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DER STANDARD-Kommentar "Zypern als Vorbote" von Andreas Schnauder

Geschrieben am 22-03-2013

"Die Schuldenkrise wird global noch viele Opfer der
Vermögenden bringen" - Ausgabe 23.3.2013

wien (ots) - Der Aufschrei ging von Zypern durch die Welt: Die
ursprünglich geplante Zwangsabgabe auf alle Einlagen wurde als
unsozial und dilettantisch verteufelt, noch dazu untergrabe sie das
Vertrauen in die Sicherheit der Ersparnisse. Darüber kann man
trefflich streiten. Unstrittig ist hingegen, dass das Schuldenproblem
keine Spezialität einiger Randstaaten der Eurozone darstellt.
Vielmehr muss sich die internationale Staatengemeinschaft langsam,
aber sicher Gedanken machen, wie sie die Schieflage der öffentlichen
Haushalte in den Griff bekommen will.
Davon ist, abgesehen von den Floskeln, wonach sich Sparen und
Wachstum nicht gegenseitig ausschlössen, wenig zu hören. Faktum ist:
In den Industriestaaten steigt die Verschuldung heuer auf 111 Prozent
der Wirtschaftsleistung und nähert sich damit gefährlich nahe dem
während des Zweiten Weltkriegs erzielten Höchstwert von 116 Prozent -
mit dem Unterschied, dass die Wachstumsraten der Nachkriegszeit heute
höchstens von Schwellenländern erreicht werden können, nicht aber von
Europa, den USA oder Japan.
Das führt schon zum nächsten Problem: Die Extraprämie, die die
Regierungen in Form von Negativzinsen einstreifen, wird zum Erreichen
eines erträglichen Standes der Verbindlichkeiten nicht ausreichen. Da
müsste die Inflation die Verzinsung der staatlichen Kreditaufnahme
schon stark übertreffen. Es zirkulieren Berechnungen, wonach diese
negativen Realzinsen über zehn Jahre bei mindestens minus fünf
Prozent liegen müssten, um nachhaltige Schuldenniveaus zu erreichen.
Und selbst diese Form der schleichenden Enteignung wäre angesichts
der im Unterschied zur Nachkriegszeit vorhandenen Mobilität des
Kapitals kaum umsetzbar.
Somit steigt die Gefahr von Zwangsmaßnahmen, die überfallsartig
verhängt werden (müssen). Und da kommen eben wieder drastische
Vermögensabgaben ins Spiel, bei denen es tatsächlich viel zu holen
gibt. Dazu wird wohl eine seit längerem fertige, aber (warum nur?)
immer noch unveröffentlichte Studie der Europäischen Zentralbank
einen Beitrag leisten. Nach den bisherigen Ergebnissen einiger
nationaler Notenbanken kann man davon ausgehen, dass die
durchschnittlichen Haushaltsvermögen in Europa in der Gegend von
100.000 Euro liegen.
In Summe machen die Ersparnisse der Privaten in der Eurozone 18
Billionen Euro aus. Boston Consulting hat errechnet, dass man davon
ein Drittel kappen müsste, um ein erträgliches Schuldenniveau zu
erreichen. Das zeigt schon, von welchen Dimensionen gesprochen wird,
auch wenn diese Variante äußerst unwahrscheinlich erscheint. Doch auf
eines sollte man gefasst sein: Negativzinsen, Vermögensbesteuerung
und weitere Schuldenschnitte beziehungsweise eine Mischung aus diesen
Maßnahmen werden eher früher als später erforderlich sein. Somit
rächt sich, was die Mainstream-Politik zum Maß aller Dinge erklärt
hat: Alles zu retten, was zu retten ist. Mit Konjunktur- und
Bankenspritzen wurden Billionen an Schulden aufgetürmt, viele
Probleme aber nicht behoben.
Die Zeche dafür werden auf jeden Fall die Vermögenden zu zahlen
haben. Sie wissen es nur noch nicht. Das Tauziehen um die Rettung
Zyperns hat nun erstmals klargemacht, dass es kaum Alternativen gibt
- zumindest keine, die nicht anderweitige Kollateralschäden
hinterlassen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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