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Rheinische Post: Wahlsieg für die große Koalition Kommentar Von Michael Bröcker

Geschrieben am 25-05-2014

Düsseldorf (ots) - Eines vorneweg: Egal, ob Europa- oder
Kommunalwahl in NRW, die große Mehrheit der Bürger hat sich bei der
gestrigen Abstimmung für die regierenden Parteien in Berlin
entschieden. Die große Koalition kann sich bestätigt fühlen. Die
letzten Bundesregierungen hatten kurz nach ihrem Start meist von den
Wählern in den Ländern und Kommunen eine Abreibung bekommen. Diese
Prüfung haben Union und SPD bestanden, nur die CSU bekam Kratzer ab.
Merkel und die SPD, das tut keinem wirklich weh. Wie Mehltau liegt
die Wohlfühl-Politik von Schwarz-Rot über diesem Land, dessen robuste
Konjunktur selbst neuen milliardenschweren Rentenpaketen standhält.
Die Botschaft der Wähler lautet wieder einmal: Merkel wird's schon
richten. Dass die Union bei diesen Wahlen aus dem 40-Prozent-Turm
absteigen musste, hat mehrere Gründe. Die rüpelhafte Rhetorik der CSU
dürfte Wähler irritiert haben. Mehr noch aber dürfte die passive
Rolle der Konservativen im Bund Stammwähler verärgert haben. Die
Wirtschaftskompetenz, einst eine Domäne der Union, ist angesichts der
Milliardenausgaben auf Kosten künftiger Beitrags- und Steuerzahler
nicht zu erkennen. Einige Leistungsträger dürften ihr Kreuz da lieber
bei den ökonomisch Radikalen der Alternative für Deutschland gemacht
haben. Die Wahl ist deshalb auch eine Warnung an die Kanzlerin, die
links neben sich durchregieren lässt. Eine Warnung. Mehr aber auch
nicht. Die Union bleibt Europapartei. Sie ist zum achten Mal
hintereinander stärkste Kraft im EU-Parlament. Die Frage, wer
Kommissionschef wird, dürfte sich Angela Merkel nicht aus der Hand
nehmen lassen. Die Jubelfeier bei der SPD wirkte indes putzig. Zwar
legte die SPD auf 27 Prozent zu. Sie lässt sich im Willy-Brandt-Haus
aber feiern, als habe sie soeben die absolute Mehrheit bei der
Bundestagswahl erreicht. Zur Erinnerung: 2009 erreichte die SPD bei
der Europawahl 20,8 Prozent. Schlechter ging es kaum. Die Feierstunde
von Sigmar Gabriel dürfte gestern seinem ausgeprägten Talent zur
Autosuggestion zu verdanken sein. Eine ehrliche Analyse sähe anders
aus. An Rhein und Ruhr dominiert ebenfalls die CDU. Das Ergebnis der
Kommunalwahl von 2009 gehalten und die Schmach bei der Landtagswahl
2012 ausgewetzt. Dies dürfte in erster Linie der soliden CDU-Politik
in vielen Kreistagen und Stadträten geschuldet sein. Es ist aber auch
ein Hoffnungswert für den neuen Landeschef Armin Laschet. Die
Führungsfrage in der NRW-CDU ist geklärt, Laschet kann den ersten
Sieg vorweisen. Er dürfte das Votum auch als Ermutigung verstehen,
einen selbstbewussteren Auftritt in der Landespolitik hinzulegen.
Bisher war sein inhaltlicher Kurs eher diffus. Auch
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat den Stresstest ihrer
ersten Kommunalwahl als Regierungschefin ohne Bravur bestanden. Im
Vergleich zu den aus SPD-Sicht eher dürftigen Kommunalwahlen 2004 und
2009 haben die Genossen nun leicht zugelegt. In einigen Städten
könnten der SPD noch Achtungserfolge bei der Wahl der Stadtspitze
gelingen. Mit dem Thema bezahlbarer Wohnraum haben sich die
Sozialdemokraten gerade in klammen Städten und bei den
Normalverdienern positioniert. Der große Verlierer des Abends ist ein
echter "bergischer Jung". FDP-Chef Christian Lindner hat es trotz
seines emsigen Wahlkampfs in den Provinzen der Republik nicht
geschafft, der FDP eine Existenzberechtigung im Parteiensystem zu
verleihen. Nur rund eine Million Wähler konnte der Wermelskirchener
bundesweit hinter seiner Partei versammeln. Die FDP verharrt
weiterhin bei drei Prozent, im Bund und in NRW. Ein Desaster. An
Rhein und Ruhr lagen die Liberalen 2009 noch bei 9,2 Prozent.
Angesichts der sozialdemokratisch dominierten Bundesregierung und
ihrer Wirtschaftspolitik auf Pump hätte die FDP als liberale
Alternative reüssieren müssen. Doch ein Lindner macht noch keinen
Sommer. Die AfD ist für viele Wirtschaftsliberale eine echte
Alternative.



Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2621


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