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Börsen-Zeitung: Déjà-vu, Marktkommentar von Kai Johannsen

Geschrieben am 28-03-2014

Frankfurt (ots) - Manch ein Akteur an den internationalen
Finanzmärkten geht derzeit davon aus, dass das jahrelang bestehende
Niedrigrenditeumfeld sich nun so langsam, aber sicher dem Ende
zuneigt. Die Renditen an den Bondmärkten der USA werden anziehen, so
dass sich risikolos wieder traumhafte Sätze von 3,5%, 4%, 5% oder gar
6% im zehnjährigen Laufzeitenbereich verdienen lassen. Im Schlepptau
der US-Rentenmärkte ziehen dann auch die Renditen in der Eurozone,
allen voran bei den Bundesanleihen an. Ausgangspunkt dieser
Aufwärtsbewegung - so die verbreitete Annahme - sind
Leitzinserhöhungen seitens der US-Notenbank Federal Reserve. Sie
führen dazu, dass auch der Markt "mitzieht", d.h. die Sätze entlang
der Kurve von zwei bis zehn oder 30 Jahren Laufzeit nach oben gehen,
so dass Versicherer und Pensionsfonds, die diese höheren Renditen
seit Jahren so dringend benötigen, um ihre Garantiezinsen oder
Pensionszusagen erfüllen zu können, nicht mehr in dieser Bredouille
niedriger Renditen sind. Doch genau dazu muss es nicht zwangsläufig
kommen, wie die Erfahrung lehrt.

Greenspans Rätsel

Sie erinnern sich? Im Februar 2005 sprach der damalige Fed-Chef
Alan Greenspan in einer (seiner vielen) Anhörungen zur Konjunktur und
der Zentralbankpolitik vor dem US-Senat. Die Fed hatte in den Monaten
zuvor den US-Leitzins (Fed Funds Rate) angehoben, und zwar um satte
150 Basispunkte! Am Bondmarkt war es aber eben nicht zu dem - auch
von Greenspan - erwarteten Zins- bzw. Renditeanstieg gekommen. Der
Markt "zog" eben nicht mit. Ganz im Gegenteil: Die Renditen waren
gefallen. Das Verhalten der weltweiten Bondmärkte bezeichnete
Greenspan als Rätsel. Wie kann es denn auch sein, dass die
Zentralbank pausenlos die Zinsen anhebt und der Markt nicht mitzieht?

Die Analysten überschlugen sich mit entsprechenden Studien, die
die "Lösung" des "Rätsels" brachten. Die Lösung war: Es gab überhaupt
kein Rätsel. Der Markt lag richtig, die Zentralbank nicht. Denn der
Markt ging von vollkommen anderen Entwicklungen als die
US-Zentralbank aus. Zinsexperten erklärten, dass Zinsanhebungen
schädlich seien, weil sie den Immobilienmarkt abwürgen könnten und
mit ihm den Hypothekenmarkt. Es könnte sich ein explosives Gemisch
bilden. Sollte es tatsächlich explodieren, würde die Konjunktur arg
in Mitleidenschaft gerissen und die Fed müsste später mit
Zinssenkungen auf die schwache Wirtschaftslage reagieren. Genauso kam
es dann auch. Der Markt preiste dieses Szenario mit niedrigen
langfristigen Renditen, also im zehn- oder 30-jährigen Bereich des
US-Rentenmarktes, ein. Die Kurve war phasenweise komplett invertiert,
d.h. die langfristigen Renditen lagen unterhalb der Sätze am kurzen
Laufzeitenende, was die Erwartung einer längerfristigen
Konjunkturschwäche implizierte.

Und so könnte es wieder kommen. Am Markt bildet sich mehr und mehr
die Erwartungshaltung heraus, dass die Fed womöglich Mitte 2015 mit
Leitzinsanhebungen beginnen könnte. Immerhin noch fünf Quartale. In
dieser Zeit könnte die Konjunktur schon so weit gelaufen sein, dass
sich Schwächen abzeichnen und die Fed zu spät in den Anhebungszyklus
einsteigt. Würde sie jetzt einsteigen, würde sie die Märkte
durcheinanderwirbeln. Analysten prognostizieren denn auch, dass die
Stimmungsindikatoren für die US-Wirtschaft vielleicht schon bald
ihren Zenit erreichen. Der Markt könnte infolgedessen wieder ähnlich
reagieren. Das bedeutet: In Erwartung einer konjunkturellen
Abschwächung bleiben große Teile des heute erwarteten
Renditeanstieges am langen Marktende schlichtweg aus. Versicherer und
Pensionsfonds wären dann mitnichten aus dem Dilemma niedriger
Renditen heraus, sondern weiterhin mit einem Niedrigrenditeumfeld
konfrontiert.

Auch schon niedrig!

Apropos Niedrigrenditeumfeld! Es sei daran erinnert, dass in den
Jahren 2005 bis 2007 - also vor Ausbruch der Subprime-Krise - die
zehnjährigen US-Staatsanleiherenditen im Bereich von 4 bis gut 5%
lagen. Hierzulande warfen zehnjährige Bundesanleihen Sätze im Bereich
von 3 bis 4,5% ab. Und auch dieses Renditeniveau wurde seinerzeit
schon als niedrig eingestuft. Versicherer und Pensionskassen stöhnten
schon damals über niedrige Sätze. Heute ist der Markt von diesen für
Investoren traumhaften Renditen im risikolosen Bereich sehr weit
entfernt. Aktuell liegt die zehnjährige Bundrendite näher am Tief als
am zyklischen Hoch. Am Freitag konnten gerade noch 1,5% verdient
werden.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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