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Börsen-Zeitung: Jenseits des Etatstreits, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 18-10-2013

Frankfurt (ots) - Erleichtert haben die Marktteilnehmer auf den
Kompromiss im US-Haushaltsstreit reagiert, mit dem das Erreichen der
Schuldenobergrenze hinausgeschoben und somit auch das Risiko eines
Zahlungsausfalls der Vereinigten Staaten bis auf weiteres reduziert
worden ist. Allerdings hielten sich die Kursreaktionen in Grenzen,
auch wenn der Dax am Freitag auf einem Rekord von 8865 Punkten
schloss. Denn die Notierungen waren bereits vor der Einigung zwischen
Demokraten und Republikanern deutlich gestiegen. Ein Grund dafür war,
dass die Marktteilnehmer angesichts der potenziell desaströsen
Konsequenzen eines Ausfalls und der durch den Shutdown bereits
entstandenen Schäden darauf gesetzt hatten, dass es die Republikaner
nicht zum Äußersten kommen lassen würden.

Liquidität der Haupttreiber

Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Entwicklung zeigt
auch, dass der Aktienmarkt nur bis zu einem gewissen Grad vom
Etatstreit getrieben wurde und wird und noch ganz andere Kräfte am
Werk sind, die viel mächtiger sind. Tatsächlich ist durch den
Budgetkompromiss nichts gewonnen worden, was per se höhere
Aktienkurse rechtfertigen würde. Letztlich können das nur steigende
Unternehmensgewinne und damit entsprechend höhere Spielräume für
Dividendenausschüttungen sein. Die eigentlich treibende Kraft für den
Anstieg des Dax und der US-Indizes auf neue Rekordhöhen ist vielmehr
nach wie vor die hohe Liquidität.

Das Washingtoner Drama hat lediglich eine Zeit lang überdeckt,
dass auch die Rally der zurückliegenden Wochen letztlich der
ultralockeren Geldpolitik der amerikanischen Notenbank Fed zu
verdanken ist. Nachdem die Ankündigung des Fed-Chairman Ben Bernanke
vom Mai, dass die Zentralbank in absehbarer Zeit beginnen werde, ihre
Anleihekäufe zu reduzieren, die Aktienmärkte verschreckt hatte,
gelang der Durchbruch, als die Fed überraschend erklärte, dass das
nicht so gemeint gewesen sei und das gefürchtete Tapering nicht so
schnell einsetzen werde. Die US-Währungshüter werden die Märkte in
den kommenden Monaten weiterhin im bisherigen Ausmaß mit Liquidität
versorgen. Und die Tatsache, dass mit dem Washingtoner Kompromiss nur
Zeit gewonnen worden ist und somit der Streit um die
Schuldenobergrenze Anfang 2014 wieder für Verunsicherung sorgen wird,
wird die Fed auch nicht gerade motivieren, ihre Anleihekäufe sehr
schnell zu reduzieren.

Allerdings ist damit auch für die Aktienmärkte letzten Endes nicht
mehr als ein wenig Zeit gewonnen worden. Denn der Ausstieg der Fed
aus den außergewöhnlichen Hilfsmaßnahmen ist eben nur aufgeschoben,
aber nicht aufgehoben. Der Zeitpunkt wird kommen, an dem die
Aktienmärkte ohne künstliche Beatmung auskommen müssen. Als Problem
kann sich dabei mittelfristig erweisen, dass die Kurse seit geraumer
Zeit steigen, ohne dass die Gewinne der Unternehmen bzw. die
Ergebniserwartungen des Markts mitziehen. Im Ergebnis bedeutet dies
einen Anstieg der Bewertungen bzw. eine Verteuerung des Markts.
Beispiel Dax: Der Index ist seit dem Jahresbeginn um 16,5% gestiegen,
die Konsensprognose für den aggregierten Gewinn je Aktie der 30 in
dem Index enthaltenen Unternehmen in diesem Jahr ist jedoch um etwas
mehr als 4% gesunken. Dadurch ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf
Basis der Konsensschätzungen für das Jahr 2013 von rund 11 auf knapp
13,5 geklettert.

Letztlich bedeutet dies, dass die Gewinne der deutschen
Blue-Chip-Unternehmen bald auch tatsächlich einen Boden ausbilden und
dann steigen müssen, wenn der Dax wie erhofft im kommenden Jahr
deutlich über 9000 und eventuell auch bis zur Marke von 10000 Zählern
steigen soll. Weiterhin stagnierende Unternehmensergebnisse und
gleichzeitig anziehende Kurse werden in einem Umfeld, in dem die
Notenbanken dem Exit aus ihren außergewöhnlichen Maßnahmen
entgegenstreben, nur sehr begrenzt möglich sein.

Liegt der Markt richtig und legt der aggregierte Gewinn der
Dax-Firmen wie erwartet im nächsten Jahr tatsächlich um 13% zu,
stehen die Aussichten auf weitere Indexgewinne durchaus nicht
schlecht; ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 12 bewegt sich noch im
moderaten Bereich. Allerdings ist ein prozentual zweistelliger
Ergebnisanstieg auch eine anspruchsvolle Messlatte. Kurzum:
Angesichts der nicht unbeträchtlichen weltwirtschaftlichen Risiken
besteht auf der Unternehmensgewinnseite ein nicht zu unterschätzendes
Enttäuschungspotenzial für den Aktienmarkt.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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