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"DER STANDARD"-Kommentar: "Die Denkzettel-Wahl" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 29-09-2013

Die minimalisierte große Koalition ist mit einem blauen Auge
davongekommen - Ausgabe vom 30.9.2013

Wien (ots) - Das rechtspopulistische Lager in Österreich wächst.
Rechnet man die Stimmen von FPÖ, Team Stronach und dem BZÖ zusammen,
hat ein knappes Drittel der Österreicherinnen und Österreicher für
Populisten gestimmt. Das ist in Europa einzigartig. Nimmt man 1999
als Maßstab, als Jörg Haider mit der FPÖ seinen bisher größten
Wahltriumph mit 26,95 Prozent feierte, so ist das ein signifikanter
Zuwachs - verteilt auf verschiedene Parteien. Populismus zieht in
Österreich. Die FPÖ hat sich nach der Parteispaltung 2005 und dem
Rückzug Jörg Haiders stabilisiert und kann sich auf eine solide
Stammklientel verlassen. Dazu kommen weiterhin Protestwähler, die
zwar diesmal mit dem Team Stronach eine Alternative hatten. Da sich
Frank Stronach in den TV-Duellen selbst demontiert hat, wechselten in
den vergangenen Wochen potenzielle Wähler wieder zurück zu den
Freiheitlichen. Das BZÖ kann, da Jörg Haider als politischer
Gottseibeiuns nicht mehr taugt, mit dem Alleinkämpfer Josef Bucher
nicht reüssieren. Dabei hatte Bucher, im Gegensatz zu Stronach, die
TV-Präsenz genützt. Das Abschneiden der Neos zeigt, dass eine
liberale Partei samt ÖVP-Abspringern den Sprung in den Nationalrat
schaffen kann. Dass eine solche Gruppierung Potenzial im urbanen Raum
hat, war zu erwarten. Überraschend ist das Abschneiden der Neos in
Vorarlberg mit 13,2 Prozent. Dass Parteigründer Matthias Strolz von
dort stammt, wird geholfen haben. Die Neos, in der sich viele
bisherige ÖVP-Anhänger engagieren, hat der Volkspartei nicht nur
Stimmen gekostet. Es ist auch ein personeller Aderlass. Der Absturz
der Volkspartei ist vor allem auf den Wahlkampf von Michael
Spindelegger zurückzuführen. Er hat sich in die Hände von Beratern
begeben, die ihm nicht gerade kluge Plakate und einen latent
aggressiven Stil einredeten. Die ÖVP hatte keine klare Linie. Ein
Debakel ist Spindelegger erspart geblieben: Der Abstand zur SPÖ ist
etwa gleich geblieben, die ÖVP hat den zweiten Platz gehalten. Ob
Spindelegger Parteichef und in der Regierung bleibt, hängt von
Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll ab. Pröll könnte
Spindelegger im Bund brauchen, bis er selbst für die
Bundespräsidentenwahl 2016 kandidiert. Die ÖVP wird in der Regierung
bleiben. Auch so wird der offene Kampf, jeder gegen jeden, ausbrechen
- gemeint sind die Bünde, die in dem heterogenen Gebilde, das sich
ÖVP nennt, das Sagen haben. Vom Ausgang hängt auch ab, wer dann in
der Regierung sitzt. Der von Spindelegger und Innenministerin Johanna
Mikl-Leitner repräsentierte ÖAAB wird Macht abgeben müssen, der
Wirtschaftsbund rund um Reinhold Mitterlehner wird an Bedeutung
zunehmen, der Bauernbund in der Versenkung bleiben. Die SPÖ hatte
Glück, dass im linken Lager nicht so viel politische Konkurrenz
herrschte. Der Wandel konnte sich nicht etablieren, die KPÖ bleibt
ein lokales Phänomen. Die SPÖ hat einen stringenten, wenn auch
glanzlosen Wahlkampf geführt - der zu ihrem Spitzenkandidaten passte.
SPÖ und ÖVP sind, weil es sich von den Mandaten her für eine
Regierungsbildung ausgeht, mit einem blauen Auge davongekommen. Die
Koalition, die man sich schon gar nicht mehr große zu nennen traut,
sollte nach diesem Denkzettel in der nächsten Legislaturperiode
endlich daran gehen, mit ihrer Arbeit dem Populismus den Nährboden zu
entziehen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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