(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Die Illusion von Schutz, Kommentar zu Prokon von Angela Wefers

Geschrieben am 23-01-2014

Frankfurt (ots) - Nicht alles, was im Briefkasten landet, ist gut.
Die Anleger in Genussrechtskapital des insolventen
Windparkfinanzierers Prokon erfahren dies jetzt bitter. Ihr Geld,
zumindest ein Teil davon, ist futsch. Die viel gescholtenen Banken
stehen diesmal nicht in der Schusslinie der Kritik. Prokon hatte die
Gelder für erneuerbare Energien bei 75000 gutgläubigen Anlegern im
Direktvertrieb per Postwurfsendung eingesammelt.

Die schwarz-rote Bundesregierung reagiert hektisch.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), dem in der großen Koalition
das Ressort Verbraucherschutz zugewachsen ist, hat sogleich
Regulierungsbedarf auf dem grauen Kapitalmarkt angemeldet. Kanzlerin
und Bundesfinanzministerium wagen in der allgemeinen Empörung keinen
Widerstand.

Dabei hat die schwarz-gelbe Regierung in der vergangenen
Legislaturperiode zahlreiche Reformen für den Anleger- und
Verbraucherschutz eingeführt. Nur um einige zu nennen: die
sogenannten Beipackzettel für Kapitalanlageprodukte,
Registrierungspflichten für Anlageberater in Banken und Sparkassen
sowie von selbständigen Finanzvermittlern. Die neuen Vorschriften zur
Dokumentationspflicht bei Wertpapieranlageberatung haben sogar einen
gesamten Geschäftszweig mit Bürokratie überzogen und quasi
lahmgelegt. Das neue Kapitalanlagegesetzbuch ist so jung, dass die
Fondsanbieter für ihre Zulassung bei der Finanzaufsicht BaFin noch
anstehen. Auch Anbieter von Genussrechten wie Prokon fallen darunter.
Die neue EU-Marktrichtlinie Mifid erlässt Vertriebsbeschränkungen für
Kleinanleger. Hierzulande steht dem Erwerb von Hedgefonds durch
Privatanleger das Gesetz entgegen. Bei Prokon-Anlegern hat dies alles
nichts genutzt. Wer die Warnung des Totalverlusts im Beipackzettel
ignoriert, wer der Stiftung Warentest misstraut und glaubt, die
vielfache Verzinsung einer Bundesanleihe gebe es ohne Risiko, hat es
nicht besser verdient.

Die Vorstellung, der Staat könne jeden Kapitalanleger vollständig
vor Verlust schützen, ist eine Illusion. Der Preis dafür ist der
Verlust der Freiheit, der Abschied von der Idee des mündigen
Verbrauchers. Schwarz-Rot ist auf dem Weg dahin. "Wo Verbraucher sich
nicht selbst schützen können oder überfordert sind, muss der Staat
Schutz und Vorsorge bieten", hält der Koalitionsvertrag mit Verweis
auf den Finanzmarkt fest. Muss die Aufsicht unverhältnismäßig
risikoreiche Produkte verbieten, lautet der Umkehrschluss: alle
übrigen sind sicher. Dann hätte der Staat bald wirklich viel zu tun.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

508016

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur Insolvenz von Prokon Bielefeld (ots) - Diesmal sind nicht die Banken schuld, wenn 75 000 Anleger um ihr Geld und 1300 Menschen um ihren Job bangen. Denn die Geldinstitute hatten mit der Ausgabe von Genussscheinen des Windkraftanlagen Finanziers Prokon nur wenig tun. Angeblich, um die Provisionen zu sparen und mehr Geld in die Energiewende stecken zu können. Oder ging es doch darum, Bedenken und unnötige Fragen beiseite zu wischen? Renditeversprechen von bis acht Prozent sind - gelinde gesagt - ambitioniert. Wenn es nur die Hälfte gewesen wäre, ist mehr...

  • Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zu Dr. Oetker Bielefeld (ots) - Vom britischen Königshaus bis zu Nelson und Winnie Mandela, von den Wulffs bis zu Clemens und Robert Tönnies: Streit gab und gibt es in den besten Familien. Von den Nachrichten darüber leben viele Medien, sogar in der Wirtschaftspresse. Letztere zielt bevorzugt auf die ostwestfälische Wirtschaft. Schließlich gibt es hier besonders viele Familienunternehmen. Das Lächeln, das Familienstreitigkeiten in Politiker- und Königshäusern mitunter bei Außenstehenden hervorrufen, weil es eben auch dort »menschelt«, vergeht mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Weltwirtschaftsforum in Davos Osnabrück (ots) - Ruhanis Charmeoffensive Friedensbotschaften und Werbetrommeln in den Schweizer Bergen: Vom Weltwirtschaftsforum in Davos gehen in diesem Jahr höchst erfreuliche Signale aus. Irans Staatspräsident Hassan Ruhani bemüht sich weiter mit großer Energie und viel Charme darum, sein Land aus der politischen und wirtschaftlichen Isolation zu führen. Vieles spricht dafür, dass er dabei Erfolg haben wird. Schließlich hat Ruhani einiges zu bieten. Der Iran verfügt über riesige Ölvorkommen, die helfen können, den sprunghaft mehr...

  • Rheinische Post: Bahn will mehr Schienenkartell-Schadenersatz von ThyssenKrupp Düsseldorf (ots) - Wegen der Beteiligung am Schienenkartell wird die Deutsche Bahn AG von ThyssenKrupp einen weiteren Schadensersatz in zweistelliger Millionenhöhe fordern. "Bei der Einigung im November ging es nur um die direkten Lieferungen von ThyssenKrupp an die Bahn. Zusätzlicher Schaden ist der Bahn aber bei indirekten Schienenlieferungen über Drittfirmen entstanden, woraus die Bahn weitere Ansprüche in voraussichtlich zweistelliger Millionenhöhe ableitet", sagte ein persönlich mit der Angelegenheit befasster Insider aus dem mehr...

  • Matrox fügt 10-km-Erweiterung und HDCP-Kompatibilität für KVM-Extender Avio F125 hinzu -- Neue Funktionen machen den Matrox Avio F125 zur idealen Lösung für lange Übertragungswege bei hochqualitativen Dual-HD-, 4K- oder 4K UHD-Videoinhalten Montreal (ots/PRNewswire) - Matrox® Graphics Inc. gab heute wichtige neue Funktionen für die KVM-Erweiterungslösungen Matrox Avio(TM) F125 bekannt. Die maximale Erweiterungsstrecke über ein Duplex-LC-LC-Glasfaserkabel wurde von 4 km auf 10 km erhöht, außerdem wurde HDCP-Kompatibilität (High-bandwidth Digital Content Protection) hinzugefügt. Der Avio F125 wurde für Hochleistungsumgebungen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht