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Sind Brandkatastrophen wie die in Titisee-Neustadt vermeidbar? / Qualifizierter Rauchschutz kann Leben retten

Geschrieben am 29-11-2012

Detmold (ots) - Fachleute wissen seit langem: Im Brandfall ist
nicht die Hitze, sondern der sich sehr schnell in enormen Mengen
bildende und ausbreitende Rauch das größte Problem. Er verhindert
binnen weniger Minuten, dass sich Menschen in brennenden Gebäuden
orientieren können. Auch das Atmen ist dann oft nicht mehr möglich.
80 Prozent der Brandtoten ersticken an den Rauchgasen. Sowohl für die
noch fluchtfähigen (Selbstrettung) und nicht mehr fluchtfähigen
Menschen (Fremdrettung) als auch für die angreifende Feuerwehr hat
das Rauchpotenzial höchste Priorität.

Tödliche Gefahr durch Brandrauch

Dipl.-Ing. Frieder Kircher, leitender Branddirektor bei der
Berliner Feuerwehr, berichtet, dass es im Brandfall Aufgabe der
Feuerwehr sei, Personen und Tiere im Brandobjekt zu retten, eine
Ausbreitung des Feuers zu verhindern und den Brand zu löschen.
Allerdings werden die Rettungsmaßnahmen und der Löschangriff durch
Hitze und besonders Rauch, wie sie bei Schadenfeuer in Gebäuden
unweigerlich entstehen, stark behindert. Deshalb müssen Hitze und
Rauch durch Maßnahmen des vorbeugenden Brandschutzes aus dem Gebäude
entfernt werden. Dazu zählen an wichtiger Stelle Wärmeabzüge und
Rauchabzugsanlagen. Einen voll verrauchten Raum kann die Feuerwehr
noch mit Feuerwehrausrüstung und Atemschutz betreten, doch darin
befindliche Personen sind wegen der schlechten Sicht meist nicht mehr
oder nur noch zu spät auffindbar. Sie können nicht frühzeitig
gerettet werden und der Brand entwickelt sich heftiger, als das bei
rechtzeitigem Orten und Bekämpfen der Fall gewesen wäre. Bei
fehlender oder nicht ausreichender Entrauchung besteht zudem die
Gefahr, dass es zu einer Verbrennung unter Sauerstoffmangel kommt.
Bei anschließender Sauerstoffzufuhr - beispielsweise durch das Öffnen
von Türen oder Bersten von Fenstern - können noch brennbare Gase
durchzünden. Dieser sogenannte Backdraft gefährdet auch das Leben der
Löschmannschaften erheblich.

Hohes Risiko durch falsche Prioritäten

Der Baugesetzgeber sieht in dieser Thematik seit einigen Jahren
leider keine Priorität mehr. In den Bau- und Sonderbauverordnungen
wird zunehmend unterstellt, dass die Feuerwehr nicht mehr für die
Selbst- und Fremdrettung zuständig ist, weil die Menschen sich wohl
rechtzeitig selbst in Sicherheit gebracht hätten. Nur für die
Brandbekämpfung soll die Feuerwehr noch ein wenig mit einer
Rauchabführung unterstützt werden - im Vergleich zur Vergangenheit
allerdings in einem sehr reduzierten Umfang. Dass diese dann weder
für die Selbst- noch für die Fremdrettung ausreicht, musste leider
auch bei dem verheerenden Brand einer Behindertenwerkstatt in
Titisee-Neustadt am vergangenen Montag festgestellt werden.

Was die Betreiber und Nutzer eines Gebäudes meist nicht wissen:
Auch wenn ein Industriegebäude nach den aktuellen
Sonderbauverordnungen errichtet wurde, darf eigentlich nicht mehr auf
die Unterstützung der Feuerwehr für die Selbst- und Fremdrettung
gesetzt werden - obwohl die Feuerwehr dies nach ihrem eigenen
Selbstverständnis natürlich versucht. In Titisee-Neustadt konnte die
Feuerwehr noch zahlreiche Personen aus dem verrauchten Gebäude
retten. Eine sehr beachtliche Leistung bei hohem eigenem Risiko!

Vergleichbare Katastrophen könnten zunehmen

Ein so schreckliches Ereignis, wie es in Titisee-Neustadt
geschehen ist, war zu erwarten. "Solche Fälle werden vermutlich sogar
noch zunehmen", erklärt Dipl.-Ing. Thomas Hegger, Geschäftsführer des
FVLR Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e. V. "Denn die neuesten
Planungen zur Überarbeitung der Sonderbauverordnungen wollen die
früher in großen Räumen im Brandfall meist verlangte einzuhaltende
raucharme Schicht von 2,5 m oberhalb des Fußbodens ersatzlos
abschaffen."

Prof. Reinhard Ries, leitender Branddirektor der Frankfurter
Berufsfeuerwehr, trug noch im September 2012 auf den Braunschweiger
Brandschutztagen vor, dass die Feuerwehr im Regelfall diese raucharme
Schicht von 2,5 m unbedingt benötige, um eine erfolgreiche und
schnelle Fremdrettung sowie einen gezielten Löschangriff durchführen
zu können. Dipl.-Phys. Georg Spangardt, Branddirektor der
Berufsfeuerwehr Köln, berichtet, dass durch die Verrauchung im
Gebäude in erster Linie die Rettungswege mit Rauch gefüllt werden.
Wenn der erste Rettungsweg, beispielsweise die notwendige Treppe,
verraucht ist, können ihn die im Gebäude befindlichen Personen nicht
mehr benutzen und sind auf eine Fremdrettung durch die anrückende
Feuerwehr angewiesen. In einem verrauchten Raum verliert man sehr
schnell die Orientierung, auch wenn man sich normalerweise in dem
Raum sehr gut auskennt. Hinzu kommt die große Gefahr des schnellen
Erstickungstods aufgrund der toxischen Brandgase. Somit ist jede
Behinderung der Rettung durch sich ausbreitenden Rauch im wahrsten
Sinne des Wortes lebensgefährlich.

Qualitativer Rauchschutz muss nicht teuer sein

Dass eine gezielte Rauchabführung durchaus bezahlbar ist,
erläutert Dipl.-Ing. Michael Kowalski, Geschäftsführer der Essmann
GmbH, einem der führenden deutschen Hersteller von natürlichen
Rauchabzugsanlagen (NRA). Rechnet man alle dafür entstehenden Kosten
allein der Rauchabzugsanlage zu, müsste mit etwa 10 bis 15 Euro pro
m² Raumgrundfläche gerechnet werden. Werden die NRA in entsprechend
geeignete Dachoberlichter integriert, die zur Ausleuchtung der
Innenräume mit kostenlosem Tageslicht und zur Reduzierung des
Stromverbrauchs eingesetzt werden, sind die nur für die NRA-Funktion
anfallenden Mehrkosten mit lediglich etwa 2,50 Euro pro m²
Raumgrundfläche anzusetzen. Allein die Kosten für den Anstrich eines
Betonfußbodens lägen meist höher.

Weitere Informationen sind abrufbar unter www.fvlr.de.



Pressekontakt:
FVLR Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e.V.
Dipl.-Ing. Thomas Hegger
Ernst-Hilker-Straße 2
32758 Detmold
Tel.: 05231 30959-0
E-Mail: thomas.hegger@fvlr.de


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