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Bundesregierung hat Bevölkerung über EHEC-Krise getäuscht - Robert-Koch-Institut bestätigt: Für 90 Prozent aller Erkrankungsfälle ist Ursache nicht aufgeklärt

Geschrieben am 20-09-2013

Berlin (ots) - Die Bundesregierung hat die Bevölkerung beim
weltweit größten EHEC-Ausbruch im Frühjahr 2011 bewusst getäuscht.
Anders als Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) und
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) mehrfach behauptet haben, ist
die Ursache der Epidemie, die in Deutschland 53 Todesopfer forderte,
bei weitem nicht aufgeklärt: Höchstens 500 von insgesamt mehr als
3.800 Krankheitsfällen konnten aufgeklärt werden, mindestens 87
Prozent aller gemeldeten EHEC-Fälle wurden ohne Klärung der
Ansteckungsursache zu den Akten gelegt. Das hat das zuständige
Robert-Koch-Institut nun gegenüber foodwatch bestätigt.

"Die Bundesregierung hat sich stets für ihr Krisenmanagement
gefeiert und behauptet, die Ursache des tödlichen EHEC-Ausbruchs sei
identifiziert worden. Doch das ist schlichtweg falsch", sagte
Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer von
foodwatch. "Selbst das Robert-Koch-Institut gibt zu: Für mindestens
87 Prozent aller EHEC-Fälle wurde die Ursache nie aufgeklärt."

Bereits kurz nach Ausbruch der EHEC-Epidemie im Mai 2011 war ein
Sprossenerzeuger in Niedersachsen von den Behörden als Auslöser der
Krise präsentiert worden. Ein Jahr später erklärten Ilse Aigner und
Daniel Bahr in einer Pressemitteilung, man hätte die Ursache des
Ausbruchs "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit"
identifiziert: Bockshornkleesamen aus Ägypten, die von dem
Sprossenbetrieb im Kreis Uelzen gekeimt und in Verkehr gebracht
worden seien.

"Die Behauptung der Bundesregierung, ein Hof in Niedersachsen sei
die einzige Verbreitungsquelle des EHEC-Erregers gewesen, hält einer
Überprüfung nicht stand", kritisierte Matthias Wolfschmidt von
foodwatch. So wurde im EHEC-Abschlussbericht des Bundesamtes für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) behauptet, die von
Bund und Ländern eingesetzte "Task-Force EHEC" habe eine Gesamtliste
aller EHEC-Ausbruchsorte erstellt. Doch diese Liste wurde nie
veröffentlicht. foodwatch stellte daher im Mai 2012 Antrag auf
Akteneinsicht bei den zuständigen Behörden, um in dieser
"Gesamtliste" nachzuvollziehen, ob es entsprechende Verbindungen zu
dem Sprossenerzeuger gebe. Mittlerweile haben sowohl das BVL als auch
das Robert-Koch-Institut (RKI), die zentrale Einrichtung der
Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und
-prävention, bestätigt: Eine solche "Gesamtliste" mit allen 3.842
EHEC-Erkrankungen und den Verbindungen zu dem Sprossenbetrieb hat es
nie gegeben. Das RKI räumte gegenüber foodwatch ein, dass in einer
ersten Liste lediglich 350 Fälle untersucht und aufgelistet worden
waren und man später eine etwa 500 Fälle erfassende zweite Liste
erstellt habe. Im Ergebnis heißt das: Für rund 3.300 EHEC-Fälle wurde
offenbar nicht einmal der Versuch unternommen, eine Verbindung zu dem
Sprossenbetrieb zu finden.

Matthias Wolfschmidt von foodwatch: "Bei bestenfalls 13 Prozent
aller EHEC-Erkrankungen haben die Behörden eine Spur auf den
Sprossen-Hof identifiziert. Das reichte offensichtlich aus, um diesen
der Öffentlichkeit als Verursacher der EHEC-Krise zu präsentieren.
Der Verdacht liegt nahe, dass die Bundesregierung hier ein
Bauernopfer zur Beruhigung der verunsicherten Bevölkerung gesucht und
gefunden hat. Weder Behörden noch Bundesregierung haben offenbar ein
echtes Interesse an einer Aufklärung des EHEC-Geschehens. Die
Bundesregierung hat einen Erfolg gefeiert, der so ominös ist wie das
Auftreten und Verschwinden des EHEC-Erregers. Das foodwatch-Fazit:
Der weltweit größte EHEC-Ausbruch ist nicht aufgeklärt, die
Bundesregierung hat die Bevölkerung belogen - und wiegt sie in
falscher Sicherheit."

Redaktioneller Hinweis:

- Das Antwortschreiben des Robert-Koch-Instituts an foodwatch
finden Sie unter: http://bit.ly/18dLnLT

- Den ausführlichen foodwatch-Report zur EHEC-Krise "Im Bockshorn"
vom Mai 2012 können Sie herunterladen unter:
http://bit.ly/16qCwVv

- Pressemitteilung von Verbraucherministerin Ilse Aigner und
Gesundheitsminister Daniel Bahr zur EHEC-Krise (3. Mai 2012):
http://bit.ly/18fd9Yz



Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Andreas Winkler
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90


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