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BPI: Schlechte Zahlen - gute Politik?

Geschrieben am 26-09-2012

Berlin (ots) - Wie verlässlich sind internationale Preisvergleiche
und Einsparpotenzialrechnungen als Basis für Spar-Gesetze
tatsächlich? In einer vom BPI in Auftrag gegebenen Untersuchung
verschiedener Berechnungen kommen die Wissenschaftler Prof. Dieter
Cassel, Univ. Duisburg, und Prof. Volker Ulrich, Univ. Bayreuth, zum
Ergebnis, dass alleine die Komplexität der Ermittlung von
Einsparpotenzialen vor allem im internationalen Kontext deren
scheinbar exakte Bezifferung praktisch unmöglich macht. Dadurch
würden solche Berechnungen eher in die Irre führen und könnten keinen
verlässlichen Maßstab für rationales Handeln im Gesundheitswesen
darstellen. Wenn Einsparberechnungen vorgelegt werden, müssten diese
transparent sein, ihre Annahmen offen legen und ihre Grenzen
diskutieren. Dies sei z. B. beim Arzneiverordnungs-Report (AVR) nicht
ausreichend gegeben. "Der BPI hat die Berechnungen des AVR zu den
Ländervergleichen mit Schweden und Großbritannien aus den Jahren 2010
und 2011 nachvollzogen. Grundsätzlicher Fehler des AVR war, dass
Apothekenverkaufspreise verglichen und daraus Schlussfolgerungen zu
Einsparpotenzialen bei den pharmazeutischen Unternehmen nahegelegt
wurden. Zudem wurden die in Deutschland geltenden Zwangsrabatte
einfach außer Acht gelassen. In beiden Ländervergleichen halten die
scheinbar exakt ermittelten und angeblich von den Herstellern
verursachten Mehrkosten einer Überprüfung nicht stand. Wenn mit
solchen Zahlen Politik gemacht wird, kann das nicht gut gehen",
erklärte Dr. Martin Zentgraf, Vorstandsmitglied des BPI.

Für Schweden hatte der AVR errechnet, dass die
Apothekenverkaufspreise der 50 umsatzstärksten patentgeschützten
Arzneimittel in Deutschland im Durchschnitt um 48 Prozent über den
schwedischen Apothekenverkaufspreisen lägen. Wenn aber die bei den
Herstellern verbleibenden Einnahmen zugrunde gelegt wurden, lag der
Unterschied nur noch bei 4,5 Prozent. 2011 war Deutschland auf dieser
Basis sogar um zwei Prozent günstiger als Schweden.

Für Großbritannien, Vergleichsland im Jahr 2011, stellt sich die
Situation ähnlich dar. Besonders ins Gewicht fiel hier, dass von den
Autoren des AVR die Wechselkursentwicklung zwischen Euro und Pfund
außer Acht gelassen wurde. Allein durch die Wechselkursveränderung
zwischen 2000 und 2009 sind bei Import eines Arzneimittels
Preisverschiebungen von 41Prozent erklärbar, ohne dass sich der Preis
dieses Arzneimittels in Deutschland oder Großbritannien verändert
hätte.

Das vom AVR ermittelte Einsparpotenzial aus diesem Ländervergleich
ist daher weitgehend fiktiv und der Unterschied beträgt bei
realistischen Annahmen nicht wie vom AVR angegeben 65 Prozent. Im
Gegenteil, es verschwindet. Denn wenn man Wechselkursentwicklung und
die Abgabemengen berücksichtigt, ergibt sich sogar ein englisches
Einsparpotenzial. Diese Berechnung zeigt, dass das Einsparpotenzial
dramatisch überschätzt wird. Eine exakte Berechnung ist auf Grundlage
der verfügbaren Daten nicht möglich und sollte daher unterlassen
werden.

Wer die Zahlen des AVR genauer betrachtet, kann nur an die Politik
appellieren, dass Entscheidungen evidenzbasiert sein müssen. Auch mit
wissenschaftlichem Anspruch vorgetragene Auswertungen bedürfen einer
kritischen Würdigung. Denn von derart fragwürdigen Grundlagen
beeinflusste politische Entscheidungen können Unternehmen in ihrer
Wirtschaftlichkeit bedrohen, Arbeitsplätze gefährden und gleichzeitig
die Versorgungsqualität und -sicherheit in Deutschland einschränken.
"Den AVR fordern wir auf, seine Daten, Annahmen und
Berechnungsgrundlagen transparent zu machen", so Zentgraf.

Faktoren, die Einsparpotenziale erheblich verzerren:

- Verwendung unterschiedlicher Berechnungsmethoden, die durch
realitätsferne Vereinfachungen Einsparpotenziale z.T.
systematisch überschätzen.
- Einsparpotenzial für 2009 (S) bzw. 2010 (GB) wird auf
Preisbasis 2010 (S) bzw. 2011 (GB) ermittelt, also werden
unterschiedliche Jahre verglichen.
- Die auf die verschiedenen Marktteilnehmer (Hersteller,
Apotheker, Großhändler) entfallenden Anteile werden nicht
differenziert.
- Die durch Preismoratorium und gesetzliche Abschläge verursachten
Einnahmeminderungen von Herstellern und Apothekern werden nicht
berücksichtigt.
- Die unterschiedlichen Regulierungssysteme der Länder im
Vergleich zu Deutschland werden nicht berücksichtigt.
- Die erheblichen Einflüsse der Wechselkursentwicklung werden
nicht berücksichtigt.
- Kostenminderungen durch Rabattverträge werden nicht
berücksichtigt.
- Die Marktdynamik wird ignoriert - würden Arzneimittel wie
unterstellt ausgetauscht, hätte dies massive Veränderungen des
Preisgefüges zur Folge.

Die Berechnungen des BPI sowie die Unterlagen der Pressekonferenz
stehen unter
www.bpi.de/daten-und-fakten/arzneiverordnungs-report-2012 zum
Download bereit.



Pressekontakt:
Joachim Odenbach
Tel. 030/27909-131
jodenbach@bpi.de


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