(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Gefährlicher September, Börsenkommentar "Marktplatz", von Christopher Kalbhenn.

Geschrieben am 17-08-2012

Frankfurt (ots) - Das allmählich auf die Nerven gehende Warten
darauf, dass der Dax auch noch die paar fehlenden Punkte schafft, die
bis zu Marke von 7000 fehlen, hat endlich ein Ende. Sieben
Handelstage lang hatte sich Deutschlands Blue-Chip-Index in einer
Seitwärtsbewegung von rund 6900 bis 7000 geziert, ehe er in der
abgelaufenen Woche endlich ein Einsehen hatte. Am Freitag kroch der
Index dann noch bis auf 7041 Punkte; ein dynamischer Durchbruch sieht
anders aus. Das zögerliche, vorsichtige sich Vortasten des
Aktienmarktes ist allerdings verständlicher als die Ungeduld, mit der
so mancher auf den Anstieg über 7000 Zähler wartete.

Das Wissen um die statistisch belegte Tatsache, dass der September
im Durchschnitt der zurückliegenden Jahrzehnte der Monat ist, in dem
der Dax seine schlechteste Performance zeigt, dürfte dabei - wenn
überhaupt - nur eine untergeordnete Rolle spielen. Entscheidend ist
vielmehr die Tatsache, dass im kommenden Monat eine Reihe von
Ereignissen bevorsteht, die erhebliche Rückschlagsrisiken bergen. Die
damit einhergehende Nervosität wiegt die vom Präsidenten der
Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, geschürte Hoffnung auf eine
Lösung oder zumindest deutliche Entspannung in der Schuldenkrise, die
den Dax in drei Wochen um 700 Punkte hat steigen lassen, zum Teil
auf.

Ernst wird es u.a. am 12. September. Das Bundesverfassungsgericht
verkündet an diesem Tag seine Entscheidung über die Zulässigkeit des
Rettungsfonds ESM. Es wird zwar erwartet, dass der Rettungsfonds
durchgewinkt wird. Risiken gehen jedoch von eventuellen
Einschränkungen der Möglichkeiten des ESM aus, die die Zuversicht
bezüglich Stützungsaktionen für die Peripheriestaaten schwinden
lassen könnten. Am selben Tag finden auch noch die Wahlen in den
Niederlanden statt, die dazu führen könnten, dass in einem weiteren
Geberland austeritätsfeindliche Kräfte die Regierungsgeschäfte
übernehmen.

Hinzu kommt die brisante Lage Griechenlands bzw. das Risiko eines
Euro-Austritts bzw. der Insolvenz der Hellenen in den kommenden
Wochen. Sicher ist nur, dass das Land die vereinbarten Auflagen nicht
erfüllen kann und weitere Finanzhilfen bzw. noch einen
Schuldenschnitt benötigt. Die Verschleppung der Insolvenz wird ebenso
wenig wie die finanzielle Unterstützung Griechenlands bis in alle
Ewigkeit fortgesetzt werden können. In den Geberländern formiert sich
dagegen zunehmend Widerstand, und zudem verliert der Internationale
Währungsfonds Medienberichten zufolge allmählich die Geduld. Anfang
September kehrt die Troika, die ihren Bericht am 8.Oktober vorlegen
wird, nach Griechenland zurück. Meldungen und Gerüchte über die
Gespräche mit der griechischen Regierung bzw. Kritik seitens der
Inspektoren könnten ebenfalls für Marktturbulenzen sorgen. Das
Gleiche gilt für den Mittleren Osten. Israel droht unverhohlen mit
einem militärischen Schlag gegen die nuklearen Kapazitäten des Iran.
Folge eines solchen hoffentlich nicht bevorstehenden Schlags wäre
auch ein deutlicher Anstieg des Ölpreises.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft
zusehends verlangsamt. Anders als nach dem Lehman-Kollaps gilt dies
derzeit auch für die Schwellenländer und insbesondere China mit der
Folge, dass die mit lahmender Konjunktur bzw. zum Teil auch mit
Rezessionen kämpfenden Industrieländer immer weniger auf diesen
Hoffnungsträger bauen können. Gleichzeitig hat das Wachstum der
Unternehmen den Zenith erreicht bzw. in Teilbereichen überschritten.
"Nicht nur die Frühindikatoren, sondern auch die harten
Konjunkturdaten haben sich zuletzt weiter eingetrübt", so die
Landesbank Baden-Württemberg. Unter diesen Rahmenbedingungen habe
auch die in Europa fast abgeschlossene Berichtssaison Bremsspuren
gezeigt. In der Summe hätten die Quartalsergebnisse der
Euro-Stoxx-50-Konzerne unter dem Konsens gelegen. Dabei hätten eine
nachlassende Gewinndynamik bzw. teilweise sogar fallende Gewinne das
Gesamtbild geprägt. Die Sommer-Rally am Aktienmarkt vollzog damit vor
dem Hintergrund einer zunehmend Zeichen der Stagnation aufweisenden
Unternehmensgewinnentwicklung. Im Ergebnis ist die Bewertung des Dax
gestiegen. Auf Basis der Konsensprognosen für das laufende Jahr liegt
das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei 11. Das ist angesichts der Risiken nun
nicht mehr ein ausgesprochen günstiges Niveau, und ob die vom Konsens
erwartete Steigerung der Dax-Unternehmensgewinne im Jahr 2013 von
knapp 10% realistisch ist, ist vor dem Hintergrund der aktuellen
konjunkturellen Entwicklung fraglich.

(Börsen-Zeitung, 18.8.2012)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

412339

weitere Artikel:
  • Four Rivers Software Systems und Fluke Biomedical bringen gemeinsame TMS Fluke-Schnittstelle für Automatisierungssoftware von Ansur auf den Markt Everett, Washington (ots/PRNewswire) - Fluke Biomedical und Four Rivers Software Systems gaben heute die Markteinführung der gemeinsamen TMS Fluke-Schnittstelle bekannt, mit deren Hilfe Software von Ansur in das computergestützte Wartungsverwaltungssystem (Computerized Maintenance Management System, CMMS) TMS OnSite/TMS OnLine von Four Rivers Software integriert werden kann. Die für Ansur automatisierten Testberichte, die entwickelt wurden, um Tests und Berichterstattung bei medizinischen Geräten zu automatisieren und so sicherzustellen, mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu EU / Finanzen / Finnland Osnabrück (ots) - Ruhig Blut Die Debatte über die Euro-Krise ist so überhitzt, dass schon eigentlich unbedenkliche Sätze Feuer an die Lunte legen: Soll Finnland sich doch auf die Möglichkeit eines Euro-Zusammenbruchs vorbereiten. Dem Land wird es ebenso wie anderen Staaten des Währungsraums nicht schaden, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Denn natürlich, das Risiko des Zerfalls ist da. Es zeigt sich etwa darin, dass die Zinsen, die Spanien und Italien für Anleihen zahlen müssen, ungerechtfertigt hoch sind. Aber: mehr...

  • TTI meldet Rekord bei vorläufigen Umsatzzahlen und Nettogewinn Hongkong (ots/PRNewswire) -- Fortwährende Margenverbesserung - Positiver Free Cashflow - Zwischendividende um 35,0 % gestiegen - Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital von 66,1 % auf 37,4 % gesenkt - Neue Produkte als Wachstumsmotor HONGKONG, 17. August 2012 /PRNewswire/ -- Das in Hongkong ansässige globale Elektrogeräte- und Bodenpflegeprodukte-Unternehmen Techtronic Industries Co. Ltd. (?TTI"/ Das Unternehmen) (Börsensymbol: 669, ADR-Symbol: TTNDY) gab einen Rekordumsatz von 1.855 Millionen USD für die sechs Monate bis mehr...

  • NHN Japan veröffentlicht BlackBerry-Version von LINE Tokio (ots/PRNewswire) - NHN Japan kündigte am 17. August die lang herbeigesehnte BlackBerry-Version seiner beliebten App ?LINE" für Gratis-Anrufe und Gratis-Messaging an. Das Unternehmen erklärte, man richte sich mit dieser Veröffentlichung insbesondere an User aus Südostasien, wo BlackBerry-Benutzerzahlen gleichbleibend hoch sind. http://naverland.naver.jp/wp-content/uploads/2012/08/LINE_bb_en.jpg [http://naverland.naver.jp/wp-content/uploads/2012/08/LINE_bb_en.jpg] LINE ist eine Smartphone-App, mit der Benutzer kostenlos miteinander mehr...

  • WAZ: ThyssenKrupp zählt mehr als zehn Interessenten für Stahlwerke in Brasilien und Alabama Essen (ots) - ThyssenKrupp-Vorstandschef Heinrich Hiesinger treibt den Umbau des Essener Traditionskonzerns voran. "Unser Ziel ist es, ThyssenKrupp weiter zu einem breit aufgestellten Technologiekonzern umzubauen", sagte Hiesinger den Zeitungen der Essener WAZ-Gruppe (Samstagausgabe). "Wenn wir uns von unseren Stahlwerken in Brasilien und in Alabama getrennt haben, hat der Stahl einen Anteil von rund 30 Prozent am Konzernumsatz. Das ist eine sehr gute Mischung für unser Unternehmen." Mit Blick auf den geplanten Verkauf der Werke in mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht