe seines
Netzwerkes im vergangenen Jahr verdoppelt und wolle die Lücke
zwischen den "alten Medien" und den "neuen Playern" schließen. "Das
Publikum sagt ihnen, was es möchte", lautete Rafatis kategorischer
Imperativ, der auf der Überzeugung beruht, dass die Auswertung von
Online-Nutzerdaten das ideale Instrument zur Planung erfolgreicher
TV-Formate ist. Gary Davey, der als Executive Vice President das
Programm von Sky Deutschland verantwortet, ist da anderer Ansicht:
Die Magie am TV-Geschäft sei doch, "dass niemand weiß, was die
Zuschauer eigentlich sehen wollen, und die Zuschauer selbst dies auch
nicht wissen, bis sie es endlich sehen." Eine ähnliche Meinung
vertrat auch Prof. Nico Hofmann. Der Produzent und Vorsitzende der
Geschäftsführung der UFA Fiction GmbH forderte ein Bekenntnis zur
Qualität. "Wir wollen keine Berieselung", zeigte sich Hofmann von
anspruchsvollen Stoffen überzeugt. Nur mit ihnen könne man sich
angesichts der unendlichen Zahl neuer Plattfor-men und Angebote
wirkungsvoll auf dem Weg in die Zukunft von anderen unterscheiden -
kein Spaziergang eben.

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.medientage.de



Pressekontakt:
Medientage München
Anja Kistler
Telefon: 089/68999250
Fax: 089/68999199
anja.kistler@medientage.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

553612

weitere Artikel:
  • "Landesschau aktuell" jetzt um 19.30 Uhr / Ab 3. November 2014 Nachrichten für das Land 30 Minuten lang / "Landesschau" wie bisher ab 18.45 Uhr im SWR Fernsehen Mainz (ots) - Für viele Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer sind die Fernsehnachrichten "Landesschau aktuell" und das Magazin "Landesschau" die Sendungen, die sie täglich über die Themen im Bundesland informieren. Ab dem 3. November können sie die "Landesschau aktuell" bereits um 19.30 Uhr einschalten. Die um 15 Minuten erweiterte Sendezeit ermöglicht es, aktuelle Themen besser einzuordnen und zu vertiefen. Zusätzliche Interviews mit Akteuren, Grafiken und Reportage-Beiträge veranschaulichen das Tagesgeschehen und helfen, mehr...

  • N24 LIVE am 23. Oktober: Pressekonferenz der Hamburger Ärzte zur Heilung des Ebola-Patienten Berlin (ots) - Morgen früh findet eine Pressekonferenz mit den Ärzten des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) statt. Bislang beriefen sich diese auf die ärztliche Schweigepflicht, weshalb keine Details zur erfolgreichen Behandlung des Ebola-Patienten im UKE veröffentlicht werden durften. Nun hat der Anfang Oktober entlassene Senegalese die behandelnden Mediziner von ihrer Schweigepflicht befreit. Die Pressekonferenz mit den Ärzten des UKE überträgt N24 live ab ca. 10 Uhr. Pressekontakt: Cornelia Felber N24 Programmkommunikation/Marketing mehr...

  • Newsroom.de: Nach der Kapitulation von VG Media: Endlich auf das eigene Verbreitungsgebiet konzentrieren / Kommentar von Bülend Ürük Berlin (ots) - Die Entscheidung im Wettstreit mit Google ist gefallen. Die deutschen Verlage haben eine Niederlage erlitten, das Leistungsschutzrecht ist Geschichte. Können die Medienhäuser endlich anfangen, sich tatsächlich auf die Zukunft vorzubereiten? Von Bülend Ürük. Die Presseaussendung, die VG Media heute Abend verbreitet hat, liest sich wie eine Kapitulation. "Google lehnt Waffenruhe ab" und "Presseverlage beugen sich Druck Googles" - als ob Eric Schmidt sich mit seiner M1 Abrams vor deutsche Medienhäuser gestellt hätte mehr...

  • Rackam, Cascades und die Regierung von Quebec weihen Solaranlage ein Montreal (ots/PRNewswire) - Rackam, Cascades und die Regierung von Quebec weihen offiziell Kanadas grösste industrielle Solarthermieanlagen im Industriekomplex von Cascades ein. Nach den vorherigen Projekten von Rackam in Spanien und Portugal nutzt auch diese CSP-Anlage (CSP - Concentrated Solar Power) parabolische Spiegel, um die Sonneneinstrahlung zu bündeln, womit zusätzliche Wärme von 1 MWh produziert wird, die Cascades dazu nutzt, seine gesamten Energiekosten und seine Treibhausgasemissionen zu senken. Dieses Projekt mehr...

  • Atlantis, The Palm in Dubai richtet internationale Blockbuster-Filmpremiere für "Happy New Year" aus Dubai, Vae (ots/PRNewswire) - Die exklusive Veranstaltung mit grossem Staraufgebot war das gefragteste Event in Dubai Im Hotel Atlantis, The Palm in Dubai wurde gestern Abend die Welturaufführung von Regisseur Farah Khans Film "Happy New Year" gefeiert; unter den Anwesenden war das grosse Starensemble, darunter Deepika Padukone, Shah Rukh Khan, Abhishek Bachchan, Boman Irani, Vivaan Shah, Sonu Sood und Jackie Shroff. Zur Ansicht des Multimedia News Release klicken Sie bitte hier: http://www.multivu.com/players/English/72762573-atlantis-the-palm- mehr...

Mehr zu dem Thema Sonstiges

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Sat1.de mit neuem Online-Spiele-Portal Sat1Spiele.de / SevenOne Intermedia baut Bereich Games weiter aus

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht