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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum G20-Gipfel

Geschrieben am 04-09-2013

Bielefeld (ots) - Wenn Waldimir Putin heute die Staats- und
Regierungschefs zum G20-Gipfel im prachtvollen Konstantinpalast von
St. Petersburg empfängt, sind die Erwartungen an konkrete Ergebnisse
außerordentlich hoch. Offiziell soll das Thema Syrien nicht auf der
Tagesordnung stehen - natürlich wird aber darüber gesprochen. Die
atmosphärischen Störungen nach Bekanntwerden der NSA-Affäre zwischen
Russland und den USA könnten sogar eine Einigung bei den Themen
Finanzmärkte oder Kampf gegen die Steuerflucht gefährden. Gespannt
erwartet wird der Aktionsplan, den die EU-Kommission in Russland
vorlegen will. Brüssel will der aggressiven Steuerplanung ein Ende
machen. Das Hinterziehen von Steuern ist bekanntlich strafbar.
Steuern vermeiden aber nicht. Darin kennen sich multinationale
Unternehmen bestens aus. Eigentlich ist das Problem ja nicht neu und
die Aktionspläne sind es auch nicht. Die hat es schon vor der
Währungsunion gegeben. Aber die EU hat es versäumt, das Problem in
ihren eigenen Reihen zu lösen. Solange sich die EU-Staaten
untereinander die Steuerzahler abjagen, werden auch alle weltweiten
Bemühungen vergebens sein. Das Bundesverfassungsgericht würde mit
Beschwerden überhäuft, wenn beispielsweise die Unternehmensgewinne in
Frankfurt mit 36 Prozent, in München aber mit 15 Prozent besteuert,
in Bielefeld dagegen mit nur zehn Prozent. Solche regionalen
Unterschiede wären in Deutschland ausgeschlossen. Aber so ähnlich ist
das Bild in der EU bei der Körperschaftssteuer: In Frankreich beträgt
der Satz für einbehaltene Gewinne 36 Prozent, in Deutschland nur 15,8
Prozent. Irland ködert Firmen mit einem Satz von 12,5 Prozent und die
Mittelmeerpleite-Insel Zypern mit zehn Prozent. Es sind dasselbe
Irland und dasselbe Zypern, die wegen ihres aufgeblähten
Bankensektors Milliardenhilfen der Euro-Partner benötigten. Somit
soll Deutschland dafür haften, dass ihnen die Iren und Zyprioten die
Steuerzahlungen deutscher Unternehmen wegnehmen. Das
Investitionskapital fließt dorthin, wo es am geringsten besteuert
wird - ganz legal. Den europäischen Finanzämtern brechen durch
»Tax-Shopping« jährlich insgesamt eine Billion Euro weg. Zu einer
Zeit, wo die Länder ihre Haushaltsdefizite abbauen müssen. Die
Steuer-Erosion geht zu Lasten der Beschäftigung. Denn damit das
Steueraufkommen nicht sinkt, wird die Steuerbelastung vom Kapital auf
den immobilen Produktionsfaktor Arbeit verlagert. Wo soll der Fiskus
geeignete Mittel zum Ausgleich der Steuerausfälle finden? Das Kapital
ist mobil. Die EU-Länder haben längst ihre Steuerhoheit eingebüßt.
Deutschland hat die Steuervermeidung für sich selbst zu lösen
versucht, als es 2008 die »Zinsschranke« einführte. Natürlich wäre
eine weltweit koordinierte Reform ideal. Aber wie soll die kommen,
wenn es nicht mal ein Mindestmaß an steuerlicher Harmonisierung in
der EU gibt?



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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