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Lausitzer Rundschau: Der Wert der Arbeit Zum Streit über einen Mindestlohn

Geschrieben am 09-07-2013

Cottbus (ots) - Lange Zeit gab es ein Totschlagsargument gegen den
Mindestlohn: Ist er zu niedrig, bewirkt er nichts, ist er zu hoch,
vernichtet er Arbeitsplätze. Inzwischen tun sich jedoch die Gegner
von Lohnuntergrenzen mit dieser plakativen Begründung schwer.
Jedenfalls ist sie nur noch selten zu hören. Irgendetwas muss also
passiert sein, dass die holzschnittartige Betrachtung nicht mehr
recht ziehen will. Ganz einfach: Die Arbeitswirklichkeit hat sich
verändert. So schön es ist, dass Deutschland immer neue
Beschäftigungsrekorde feiern kann, Tatsache bleibt, dass dieses
Jobwunder mit zum Teil katastrophal niedrigen Löhnen erkauft wird.
Nun kann man durchaus auf dem Standpunkt stehen, dass eine schlecht
bezahlte Arbeit immer noch besser ist als gar keine. Wenn Unternehmen
daraus allerdings ein Geschäftsmodell machen und mit Vorsatz
staatliche Transfers für ihre Belegschaft einkalkulieren, wird die
Lage kritisch. Indizien dafür gibt es zuhauf. Bis vor Kurzem galt die
Zeitarbeit als Schmuddelkind bei der Vergütung. Doch seit sich die
Tarifpartner dort auf allgemeine Mindestlöhne geeinigt haben, weichen
Betriebe auf ein bis dato eher weniger genutztes Instrument aus: die
Werkverträge. Hier herrscht praktisch noch ein rechtsfreier Raum bei
der Entlohnung, den sich die Schwarzen Schafe in der
Arbeitgeberschaft zunutze machen. Das Ergebnis sind Hungerlöhne wie
etwa in vielen Schlacht- und Fleischzerlege-Betrieben. Ob dort
massenhaft Leute plötzlich ohne Job dastünden, wenn die Löhne steigen
würden? Wohl kaum. Eher hätte der Verbraucher die Folgen über einen
höheren Preis zu tragen. Angesichts der Super-Billig-Angebote gerade
bei Fleisch erscheint das aber durchaus vertretbar. Sicher: Nicht in
jeder Branche wird das so funktionieren. Deshalb ist auch ein
Einheitsmindestlohn von 8,50 Euro, wie von Gewerkschaften und
Opposition gefordert, kein Königsweg. Großbritannien zum Beispiel hat
gute Erfahrungen damit gemacht, dass eine unabhängige Expertengruppe
die Mindestvergütung regelmäßig neu festlegt. Aber die Grundrichtung
stimmt. Wenn sich kürzlich sogar die Tarifpartner im Friseurhandwerk
auf Lohnuntergrenzen geeinigt haben, ein Dienstleistungszweig mit
besonders krassen Niedrigstlöhnen, dann sollte das auch Skeptikern zu
denken geben. Nicht zuletzt deshalb, weil inzwischen auch viele
Firmen selbst unter Wettbewerb etwas anderes verstehen als
gnadenloses Lohndumping. Die Notwendigkeit einer angemessenen
Bezahlung lässt sich also nicht nur sozialpolitisch rechtfertigen,
sondern auch wirtschaftlich. Besonders die Oppositionsparteien werden
damit kräftig Wahlkampf machen. Im Streit um den Mindestlohn haben
sie zweifellos die besseren Argumente.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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