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Neue Gewaltstudie: Schläge sind für ein Viertel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland Alltag (BILD)

Geschrieben am 03-06-2013

Leverkusen (ots) -

Gewalt ist in Deutschland für viele Heranwachsende erschreckender
Alltag. Fast ein Viertel (22,3%) wird von Erwachsenen oft oder
manchmal geschlagen; 28% davon sind Kinder ab sechs Jahren, etwa 17%
Jugendliche. Überraschend ist dieses Ergebnis vor allem deshalb, weil
es bereits seit 13 Jahren ein gesetzlich verankertes Recht auf eine
gewaltfreie Erziehung gibt. Die "Gewaltstudie 2013" der Universität
Bielefeld hat im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung untersucht,
wie präsent Gewalt- und Missachtungserfahrungen von Kindern und
Jugendlichen in Deutschland heute noch sind und inwiefern sie von
Armutslagen abhängen. Die Studie ist einzigartig, weil bislang zum
ersten Mal bereits Kinder ab sechs Jahren befragt wurden. In der
zweiten Altersgruppe wurden Jugendliche bis einschließlich 16 Jahre
befragt. Die Studie ist mit 900 Teilnehmern
bevölkerungsrepräsentativ.

Kinder in Armutslagen werden öfter und härter geschlagen

Auch wenn Heranwachsende aus allen Schichten Gewalterfahrungen
machen, lassen sich doch eindeutige soziale Unterschiede feststellen.
"Vor allem Kinder aus prekären Lebenslagen werden häufiger und
offenbar auch in höherer Intensität geschlagen als Kinder, deren
sozialer Status durchschnittlich oder privilegiert ist", bestätigt
Studienleiter Prof. Dr. Holger Ziegler, Fakultät für
Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld. Insgesamt geben
32,5% der sozial benachteiligten Kinder an, oft oder manchmal von
Erwachsenen geschlagen worden zu sein - 17,1% sogar so heftig, dass
sie blaue Flecken hatten. Bei den durchschnittlich bis privilegiert
gestellten Kindern kommt das weitaus weniger häufig vor (6,6% und
1,4%). Im Vergleich zu den Kindern sind die Gewalterfahrungen von
Jugendlichen zwar auch, jedoch weniger eindeutig mit dem
sozioökonomischen Status assoziiert. 22,1% der sozial benachteiligten
im Vergleich zu 17,9% der privilegierten Jugendlichen berichten, oft
oder manchmal geschlagen zu werden. 6,4% der sozial benachteiligten
Jugendlichen hatten anschließend blaue Flecken - im Gegensatz zu 3%
der privilegierten.

Dumm, faul und weniger wert

Gewalt äußert sich jedoch nicht nur durch Schläge, sondern auch
durch (verbale) Missachtung. Ein Viertel aller befragten
Heranwachsenden (25,1%) hat die Erfahrung gemacht, von Erwachsenen
als "dumm" oder "faul" beschimpft zu werden (26,7% Kinder, 23,9%
Jugendliche). Ein Fünftel gibt an, dass Erwachsene ihnen das Gefühl
geben, weniger wert zu sein. Bei den Kindern werden erneut
sozioökonomische Unterschiede sichtbar: Mit 23,6% sind sozial
benachteiligte Kinder im Vergleich zu den privilegierten Kindern
(9,9%) mehr als doppelt so häufig dieser Erfahrung ausgesetzt. Bei
den Jugendlichen ist das hohe Gesamtniveau über alle Schichten hinweg
erschreckend: Knapp 24% wurden von Erwachsenen schon mal als "dumm"
oder "faul" bezeichnet, 26% haben das Gefühl, weniger wert zu sein.
Erziehungswissenschaftler Prof. Ziegler: "Wir wissen, dass sich
solche verbalen Missachtungserfahrungen deutlich - und unter
Umständen auch stärker als körperliche Gewalterfahrungen - auf das
Ausmaß emotionaler Probleme, das Wohlbefinden oder Selbstvertrauen
der Heranwachsenden auswirken."

Privilegierte Kinder in der Schule bevorzugt?

Auch im schulischen Umfeld spielen Missachtungserfahrungen eine
Rolle - die erlebte Fairness im Klassenzimmer ist sozial sehr
ungleich verteilt. 45% der Kinder aus prekären Lebenslagen berichten,
dass LehrerInnen bestimmte Schüler besser behandeln - bei den
privilegierten Kindern empfinden das nur 22,6% so. Fast dreimal so
viele der sozial benachteiligten Kinder (14,4%) im Vergleich zu den
privilegierten Kindern (4,9%) geben an, Angst vor dem Klassenlehrer
zu haben. Fast ein Viertel hat das Gefühl, unfair behandelt zu
werden. Jugendliche nehmen ihre LehrerInnen als noch weniger fair
wahr, die Unterschiede nach sozialer Lage sind jedoch weniger stark
ausgeprägt: 55% der Jugendlichen aus prekärer Lage geben an, dass
bestimmte Schüler besser behandelt werden; in der Gruppe der
Privilegierten sind es 51,9%.

Soziales Gefälle auch beim Mobbing

Sozial benachteiligte Heranwachsende machen stärkere
Mobbingerfahrungen durch Peers als privilegierte. So berichten 70,6%
der Kinder davon, zumindest manchmal von anderen gehänselt oder
beleidigt worden zu sein, im Vergleich zu knapp 60% der
privilegierten Kinder. Davon geben 15,3% der sozial benachteiligten
Kinder und 14,3% der Jugendlichen gegenüber 6,3% der privilegierten
Kinder bzw. 5,9% der privilegierten Jugendlichen an, oft gehänselt
oder beleidigt zu werden. Mit Absicht nicht beachtet zu werden,
erleben knapp 11% der sozial benachteiligten Kinder im Gegensatz zu
2,1% der privilegierten Kinder. Bei den Jugendlichen ist das
Verhältnis ähnlich (10,1% vs. 3%).

Eltern-Kind-Beziehung wichtig

Gewalt- und Missachtungserfahrungen bleiben nicht ohne Folgen -
das weiß auch Diplom-Pädagogin Katharina Saalfrank. Die neue
Schirmherrin der Bepanthen-Kinderförderung will für das Tabuthema
"Gewalt in der Familie" ein öffentliches Bewusstsein schaffen und
sieht ihre Aufgabe darin, Eltern bei ihrer Eltern-Kind-Beziehung zu
begleiten und zu unterstützen: "Kinder und Jugendliche kommen nicht
gewalttätig auf die Welt und ihr Verhalten hat immer einen Grund.
Wenn sie in ihren ersten Beziehungen - also durch Eltern oder Familie
- Gewalt oder Missachtung erleben, integrieren sie diese Erfahrungen
in sich und entwickeln ein nur sehr geringes Selbstwertgefühl. Dieses
kompensieren sie dann mit Gewalt und übernehmen so diese gelernten
Muster in ihr eigenes Handeln", sagt Saalfrank, die in der
Familienberatung tätig ist.

In der Gewaltstudie zeigen sich bei der Elternbeziehung
statistisch bedeutsame Unterschiede nach sozioökonomischen Status.
Die Frage, ob Eltern gegebene Versprechen einhalten, verneinen etwa
40% der Kinder aus prekären Lebenslagen - im Gegensatz zu rund 20%
der privilegierten Kinder. Nur knapp die Hälfte der sozial
benachteiligten Kinder wird regelmäßig von den Eltern nach ihrer
Meinung gefragt; bei Kindern mit privilegiertem Hintergrund sind es
hingegen zwei Drittel. Rund 30% der sozial benachteiligten
Jugendlichen berichten ebenfalls davon, sich nicht auf Versprechen
ihrer Eltern verlassen zu können und mehr als 40% haben das Gefühl,
die Erwartungen der Eltern nicht erfüllen zu können; bei den
privilegierten Jugendlichen sind es unter 30%.

Kein eigenes Zimmer, nicht genügend Geld

Die sozioökonomische Lage der Familie wird auch von den jungen
Menschen selbst ganz unmittelbar wahrgenommen. Mehr als ein Viertel
(27%) der Kinder und Jugendlichen aus prekären Lebenslagen hat kein
eigenes Zimmer, im Gegensatz zu nur 2% der privilegierten und 5% der
durchschnittlich gestellten Heranwachsenden. Bereits jedes fünfte
Kind (21,4%) aus prekären Lebenslagen ist sich bewusst, dass die
eigene Familie nicht genügend Geld hat, um sich alles leisten zu
können. Von den privilegierten Kindern macht nur jedes 50. Kind (2%)
eine solche Erfahrung.

Bepanthen-Kinderförderung unterstützt Arche-Kinder

Die "Gewaltstudie 2013" belegt, dass Gewalt und Missachtung für
viele Kinder und Jugendliche zum Alltag gehören. Um vor allem den
häufig betroffenen sozial benachteiligen Kindern eine Möglichkeit der
Verarbeitung solcher Erlebnisse zu geben, hat die
Bepanthen-Kinderförderung im Mai 2013 ein bundesweites
Konflikt-Training an 13 Standorten des Kinder- und Jugendwerks "Die
Arche" gestartet. "Die Kinder können in diesem Rahmen begleitet ihre
Erfahrungen im geschützten Raum der Arche ansprechen - und auch
verstehen, dass jede Gewalt an ihnen eine Grenzüberschreitung
bedeutet und nicht ok ist und Unrecht bedeutet", so Saalfrank.

Sowohl die Schirmherrin als auch Studienleiter Holger Ziegler
wünschen sich mehr öffentliche Aufmerksamkeit für das Tabuthema
Gewalt. "Denn Gewalt an Kindern in jeglicher Form ist nicht nur
gesetzlich verboten, sondern beeinträchtigt vor allem die Entwicklung
von Kindern nachhaltig. Jeder Schlag hinterlässt tiefe Schrammen auf
der Seele. Im Sinne der Kinder müssen wir als Gesellschaft die
wissenschaftlichen Erkenntnisse über gesundes Aufwachsen von Kindern
endlich in die pädagogische Praxis integrieren und ein Umdenken als
notwendige, gesellschaftliche Aufgabe begreifen", betonen die
Diplom-Pädagogin und der Erziehungswissenschaftler.

Die Bepanthen-Kinderförderung setzt sich seit 2008 für sozial
benachteiligte Kinder in Deutschland ein und unterstützt die Arche
mit Förderprogrammen und jährlichen Geldspenden. Derzeit sind 2,5
Millionen Kinder hierzulande von Armut betroffen. Weitere
Informationen unter www.kinderförderung.org.

Über Bayer HealthCare Deutschland

Bayer HealthCare Deutschland vertreibt die Produkte der in der
Bayer HealthCare AG zusammengeführten Divisionen Animal Health,
Consumer Care, Medical Care (Diabetes Care und Radiology &
Interventional) und Pharmaceuticals. Das Unternehmen konzentriert
sich auf das Ziel, in Deutschland innovative Produkte in
Zusammenarbeit mit den Partnern im Gesundheitswesen zu erforschen und
Ärzten, Apothekern und Patienten anzubieten. Die Produkte dienen der
Diagnose, der Vorsorge und der Behandlung akuter und chronischer
Erkrankungen sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin. Damit
will Bayer HealthCare Deutschland einen nachhaltigen Beitrag leisten,
die Gesundheit von Mensch und Tier zu verbessern.

www.gesundheit.bayer.de www.twitter.com/gesundheitbayer

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Diese Presseinformation kann bestimmte in die Zukunft gerichtete
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der Unternehmensleitung des Bayer-Konzerns bzw. seiner Teilkonzerne
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Ungewissheiten und andere Faktoren können dazu führen, dass die
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die Bayer in veröffentlichten Berichten beschrieben hat. Diese
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zukunftsgerichteten Aussagen fortzuschreiben und an zukünftige
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