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BERLINER MORGENPOST: Der Hass ist zu groß Jacques Schuster über die Straßenschlachten und Massenproteste in Kairo

Geschrieben am 27-07-2013

Berlin (ots) - Es gibt derzeit nur eines, was sich in Ägypten mit
Sicherheit sagen lässt: Jeder Tote ist einer zu viel. Damit hören die
Gewissheiten schon auf. Die Lage bleibt verworren, weil es viele
Wahrheiten zu geben scheint: Die liberalen Kräfte in Kairo stellen
sich hinter die Armee und verteufeln die Muslimbrüder. Die
Muslimbrüder attackieren das Militär, weil es ihren frei gewählten
Präsidenten aus dem Amt geputscht hat und Mohammed Mursi mithilfe
obskurer Anschuldigungen inhaftieren ließ. Und die Generäle feiern
sich wiederum als einzige Kraft, die die Sicherheit und Ordnung im
Land wiederherstellen kann. In diesem Wirrwarr hat jeder recht und
unrecht zugleich. Die westlichen Beobachter tragen nicht dazu bei,
das politische Tohuwabohu aufzulösen. Sie wenden ihre zivilen
Wertmaßstäbe auf den Nahen Osten an, halten das Militär an sich für
böse, die Muslimbrüder für gefährlich und bauen auf die liberale
Opposition, auch wenn sie zahlenmäßig nicht gerade beeindruckend ist.
Ansonsten hoffen sie, dass zwischen den Pyramiden von Gizeh bald die
Sonne der Demokratie scheinen werde, und sind aufgebracht, wenn sie
die ersten Strahlen nicht gleich entdecken können. So einfach aber
ist es nicht. Leider! Es ist eher wie folgt - frei nach Winston
Churchill: Ägypten ist ein Rätsel, eingehüllt in ein Geheimnis
inmitten eines Mysteriums. Das Land und seine Gesellschaft stecken
voller Widersprüche. Die jüngsten Meinungsumfragen des angesehenen
Pew Research Centers belegen es. Auf der einen Seite halten 73
Prozent aller Ägypter den Einfluss der Armee für segensreich. Auf der
anderen Seite bewerten 63 Prozent das Wirken der Muslimbrüder
positiv. Einerseits wünschen sich sechs von zehn Ägyptern eine
Demokratie, andererseits hoffen 86 Prozent von ihnen, dass ihr Staat
nach islamischen Gesetzen lebt. Wie das gehen soll, kann keiner
erklären - genauso wenig, warum der liberale Hoffnungsträger und
Friedensnobelpreisträger Mohammed al-Baradei beständig in der Gunst
der Ägypter fällt. Nur über eines scheinen sich die Menschen am Nil
klar zu sein: 92 Prozent sehen in Israel einen Feind. Weit über die
Hälfte der Befragten will den Frieden mit dem Nachbarn sogar brechen.
Was folgt aus alledem? Sicher, es wäre schön, wenn sich die Soldaten
mit den Islamisten und Liberalen zusammensetzten und in einer großen
Koalition nach nationaler Eintracht strebten. Doch scheint sich
gegenwärtig eher ein Lamm zum Löwen zu legen, als dass die
verschiedenen Gruppen des Landes in friedlicher Absicht aufeinander
zugehen würden. Der Hass ist zu groß - ob es dem Westen gefällt oder
nicht. Wie soll er sich in dieser Lage verhalten? Europa und den
Deutschen bleibt derzeit nichts anderes übrig, als abzuwarten.
Freilich sollten die Europäische Union und die Bundesregierung auf
ihre - die westlichen! - Interessen achten. Drei davon stehen im
Vordergrund. Sie lauten: Die Stabilität Ägyptens muss gewahrt
bleiben, der Frieden mit Israel muss halten und der Suezkanal offen
bleiben.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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