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Mittelbayerische Zeitung: Betrug an den Jungen

Geschrieben am 22-05-2014

Regensburg (ots) - Von Stefan Stark

Heute wird der Bundestag den größten sozialpolitischen Unfug aller
Zeiten beschließen: Entgegen alle Vernunft werden die Abgeordneten -
voraussichtlich mit großer schwarz-roter Mehrheit - ein Rentenpaket
billigen, dem vor allem drei Etiketten anhaften: teuer, ungerecht,
betrügerisch. Diese sogenannte Reform ist ein Verrat an der jungen
Generation, die einmal die Zeche bezahlen muss. Der Sinneswandel bei
den Großkoalitionären ist bemerkenswert. Vor der Bundestagswahl lief
die SPD noch Sturm gegen den Unionsplan, die Sozialkassen für die
Mütterrente zu plündern. CDU und CSU wiederum verteufelten damals die
von den Sozialdemokraten propagierte Rente mit 63. Jetzt, da Union
und SPD gemeinsam auf der Regierungsbank sitzen, wir beides
beschlossen. Das ist Wahnsinn im schwarz-roten Quadrat. Oder anders
gesagt: Ein rückwärtsgewandtes Projekt, mit dem die Früchte der
Agenda-Politik verfrühstückt werden, schweißt diese Bundesregierung
zusammen. Mit einer unglaublichen Ignoranz überhört die Koalition
geflissentlich die Warnrufe der Deutschen Rentenversicherung ebenso
wie die Mahnungen der Wirtschaft - und verpulvert die
Milliardenreserven der Rentenkasse, die bald schmerzlich fehlen
werden. Anstatt die Lasten auf viele Schultern zu verteilen, nimmt
die Regierung die üblichen Verdächtigen aus - die Beitragszahler. Und
wenn die Renten-Zeitbombe schließlich hochgeht, wird diese Regierung
nicht mehr im Amt sein. Das ist Politik nach dem Motto: Nach uns die
Sintflut! Nicht geschenkt, sondern verdient - mit diesem Mantra
verteidigt Arbeitsministerin Andrea Nahles das Rentenpaket. Dazu
lässt sich nur süffisant anmerken, dass sie das Geld jedenfalls nicht
verdient hat für die nachträglichen Wahlgeschenke, die jetzt an
ältere Mütter sowie langjährige Facharbeiter verteilt werden -
jeweils Teile der klassischen Klientel von Union und SPD. Die meisten
Abgeordneten und Minister haben nie oder nur geringfügig in die
Rentenkasse eingezahlt. Die Politikerkaste hat für sich eine
Luxus-Altersversorgung geschaffen, die ihr einen sorgenfreien
Ruhestand garantiert. Wären die Parlamentarier normal
rentenversichert - dieses Paket wäre nie gekommen. Die Probleme
beginnen damit, dass die Koalition die eigentlich fällige Senkung des
Rentenbeitrags streicht. Arbeit wird so zum Leidwesen der Unternehmen
teurer gemacht, als sie sein müsste. Gleichzeitig müssen die
Beschäftigten per schwarz-rotem Federstrich auf eine Entlastung bei
den Sozialabgaben verzichten. Und trotz "Flexi-Rente" ist die Sorge
vor einer Frühverrentungswelle nicht vom Tisch. Die größte Hypothek
aber sind die Kosten des Rentenpakets von geschätzten 160 Milliarden
Euro bis 2030. Das führt dazu, dass die Rücklagen der Rentenkasse
schmelzen wie ein Eisbecher in der Sommersonne. Dann soll es nach den
Koalitionsplänen einen Steuerzuschuss geben. Doch was, wenn die
Wirtschaft nicht mehr so geschmiert läuft wie bisher und die
Steuermilliarden nur noch spärlich sprudeln? Dann heißt es entweder
Schulden machen für die Rente - oder man dreht an der Steuer- und
Beitragsschraube. Die kosmetischen Korrekturen, die es am Rentenpaket
gab, um wankelmütige Abgeordnete auf Koalitionslinie zu bringen
ändern jedenfalls nichts an den wesentlichen Konstruktionsfehlern.
Die von einigen Koalitionsabgeordneten angedrohte Rebellion wird sich
bei der Abstimmung heute als Sturm im Wasserglas entpuppen. Vor allem
die jungen schwarz-roten Parlamentarier sollten eigentlich - wenn sie
das Gesetz durchwinken - gleich ihre Sachen packen. Sie müssen sich
im Gegensatz zur Rentner-Riege im Parlament vorwerfen lassen, ihre
eigene Generation im Stich gelassen zu haben. Denn für die Jüngeren
ist das Rentenpaket doppelt ungerecht. Sie bezahlen die Zeche für die
sozialen Wohltaten von heute. Und morgen, wenn sie selbst in Rente
gehen, werden sie von den jetzigen Rentengeschenken nichts mehr haben
- weil es dann nichts mehr zu verteilen gibt.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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