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Mittelbayerische Zeitung: Die Rechnung kommt - Die Anhörung in Karlsruhe zur Euro-Rettung legt Dinge offen, dass einem die Spucke wegbleibt. Von Stefan Stark

Geschrieben am 12-06-2013

Regensburg (ots) - Die Alternative für Deutschland kann sich
dieser Tage über kostenlose Wahlwerbung an ungewöhnlicher Stelle
freuen. Zum wiederholten Male verhandeln die Verfassungsrichter in
Karlsruhe nun über die Rechtmäßigkeit der Euro-Rettungsprogramme. Die
Argumente der Kläger, die jetzt ausgiebig auf allen Kanälen
wiedergekäut werden, könnten sich als Wasser auf die Mühlen der
Anti-Euro-Partei erweisen. Denn eines legt die Verhandlung bereits
jetzt schonungslos offen: Es wiederholt sich ein verdrießlicher
Politikstil. Bereits in der Vergangenheit wurden die Bürger nicht
gefragt, wie viel Europa sie überhaupt wollen. Und heute schert sich
die Bundesregierung nicht darum, wie viel die Bürger für die
Euro-Rettung zu zahlen bereit sind. Schlimmer noch: Den meisten
Abgeordneten im Bundestag dürfte nicht einmal bewusst sein, welche
Summen im Frankfurter Euro-Tower abgenickt werden - für die
Deutschland zu einem großen Teil geradestehen muss. Auf der
Anklagebank in Karlsruhe sitzt die Europäische Zentralbank - und mit
ihr die neuen Methoden der Rettungspolitik. Die eigentliche Aufgabe
der EZB ist es, für Geldwertstabilität zu sorgen. Von diesem Auftrag
haben sich die europäischen Währungshüter inzwischen jedoch
meilenweit entfernt. Indem die EZB Anleihen maroder Euro-Länder
aufkauft, wirft sie unverhohlen die Notenpresse an. Zusätzlich bürdet
sie den Euro-Rettungsländern horrende Risiken auf. Denn es bleibt ein
Rätsel, wie Griechenland oder Portugal ihre faulen Papiere je
zurückkaufen sollen. Die Haftung dafür wird zu 27 Prozent - so hoch
ist der Anteil der Bundesbank an der EZB - den deutschen
Steuerzahlern aufgehalst. Das Perfide daran: Die Vertreter der
Bundesbank, die diese zweifelhafte Methode strikt ablehnen, werden
regelmäßig in dem erlauchten Gremium von den Vertretern der anderen
Notenbanken überstimmt. Angespornt von EZB-Chef Mario Draghi, der es
nicht einmal für nötig hält, persönlich bei der Verhandlung zu
erscheinen. Seinen Kritikern macht er es damit leicht, ihn als
arroganten "Drahgiavelli" in die Ecke zu stellen. Bei dieser
Gemengelage bleibt einem die Spucke weg, wenn Finanzminister Wolfgang
Schäuble behauptet, es gäbe in Karlsruhe nichts zu verhandeln, weil
das Gericht in der Frage der EZB-Kompetenzen gar nicht zuständig sei.
Hier spricht der kühle Realpolitiker, der die Staatsräson über die
berechtigten Sorgen der Bürger stellt. Diese Staatsräson funktioniert
nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel. Sicherlich, die
Maßnahmen der europäischen Währungshüter ließen die Zinsen in den
größten Schuldenstaaten wieder auf ein erträgliches Maß fallen. Doch
damit wird kein einziges der vielen tiefgreifenden Strukturprobleme
in den Ländern gelöst. Im Gegenteil: Das viele billige Geld ermutigt
die Krisenstaaten geradezu, Reformen weiter auf die lange Bank zu
schieben. Dafür bezahlen wir auch einen politischen Preis. Denn die
EZB agiert wie eine Schattenregierung, die am deutschen Parlament
vorbei entscheidet. Doch es wäre illusorisch zu erwarten, dass das
Verfassungsgericht den Stein der Weisen findet. Gebetsmühlenartig
betont Karlsruhe, die Verantwortung für die Euro-Rettung liege bei
der Politik. Ebenso wenig werden die Richter der Regierung die rote
Karte zeigen, indem sie die Rettungsschirme einkassieren. Damit würde
das Gericht ja seine bereits ergangenen Beschlüsse konterkarieren. Es
wird wohl wieder ein Urteil mit dem Tenor "Ja, aber" werden. Und die
Bundesregierung wird es im Zweifelsfall als "weiter so"
interpretieren. Die erste Rechnung wird den Bürgern nach der
Bundestagswahl präsentiert. Griechenland braucht bis dahin einen
zweiten Schuldenschnitt zum Überleben. Auf Deutschland kämen dann
Lasten zu, die alle Haushaltsplanungen obsolet machen. Die Rede ist
von bis zu 30 Milliarden Euro - allein für die klammen Hellenen.
Dagegen wirken die Entschädigungssummen, die Kanzlerin Angela Merkel
den Hochwasseropfern in Aussicht gestellt hat, ziemlich bescheiden.
Die Alternative für Deutschland wird sich über so viel
Wahlkampfmunition freuen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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