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"Balance zwischen Respekt und Ungehorsam"/ Themenjahr 2014 der Lutherdekade "Reformation und Politik" am Reformationstag feierlich in Augsburg eröffnet

Geschrieben am 31-10-2013

Hannover (ots) -

Sperrfrist: 31.10.2013 19:00
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Achtung! Es gilt das gesprochene Wort!

Mit einem Festgottesdienst in der Sankt-Anna-Kirche zu Augsburg
und einem Festakt im Goldenen Saal des Rathauses der Stadt wurde am
Abend des heutigen Reformationstags das Themenjahr "Reformation und
Politik" im Rahmen der Lutherdekade eröffnet.

Die Predigt im Festgottesdienst wurde von Margot Käßmann,
Botschafterin des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
für das Reformationsjubiläum 2017, und Ober-kirchenrätin Susanne
Breit-Keßler, der ständigen Vertreterin des bayerischen
Landesbi-schofs und zuständigen Regionalbischöfin von München und
Oberbayern, gemeinsam ge-halten. Die Festrede im Augsburger Rathaus
hielt der Vorsitzende der Kammer für Öffent-liche Verantwortung der
EKD und ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts,
Hans-Jürgen Papier. Zu den Gästen zählten auch der bayerische
Ministerpräsident Horst Seehofer und der Bevollmächtigte des Rates
der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen
Union, Martin Dutzmann.

In ihrer Dialogpredigt setzten sich die beiden Predigerinnen mit
einer berühmten Passage aus dem 13. Kapitel des Römerbriefes
auseinander ("Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über
ihn hat" - Verse 1-7). In diesem Zusammenhang erinnerte Margot
Käßmann kritisch an Martin Luther, der stets auf der Unterscheidung
zwischen weltlichem und geistli-chem Regiment beharrt hatte. Diese
Haltung habe die Kirche manches Mal dazu verführt "unkritisch zu
bleiben angesichts ungerechter Verhältnisse." Und wenn Paulus
schreibe, so die EKD-Botschafterin, "Wer sich nun der Obrigkeit
widersetzt, der widerstrebt der Anord¬nung Gottes", könne dies auch
auf "Irrwege" führen. Die "Balance zwischen notwendigem Respekt vor
der Obrigkeit und notwendigem Ungehorsam", so Käßmann, bleibe eine
"Her-ausforderung auch heute."

Susanne Breit-Keßler sagte: "In blindem Gehorsam mitzumachen ist
das eine. Kein Interesse mehr an Politik haben, unkritisch und fast
noch schlimmer - apathisch, gleichgültig werden - das andere." Beides
könne passieren, wenn man Obrigkeit "unhinterfragt" stehen lasse. Die
Regionalbischöfin nannte als Beispiel für nötigen Widerstand die Not
der Flüchtlinge im Süden Europas: "Wir sollten verlangen, dass auch
deutsche Schiffe zur See¬nothilfe in den Süden geschickt werden - die
Marine ist bestens geeignet für so einen huma¬nitären Einsatz. Wir
sollten darauf bestehen, dass Fischer und zivile Kapitäne, die
Menschen aus den Fluten retten, für ihre Hilfe nicht bürokratische
Probleme, sondern Orden kriegen. Wir sollten die Flüchtlinge nicht
bequem auf andere Länder verweisen, sondern sie selber in unserem
Land aufnehmen - und zugleich vehement für bessere Lebensbedingungen
in ihren Heimatländern einstehen." In seinem Vortrag "Protestantismus
- Demokratie - Sozialer Rechtsstaat" entfaltete Hans-Jürgen Papier
das Zusammenwirken von Kirche und Politik. Der ehemalige Präsident
des Bundesverfassungsgerichtes und Vorsitzende der Kammer der EKD für
Öffentliche Verant-wortung würdigte die so genannte
Demokratiedenkschrift der EKD von 1985 ("Evangelische Kirche und
freiheitliche Demokratie. Der Staat des Grundgesetzes als Angebot und
Aufga-be"). Sie sei "Meilenstein und Eckpunkt" einer "langwierigen
und durch¬aus nicht geradlinigen Entwicklung des deutschen
Protestantismus, mit dem die volle Identifikation der evangeli-schen
Kirche mit dem freiheitlichen Staat des Grundgesetzes (...)
unzweifelhaft vollzogen wurde."

In seinem Blick auf die friedliche Revolution in der DDR 1989
würdigte der EKD-Kammervor-sitzende, dass aus den evangelischen
Kirchen heraus eine "demokratische Partizipations-kultur" initiiert
worden sei, die entscheidend zum Gelingen der friedlichen Revolution
beige-tragen habe. Papier: "Die Menschen in Leipzig und anderswo in
der DDR haben die Freiheit dadurch gewonnen, dass sie sich auf sie
eingelassen haben, dass sie von ihr Gebrauch ge-macht haben. Die
Überwindung der Teilnahmslosigkeit und die Überwindung der Angst sind
und bleiben (...) Urtugenden einer demokratischen Gesellschaft. Die
evangelische Kirche, so Papier weiter im Hinblick auf die friedliche
Revolution von 1989, "war damals dankenswer-terweise und
anerkennenswerterweise willens und in der Lage, die christlichen
Wurzeln die¬ser Werte nicht nur zu erkennen, sondern sie auch
offenzulegen und effizient zum Tragen zu bringen."

Desweiteren ging Papier auf die sozialstaatliche Perspektive der
Reformation ein. Der EKD-Kammervorsitzende erwähnte den doppelten
Sozialauftrag, den die christlichen Kirchen in Kooperation mit dem
Staat des Grundgesetzes zu erfüllen hätten. Er bestünde "einerseits
darin, vom Staat immer wieder dessen sozialstaatliche Verantwortung
einzufordern, ande-rerseits aber selbst der eigenen sozialen
Verantwortung, in Kooperation mit dem Staat und seinen Einrichtungen,
effizient nachzukommen." Dies setze, so Papier "kirchliche
Hand-lungsfähigkeit, auch finanzielle" voraus, denn: "Eine mittellose
Kirche kann im Hinblick auf den eigenen Sozialauftrag wenig
ausrichten (...)."

Abschließend wandte sich der ehemalige Präsident des
Bundesverfassungsgerichtes ent-schieden gegen Bestrebungen, das
Verhältnis von Staat und Kirche im Sinne einer strikteren Neutralität
des Staates neu auszutarieren: "Ich halte dies für einen Irrweg. Der
deutsche Sä-kularstaat hat ein berechtigtes Interesse an der
religiösen Vielfalt seines Volkes, da an-dernfalls auch die Gefahr
totalitärer Strömungen verstärkt wird. Religionsgemeinschaften sollen
daher nach der Konzeption des Grundgesetzes im Gemeinwesen wirken,
sich entfalten können, sich rechtfertigen müssen, und sie sollen bei
der Wahrnehmung ihrer gesell-schaftlichen Aufgaben auch vom Staat
gefördert werden." Papier sagte abschließend: "Vor diesem Hintergrund
scheint mir die Einbindung der Religionsgemeinschaften in unser
Gemeinwesen zunehmend an Bedeutung zu gewinnen, wohingegen eine
Verbannung alles Religiösen aus dem öffentlichen Raum eher den
Charakter einer Konfliktverdrängungsstra-tegie hätte."

Hannover, 31. Oktober 2013

Pressestelle der EKD

Reinhard Mawick



Pressekontakt:
Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de


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