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"Report Mainz", heute, 17.9.2013, um 21.45 Uhr im Ersten / Mit- arbeiter von Bundestagsabgeordneten illegal zu Wahlkampfzwecken eingesetzt

Geschrieben am 17-09-2013

Mainz (ots) - Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report
Mainz" werden wissenschaftliche Mitarbeiter von
Bundestagsabgeordneten in den letzten Monaten vor der Bundestagswahl
fast ausschließlich zu Wahlkampfzwecken eingesetzt. Das ergab eine
Recherchereise quer durch Deutschland. "Report Mainz" hat den
Wahlkampf von Bundestagsabgeordneten in Nürnberg (SPD), Aachen
(Bündnis 90/Die Grünen), Rostock (Die Linke), Ludwigsburg (CDU) und
Reutlingen (FDP) beobachtet. Fazit: Befragte Mitarbeiter von
Abgeordneten haben vor der Kamera bestätigt, dass sie täglich "zehn
bis zwölf Stunden Wahlkampf" machen, im Moment ihre Arbeit aus
"achtzig Prozent Wahlkampf" besteht, " das Kernteam ist nicht
ehrenamtlich, das ist hier beschäftigt", die geleisteten Überstunden
"entweder bezahlt" oder "mit Freizeitausgleich" abgegolten werden.
Nach Beobachtungen von "Report Mainz" sind die Mitarbeiter vor Ort an
den Wahlkampfständen eingesetzt, aber auch zum Plakatekleben und
Flyerverteilen. Manche der Abgeordneten beordern sogar ihre
wissenschaftlichen Mitarbeiter in dieser Zeit aus dem Bundestag extra
in ihren Wahlkreis.

Nach dem Abgeordnetengesetz dürfen diese wissenschaftlichen
Mitarbeiter dem Abgeordneten nur bei dessen parlamentarischer Arbeit
helfen und folglich keine Parteiarbeit und keinen Wahlkampf machen.

Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim sieht im Einsatz
von Abgeordneten-Mitarbeitern im Wahlkampf eine "illegale
Parteienfinanzierung". Im Interview mit "Report Mainz" sagte er:
"Wenn Abgeordneten-Mitarbeiter zum Wahlkampf herangezogen werden,
dann läuft das auf eine verschleierte Parteienfinanzierung aus der
Staatskasse hinaus, weil die Parteien entsprechende Aufwendungen
ersparen. Und die ist eindeutig rechts- und verfassungswidrig."
Professor von Arnim beziffert den Schaden für den Steuerzahler "auf
mindestens 15 Millionen Euro", wenn nur ein kleiner Teil der
wissenschaftlichen Mitarbeiter der Abgeordneten die letzten drei
Monate vor der Wahl mit Wahlkampf beschäftigt sind: "Das liegt auch
daran, dass es an der Kontrolle fehlt. Hier besteht praktisch eine
völlige Kontrolllosigkeit. Nicht einmal der Bundesrechnungshof darf
die Abgeordneten-Mitarbeiter überprüfen.", kritisiert er außerdem.

Der fränkische Bundestagsabgeordnete für die SPD, Martin Burkert,
gestand ganz offen vor der Kamera ein: "Während des Wahlkampfes zieht
man seine Mitarbeiter, die ja sonst im Betreuungswahlkreis, im
Wahlkreisbüro und in Berlin sind, schon zusammen. Die helfen alle
mit. Die wollen auch alle beschäftigt werden - klar!" Ähnliches sagte
auch der Linken-Abgeordnete Steffen Bockhahn: "Also wer seinen
Wahlkampf ohne seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgreich
machen kann, der hat entweder verdammt viele finanzielle Ressourcen,
um sich einen parallelen Stab anzuschaffen, oder er hat den Wert
seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht verstanden." Nach
Abschluss der Dreharbeiten erklären die beiden Abgeordneten, ihre
Teams würden sich ehrenamtlich engagieren und alles sei rechtmäßig.

Hans Herbert von Arnim sieht in der illegalen Beschäftigung von
wissenschaftlichen Mitarbeitern der Abgeordneten zu Wahlkampfzwecken
den Straftatbestand der Untreue erfüllt und fordert
staatsanwaltschaftliche Ermittlungen: "Da es sich bei der Verwendung
von Abgeordneten-Mitarbeitern für den Wahlkampf um eine zweckwidrige
Verwendung öffentlicher Mittel handelt, liegt hier der Tatbestand der
strafrechtlichen Untreue nahe. Hier müssen meines Erachtens die
Staatsanwaltschaften ermitteln."

Ein ehemaliger Mitarbeiter, fünf Jahre lang beschäftigt bei einem
CDU-Bundestagsabgeordneten und bei der CDU-Fraktion, sagte "Report
Mainz":"Alle Abgeordneten, wirklich alle, beschäftigen ihre
Mitarbeiter auch zu Wahlkampfzwecken. Zwar wissen alle theoretisch,
dass sie das nicht tun dürfen, aber praktisch hält sich keiner dran."
Die Mitarbeiter seien im Wahlkampf viel unterwegs, würden diesen für
den Abgeordneten von A bis Z managen. Das ginge schon immer so und in
den letzten Monaten vor dem Wahltermin würden sie nichts anderes als
Wahlkampf machen.

Nur die Grünen- Bundestagsabgeordnete Bettina Herlitzius aus
Aachen, räumte gegenüber "Report Mainz" ein, dass die Arbeit der
Mitarbeiter bislang in einer "Grauzone" stattfinde: "Wenn da jetzt
massive Kritik von Verfassungsrechtlern kommt, dann muss man
Verantwortung übernehmen." Zusammen mit Bundestagspräsidenten und
Ältestenrat solle nach der Wahl neu geregelt werden, "bis wohin bin
ich bei noch bei parlamentarischer Arbeit, und wo geht es über in
eine Wahlkampfaktivität."

Insgesamt sind rund 4.400 wissenschaftliche Mitarbeiter bei
Abgeordneten angestellt. Im Durchschnitt beschäftigt jeder
Abgeordnete sieben Mitarbeiter, die Mehrzahl davon in Berlin und
meist zwei bis drei im Wahlkreis. Bezahlt werden die persönlichen
Mitarbeiter der Abgeordneten aus der sogenannten Mitarbeiterpauschale
des Bundestages. Jedem Abgeordneten stehen dafür jeden Monat rund
20.000 Euro inklusive Sozialleistungen zur Verfügung. Das kostet den
Steuerzahler jährlich 125 Millionen Euro.

Weitere Informationen www.swr.de/report. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Fragen bitte an "Report Mainz",
Tel.: 06131 929-33351


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