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Lausitzer Rundschau: Verantwortungslosigkeit - ein Politik-Merkmal des abgelaufenen Jahres Johannes M. Fischer

Geschrieben am 30-12-2012

Cottbus (ots) - Es wäre so schön einfach, das abgelaufene Jahr mit
einem einzigen Schlagwort charakterisieren zu können. Brandenburger
und Berliner benötigen eigentlich nicht einmal ein Wort, da genügt
schon eine Andeutung, so wie "Fluuu" - und gleich wissen alle
Bescheid. Ach ja, der Flughafen. Die teure Blamage. Zumindest in der
subjektiven Wahrnehmung überschattet die peinliche Verschiebung der
Eröffnung so ziemlich alles, was sonst noch passiert ist in der
kleinen und der großen Welt. Zum Glück ist niemand verantwortlich -
jedenfalls findet sich niemand, der es einräumt. Nun ja,
Eröffnungsbänder durchzuschneiden macht ja auch deutlich mehr Spaß
als Fehler zuzugeben. Nur wenn es dick kommt, fehlt den meisten die
Courage, sich hinzustellen und zu sagen: Jawoll, wir haben vergeigt!
Es gibt Gesellschafter und Aufsichtsräte, politische
Entscheidungsträger und Kontrollinstanzen, aber niemand mag die Frage
nach der Verantwortung mehr hören. Gerne (und nicht ganz zu Unrecht)
wird auch auf jene verwiesen, die ihre Aufträge nicht sauber
abgearbeitet haben. Die waren es aber auch nicht. Zum Glück gibt es
noch den deutschen Steuerzahler. Vielleicht war der es ja. Der ist es
übrigens immer. Er steht auch dann noch gerade, wenn sich alle
anderen schon weggeduckt haben. 2012 haben sich nämlich nicht nur
Flughafen-Bauer aus der Verantwortung gestohlen. Zwar geht es nicht
immer gleich um Milliarden. Und Geld ist nicht alles. Wie nennt man
das, wenn ein Präsident sich aus dem Staub macht? Gibt es dafür einen
Begriff? Sich verköhlern oder verwulffen? Horst Köhler, der 2010 den
Rücktritt aus dem höchsten Amt im Staat erklärte, folgte 2012 - aus
anderen Motiven - Christian Wulff. Mit diesem Doppelschlag
entwerteten die beiden Männer jenes Amt, das wie kein anderes für die
Werte unserer Gesellschaft steht. Werte wie Pflicht,
Verantwortungsbewusstsein, Aufrichtigkeit. Materiell betrachtet muss
der Steuerzahler "nur" den millionenschweren Ehrensold tragen. Die
Entwertung der moralischen Werte gab es kostenfrei dazu. Die Liste
der Verantwortungsflucht ist kein deutsches Phänomen, es ist eine
weltweite Krankheit. Erinnert sei an Francesco Schettino, den Kapitän
der "Costa Concordia", die vor der italienischen Insel Giglio sank.
Menschen rannten verwirrt umher auf dem sinkenden Schiff, doch einer
fehlte. Kapitän Schettino war "versehentlich" in ein Rettungsboot
gefallen, in dem er sich bester Gesundheit erfreute, während
gleichzeitig 32 Menschen ihr Leben ließen. Doch zurück nach
Deutschland und ins Jahr 2013. Der Steuerzahler darf wählen! Damit er
das Kreuz an die richtige Stelle setzt, tröpfeln die ersten
Wahlversprechen ein. Worthülsen-Wolken ziehen auf, und es dauert
nicht mehr lange, dann wird es Wahlgeschenke hageln. Sollte es so
kommen: Verantwortungsvoll ist auch das nicht.Doch was wäre ein
Rückblick ohne Lichtblick? Es gab sehr viele schöne Momente und es
ist sogar damit zu rechnen, dass aus dem Flughafenfluch doch noch ein
Wirtschaftswunder wird. Waten wir's ab - 2013 wird ein spannendes
Jahr.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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