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Zwischen Selbstoffenbarung und Privatheit: Wie schützen junge Menschen ihre Daten? / Landesanstalt für Medien NRW präsentiert neue Studie zum Datenschutzverhalten junger Menschen in sozialen Netzwerke

Geschrieben am 29-10-2012

Düsseldorf (ots) -

Fremde Fotos ins Netz stellen: Kaum Bewusstsein bei Jugendlichen

Freizügige Fotos, Infos über Stress mit den Eltern oder über Zoff
in der Clique - das sogenannte Selbstoffenbarungsverhalten ist
besonders bei Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren ausgeprägter als
bei anderen Altersgruppen - und damit ein Risiko, weil fraglich ist,
ob und welche vertraulichen Inhalte überhaupt in sozialen Netzwerken
wie Facebook Eingang finden sollten. Zwar hat die Mehrheit der zwölf-
bis 24-jährigen Nutzer restriktive Datenschutzeinstellungen (48
Prozent "Wenigoffenbarer" und 39 Prozent "Privatsphäre-Manager"),
aber jeder siebte (14 Prozent "Vieloffenbarer") verwendet recht
offene Einstellungen, hat einen hohen Anteil an unbekannten Kontakten
und zeigt zugleich ein aktives Kommunikationsverhalten im Netz.

Dies sind zwei wesentliche Ergebnisse der neuen Studie der
Landesanstalt für Medien NRW (LfM) zum Datenschutzverhalten junger
Menschen im Netz. Die LfM-Studie "Digitale Privatsphäre:
Heranwachsende und Datenschutz auf Sozialen Netzwerkplattformen"
wurde heute (29. Oktober 2012) im Rahmen einer Fachtagung in
Düsseldorf vorgestellt.

Besonders bei Jugendlichen mit formal niedriger Bildung gibt es
danach einen großen Aufklärungsbedarf bei der Frage, welche
persönlichen Daten in sozialen Netzwerken wie veröffentlicht werden.
So hätten zwar die meisten Nutzer ihr Profil und alle anderen
Elemente der Selbstdarstellung auf den Plattformen so eingestellt,
dass nur die von ihnen hinzugefügten oder bestätigten Kontakte
Zugriff darauf haben. Diese Einstellung scheint sich mittlerweile zu
einem Standard etabliert zu haben. Fragwürdig ist allerdings, wie
sinnvoll die Restriktion auf die eigene Kontaktliste ist, wenn sich
in dieser auch unbekannte Personen befinden: Gerade bei den jüngeren
Nutzern reicht es oftmals aus, eine Person dem Namen nach oder über
andere zu kennen ("friends-of-friends"), was klar ein Risiko
darstellt.

Die LfM-Studie wurde von der Forschungsstelle für Medienwirtschaft
und Kommunikationsforschung der Universität Hohenheim (Prof. Dr. Dr.
Michael Schenk und Julia Niemann M.A.) gemeinsam mit dem Lehrstuhl
für Lehren und Lernen an der Universität der Bundeswehr München
(Prof. Dr. Gabi Reinmann und Jan-Mathis Schnur, M.A.) sowie der
Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet) der
Universität Kassel (Prof. Dr. Alexander Roßnagel und Dr. Silke Jandt)
erstellt. Für die Erhebungen wurde das Verhalten von mehr als 1.300
Nutzer/-innen im Alter von zwölf bis 24 Jahren im Social Web
analysiert.

In Datenschutzfragen sind viele unbedarft

Rund die Hälfte der zwölf- bis 14-jährigen Nutzer (47 Prozent) hat
bereits Inhalte online gestellt, an denen sie kein Urheberrecht
besaßen. Die Studie verweist noch auf ein zusätzliches Problem. Dies
betrifft den Umgang mit den personenbezogenen Daten Anderer: Mehr als
ein Drittel der Zwölf- bis 24-Jährigen (38 Prozent) berichtet davon,
dass bereits Inhalte, mit denen sie nicht einverstanden waren (wie
zum Beispiel Fotos) ohne ihre Zustimmung ins Netz gestellt wurden.
Damit werden ihre eigenen Persönlichkeitsrechte verletzt. Besonders
bemerkenswert ist: Es existiert umgekehrt eine Praxis, in der es
normal ist, die Daten Dritter ohne deren vorherige ausdrückliche
Erlaubnis hochzuladen. Zwei von fünf Nutzern (39 Prozent) finden es
in Ordnung, Inhalte ins Internet zu stellen, ohne dies mit den
Betroffenen abzuklären. Während sie die ungefragte Verwendung der
eigenen Daten problematisieren, handhaben junge Nutzer den Umgang mit
personenbezogenen Daten anderer eher locker.

LfM-Direktor Dr. Jürgen Brautmeier sagte, dass sich viele der in
der Öffentlichkeit entworfenen Schreckensszenarien erfreulicherweise
für eine Mehrheit der Nutzer nicht bewahrheitet hätten. "Die vielen
Aufklärungsmaßnahmen, die durch medienpädagogische Initiativen
vielerorts durchgeführt werden, bewirken offenbar etwas. Die Studie
zeigt uns jedoch sehr genau diejenigen Zielgruppen auf, die einen
problematischen Umgang mit ihren Daten pflegen", so Brautmeier
weiter. "Hierzu zählen vor allem jüngere Jugendliche, insbesondere
diejenigen mit niedriger formaler Bildung, und die Jugendlichen, für
die eine offene Kommunikation im Netz einen hohen Stellenwert
einnimmt.

Diese Zielgruppen müssen wir besser schützen und mit unseren
Medienkompetenzmaßnahmen künftig noch deutlicher stärken."

Prof. Dr. Michael Schenk sagte, dass mit der Studie nun erstmals
differenzierte Erkenntnisse über Gruppen vorlägen, die, was das
Nutzungsverhalten in sozialen Netzwerken betrifft, "Risikogruppen"
seien: nämlich die 15- bis 17-Jährigen in der Pubertät und die
Jugendlichen mit niedriger Bildung. "Allerdings freut uns besonders,
dass junge Nutzerinnen und Nutzer im Netz kaum öffentlich über
familiäre Dinge, Beziehungsprobleme oder Krankheiten sprechen. Solche
Themen gelten gemeinhin als privat und werden nicht öffentlich
gepostet. Dies spricht für ein gewachsenes Feingefühl bei den Usern."

In dem Rechtsgutachten, das Bestandteil der Gesamtstudie ist,
formulieren Prof. Dr. Alexander Roßnagel und Dr. Silke Jandt zentrale
Forderungen an die Medienpolitik: "Social Networks können sowohl
grundrechtsfördernd als auch grundrechtsverletzend sein. Daher kann
es nicht das Ziel der Gesetzgebung sein, sie zu verbieten. Sie sind
stattdessen so zu gestalten, dass die Nutzer die Chancen zur
Persönlichkeitsentfaltung, Informations- und Meinungsfreiheit
wahrnehmen können und gleichzeitig die Risiken der Verletzung von
Persönlichkeitsrechten und von der informationellen Selbstbestimmung
minimiert werden. Kinder und Jugendliche müssen aber durch
zusätzliche Vorschriften geschützt werden."

Bibliographische Angaben zur Studie:

Michael Schenk, Julia Niemann, Gabi Reinmann, Alexander Roßnagel
(Hrsg.): Digitale Privatsphäre. Heranwachsende und Datenschutz auf
sozialen Netzwerkplattformen. Berlin (Vistas), 2012. Schriftenreihe
Medienforschung der Landesanstalt für Medien NRW (LfM), Band 71, ISBN
978-3-89158-577-1, 25,- E

Eine Zusammenfassung der Studie steht auf der Homepage der LfM
(www.lfm-nrw.de) zum Download bereit.

Die wissenschaftlichen Ergebnisse sind in einer Kompaktversion
zusammengefasst und auf eine leichtere Lesbarkeit ausgerichtet
worden. Die neue LfM-Kompaktstudie wendet sich gezielt an
Multiplikatoren, Pädagogen und sonstige Interessierte und steht
ebenfalls auf der Homepage zum Download bereit.

Weiterführende medienpädagogische Informationen zum Thema
Datenschutz in sozialen Netzwerken:

klicksafe (www.klicksafe.de): klicksafe ist eine Initiative im
Safer Internet Programme der Europäischen Union für mehr Sicherheit
im Internet. Unter dem Motto "Mehr Sicherheit im Internet durch
Medienkompetenz" ist klicksafe auf verschiedenen Ebenen aktiv. Ein
wichtiger Schwerpunkt ist es, Eltern, Pädagogen, Kinder, Jugendliche
und den allgemeinen Internetnutzer mit praktischen Informationen,
Flyern und Broschüren über Themen wie "Abzocke im Internet",
"Datenschutz", "Cybermobbing" oder "Computerspiele" zu informieren.
Alle Materialien stehen unter www.klicksafe.de/materialien zum
kostenlosen Download zur Verfügung und können in gedruckter Fassung
über die klicksafe-Webseite bestellt werden. klicksafe wird gemeinsam
von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK)
Rheinland-Pfalz (Koordination) und der Landesanstalt für Medien
Nordrhein-Westfalen (LfM) umgesetzt.

Internet-ABC (www.internet-abc.de): Das Internet-ABC bietet als
Ratgeber im Netz Hilfestellung und Informationen über den sicheren
Umgang mit dem Internet. Die Plattform richtet sich an Kinder von
fünf bis zwölf Jahren sowie Eltern und Pädagogen, die dort
zielgruppenspezifisch aufbereitetes Basiswissen über das Internet
finden. Das Internet-ABC will die Computer- und Internetkompetenzen
von Jung und Alt fördern und die Selbstverantwortung der Nutzer
stärken. Zu diesem Zweck stellt das Internet-ABC Kindern, Eltern und
Pädagogen umfangreiche Materialien zur Verfügung, die insbesondere im
schulischen Kontext vielseitig Anwendung finden. Die Website ist
sicher, werbefrei und nicht kommerziell.

Das Projekt wird von dem gemeinnützigen Verein Internet-ABC e. V.
getragen, dem unter Vorsitz der Landesanstalt für Medien Nordrhein-
Westfalen insgesamt 13 Landesmedienanstalten angehören. Mit der
redaktionellen Projektleitung ist das Grimme-Institut in Marl
beauftragt.

klicksafe und Internet-ABC haben in Kooperation den Leitfaden
"Datenschutz im Internet" herausgegeben. Dieser steht unter
http://ots.de/cBNEt zum Download bereit.



Pressekontakt:
Kontakt für Medien:
Landesanstalt für Medien NRW
Dr. Peter Widlok
Sprecher der LfM
Telefon: (0211) 7 70 07 - 141
E-Mail: pwidlok@lfm-nrw.de

Wissenschaftliche Projektleitung
Prof. Dr. Dr. Michael Schenk, Universität Hohenheim, Fachgebiet
Kommunikationswissenschaft und Sozialforschung
Tel.: (0711) 459 - 22 817
E-Mail: kofo@uni-hohenheim.de


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