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"Feministische Theologie eröffnet neue Perspektiven"/ Nikolaus Schneider überreicht Hanna Jursch-Preis an Ruth Poser

Geschrieben am 05-07-2012

Hannover (ots) -

Sperrfrist: 05.07.2012 18:00
Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der
Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist.

In einer Feierstunde in der Alten Aula der Universität Marburg
überreichte der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, am heutigen Donnerstag
den Hanna Jursch-Preis der EKD an die Marburger Theologin Ruth Poser.
Der Rat der EKD hatte ihr diese Auszeichnung für ihre Dissertation
über das Ezechielbuch verliehen, die unter dem folgenden Titel
erschienen ist: "Es stand dort geschrieben: Tiefstes Wehklagen, Ach
und Weh (Ez 2,10b). Das Ezechielbuch als Traumaliteratur". Der Preis
dient der Förderung herausragender wissenschaftlich-theologischer
Arbeiten aus der Perspektive von Frauen.

In seiner Festrede würdigte Schneider die feministische Theologie.
Diese weise auf Engführungen hin, die sich mit den klassischen
Gottesbildern in unser kulturelles Gedächtnis eingegraben haben.
Gottesbilder, so der Ratsvorsitzende, seien aber immer zugleich auch
Menschenbilder, denn die Bibel bezeuge keinen "an sich" existierenden
Gott, sondern vielmehr seien alle biblischen Texte situationsbezogene
und beziehungsbezogene Zeugnisse und Auslegungen von Gottes Wort. Für
die biblischen Texte und für heutiges theologisches Nachdenken und
Reden - und besonders auch für alle biblischen und heutigen
Gottesbilder - gelte: Menschen konnten und können Gotteswort und
Menschenwort ebenso wie Gottesgeist und Menschengeist nicht eindeutig
trennen und unterscheiden. Damit Gottesbilder nicht zu Götzen werden,
sei ihre konkrete Kontextualität kritisch und selbstkritisch zu
reflektieren. Schneider: "Gut, dass die feministische Theologie uns
dafür eine neue Sensibilität geschenkt hat und bis heute schenkt."

Der Alttestamentler Prof. Dr. Ernst-Joachim Waschke aus Halle
würdigte die ausgezeichnete Arbeit für die Jury. Unter dem
Blickwinkel der "Trauma-Literatur" habe Ruth Poser eine ganz neue
Perspektive auf die bizarren Bilder und teils grotesken Visionen des
Ezechielbuches ins Gespräch gebracht. "Ihr gelingt es aus dieser
Perspektive nicht nur, die bis heute dunklen, schwer verständlichen
und oft umstrittenen Textpassagen plausibel zu interpretieren,
sondern auch eine Konzeption zu entwickeln, von der aus sich das Buch
in seinen divergierenden Teilen als eine in sich geschlossene Einheit
verstehen lässt." Die Arbeit biete einen wichtigen biblischen Bezug
für alle, die sich mit Fragen der Gewalt und des Krieges oder in der
Seelsorge mit den Erlebnissen und Erfahrungen traumatisierter
Menschen auseinander setzten, so Waschke.

Der Hanna Jursch-Preis ist der einzige Wissenschaftspreis der EKD.
In Marburg wurde er zum sechsten Mal vergeben. Weitere Informationen
unter www.ekd/chancengerechtigkeit/hannajursch/index.html

Hannover, 5. Juli 2012

Pressestelle der EKD

Reinhard Mawick

Es gilt das gesprochene Wort!

Achtung: Sperrfrist 5. Juli 2012, 18.00 Uhr Es gilt das
gesprochene Wort!

Mit verwunde(r)tem Herzen an Gott glauben - von der Kontextualität
unserer Gottesbilder

Festrede zur Verleihung des Hanna-Jursch-Preises an Ruth Poser am
05. 07. 2012 in Marburg, 18.00 Uhr

von Präses Dr. h.c. Nikolaus Schneider

Vorsitzender des Rates der EKD

Gliederung:

I. Vorbemerkung

Unser Glaube an Gott braucht Gottesbilder.

II. Ein kurzer Dank an die Feministische Theologie Theologinnen
haben unserer christlichen Theologie eine neue Sensibilität für die
Kontextualität aller Gottesbilder geschenkt.

III. Gottesbilder sind Menschenbilder

Menschen antworten mit ihren Gottesbildern auf Gottes Wort.
Gottesbilder schenken Menschen einen neuen Blick auf ihre
Mitmenschen.

IV. Von der Notwendigkeit der Bilder eines wirkmächtigen Gottes
Verwundete Herzen verlangen nach Bildern, die uns der Wirkmächtigkeit
Gottes vergewissern. Aber es gilt auch: Bilder von der Macht Gottes
können Menschenherzen verstören und krank machen.

V. Von der Notwendigkeit eines "verwunderten" Herzens Nur mit
verwundertem Herzen bleiben Menschen offen für neue
Gottesbegegnungen, neue Gotteserfahrungen und neue heilsame
Gottesbilder.

I. Vorbemerkung

Unser Glaube an Gott braucht Gottesbilder.

"Du sollst dir kein Gottesbild machen, in keinerlei Gestalt" - so
heißt es im fünften Buch Mose (5.Mose 5, 8a).

Dessen eingedenk bekennt Kurt Marti die Unmöglichkeit einer
vertrauensvollen Beziehung zu Gott, ohne dass Menschen Gottesbilder
in ihren Herzen bewegen. Kurt Marti bekennt Gott als ein
unverfügbares DU,

"für den ich

wider alle vernunft und wider das bilderverbot bilder erfinde oder
bilder finde in heiligen schriften (auch in der bibel): hast DU nicht
selber uns ein bild von dir geschenkt in jesus dem Christus" (Kurt
Marti, DU - Eine Rühmung, Radius-Verlag)

Wenn Glaube an Gott anderes und mehr ist als abstrakte Prinzipien
und logische Gedankenketten, dann verlangt unsere Herzen immer wieder
neu nach konkreten Vorstellungen von Gott, dem Nicht-Vorstellbaren,
und nach konkreten Bildern von Gott, dem Nicht-Abbildbaren.

Wenn Glaube für Menschen eine vertrauensvolle und lebendige
"DU-Beziehung" zu Gott ist, dann suchen, finden und "erfinden"
Menschen konkrete und kontextuelle Bilder von Gott. Konkrete und
kontextuelle Bilder von dem einen und einzigen Gott, der Menschen auf
so unterschiedliche und vielfältige Weisen gesucht und angesprochen
hat. Und der bis heute Menschen mit seinem lebendigen Wort sucht und
anspricht.

Unser Glaube an Gott braucht Gottesbilder:

- Gottesbilder aus der Bibel, die auch unsere Gotteserfahrungen
beschreiben und verdichten; - Bilder von Gott, die unseren
Lebenserfahrungen eine neue Perspektive schenken können; - Bilder von
Gott, die uns - bei allem und trotz allem, was unsere Herzen
verwundet - immer wieder neu glauben, hoffen und lieben lassen; -
Bilder von Gott, die unsere Herzen immer wieder neu das Wundern
lehren - gerade auch dann, wenn wir uns als theologisch gelehrte und
gebildete Menschen verstehen.

II. Ein kurzer Dank an die Feministische Theologie

Die feministische Theologie hat unserer christlichen Theologie
eine neue Sensibilität für die Kontextualität aller Gottesbilder
geschenkt. Sie weist uns auf Engführungen hin, die sich mit den
klassischen Gottesbildern in unser kulturelles Gedächtnis eingegraben
haben und ermöglicht neue Perspektiven auf biblische Texte und
Gottesbilder.

Beispielhaft gelingt das der diesjährigen Preisträgerin, Dr. Ruth
Poser, die heute den Hanna-Jursch-Preis der EKD für herausragende
wissenschaftlich-theologische Arbeiten aus der Perspektive von Frauen
erhält. Ihre Arbeit eröffnet - im tiefen Wissen um die Kontextualität
von Gottesbildern - ein neues, außerordentlich überraschendes
Verständnis des Ezechielbuchs und bahnt so einen neuen fruchtbaren
Zugang zu diesem schwierigen biblischen Buch mit seinem auf den
ersten Blick verstörend und abschreckend wirkenden Gottes- und
Menschenbild.

Diese herausragende wissenschaftlich- theologische Arbeit wird
nachher Prof. Dr. Ernst-Joachim Waschke als Mitglied der Hanna
Jursch-Jury in Vertretung für die im Programm angekündigte erkrankte
Vorsitzende würdigen.

Ich beschränke mich deshalb an dieser Stelle auf einen allgemeinen
kurzen Dank an die Feministische Theologie, deren Förderung der Hanna
Jursch-Preis dient. Feministische Theologinnen haben seit dem letzten
Drittel des vergangenen Jahrhunderts in der von Männern dominierten
christlichen Theologie eine neue Sensibilität für die konkrete
Kontextualität allen theologischen Denkens und Redens geweckt.

Zwei dieser Theologinnen, die mein eigenes theologisches Arbeiten
für eine feministische Perspektive geöffnet haben, will ich hier
stellvertretend für viele andere nennen: Bärbel von Wartenberg-Potter
und Dorothee Sölle.

Die Theologie dieser beiden Frauen, insbesondere die Forderung
nach einer reflektierten und selbstkritischen Kontextualität des
theologischen Redens - gerade auch im Blick auf männliche
Gottesbilder - leuchtete mir ein und prägt mein theologisches Denken
und Reden bis heute.

So schrieb Bärbel von Wartenberg-Potter in ihrem 1986 erschienenen
Buch "Wir werden unsere Harfen nicht an die Weiden hängen":

"Obwohl es viele Theologen gibt, die eine existentielle
Betroffenheit des Menschen fordern, bleibt sie bei den meisten rein
theoretisch. Man spürt aus ihren Entwürfen nicht heraus, wo sie als
Menschen sind. Sie betrachten das Menschlich-Persönliche als
minderwertig gegenüber dem Abstrakt-Allgemeinen. Diese Verengung der
traditionellen Theologie habe ich weggelegt und lasse mich auch nicht
mehr dahin zurückdrängen. Die Synthese von Kopf und Bauch scheint mir
verheißungsvoller für die Zukunft. Wir Frauen, die zur Gewinnung
theologischer Einsichten nicht mehr auf den Bauch, den Körper, den
ganzen Menschen verzichten wollen, stehen völlig in der Tradition der
Bibel..." ( B.v.W.-P., a.a.O., S. 10f )

Und Dorothee Sölle schrieb in dem 1990 in Deutschland erschienenen
Buch "In den Gärten unserer Mütter":

"Manchmal denke ich, feministische Theologie ist das
Selbstverständlichste von der Welt, ein Aufstand des Existentiellen
gegen das System, der Liebe zu Gott in einer geistlosen Kirche, ein
Schrei nach Brot in einer Welt, die für die einen nur Steine, für die
anderen nur Kuchen hat. Dass die Autobiographie Anteil daran hat, wie
wir Gott erfahren, ist eigentlich nichts Neues, nur sind unsere
Methoden, diesen Anteil zu entfalten und ihn mit anderen zu teilen,
so unterentwickelt..." (Hg. Letty M. Rusell, a.a.O., S. 5)

Damit wir unsere Gottesbilder nicht zu Götzen machen, müssen wir
ihre konkrete Kontextualität kritisch und selbstkritisch
reflektieren. Gut, dass uns die feministische Theologie dafür eine
neue Sensibilität geschenkt hat und bis heute schenkt!

III. Gottesbilder sind Menschenbilder

Menschen antworten mit ihren Gottesbildern auf Gottes Wort.
Gottesbilder schenken Menschen einen neuen Blick auf ihre
Mitmenschen.

Die Bibel bezeugt uns keinen "an sich" existierenden Gott.
Vielmehr sind alle biblischen Texte Situations-bezogene und
Beziehungs-bezogene Zeugnisse und Auslegungen von Gottes Wort.

Im Zentrum der Bibel stehen nicht Gott und sein Wesen, im Zentrum
der Bibel steht Gottes Wort an die Menschen. Leo Adler (1915 bis
1978), in den 60er und 70er Jahren Rabbiner in der jüdischen Gemeinde
in Basel, hat in seinem Buch "Der Mensch in der Sicht der Bibel"
daher formuliert:

"Die Bibel fragt nicht, wer ist Gott und was ist Gott. Der Gott,
von dem der Prophet Jesaja verkündet, dass Seine Gedanken nicht
unsere Gedanken und Seine Wege nicht unsere Wege sind, ist ein
unwissbarer Gott." ( L. Adler, Der Mensch in der Sicht der Bibel,
Basel 1965, S. 69f)

Die Bibel, sagt Adler, "schaut den Menschen im Lichte Gottes,
nicht Gott im Lichte der Menschen."(a.a.O., S. 70). Und das, so denke
ich, gilt letztendlich auch für die Gottesbilder der Bibel: Menschen
antworten mit ihren Gottesbildern auf Gottes Wort, das sie in ganz
konkreten Situationen trifft und betrifft. Was Menschen von Gott
gehört und erfahren haben, das hatte auch in biblischen Zeiten ganz
entscheidend mit ihrem Kontext zu tun. Und was sie dann mit ihrer
"Theologie" anderen Menschen von Gott bezeugt haben, das war zugleich
ihre "Anthropologie" im Blick auf Gott (vgl. auch dazu Adler,
a.a.O., S.11).

Für die biblischen Texte und für unser heutiges theologisches
Nachdenken und Reden - und besonders auch für alle biblischen und
heutigen Gottesbilder - gilt: Menschen konnten und können Gotteswort
und Menschenwort ebenso wie Gottesgeist und Menschengeist nicht
eindeutig trennen und unterscheiden. Selbst in dem "Gottesbild", das
Gott uns in Jesus Christus geschenkt hat, sind Gottheit und
Menschheit - sind Theologie und Anthropologie - untrennbar
miteinander verbunden.

Deshalb gilt: Unsere Gottesbilder sind immer auch zugleich
Menschenbilder. Deshalb schenken uns unsere Gottesbilder immer auch
einen neuen Blick auf unsere Mitmenschen. Was ein Mensch von Gott
glaubt, das kann gar nicht ohne Auswirkungen auf sein Fühlen, Denken,
Reden und Handeln sein. Die Bilder, die Menschen von Gott haben,
werden nicht ohne Auswirkungen darauf bleiben, wie sie ihr Verhalten
und ihre Beziehungen zu den Mitmenschen gestalten.

IV. Von der Notwendigkeit der Bildern eines wirkmächtigen Gottes
Verwundete Herzen verlangen nach Bildern, die uns der Wirkmächtigkeit
Gottes vergewissern. Aber es gilt auch: Bilder von der Macht
Gottes können Menschenherzen verstören und krank machen.

In meinen nun fast 65 Lebensjahren habe ich nicht nur theoretisch,
sondern auch unmittelbar und persönlich erfahren und zu begreifen
gelernt: In dieser Welt leiden auch vertrauensvoll glaubende
Christinnen und Christen unter vermeintlicher Gottverlassenheit,
unter Enttäuschungen und Ängsten. Durch eigenes und durch fremdes
Leiden werden auch ihre Herzen aufgeschreckt und verwundet.

Julien Barnes bekennt in seinem Buch über den Tod "Nichts, was man
fürchten müsste": "Ich glaube nicht an Gott, aber ich vermisse ihn."
Daran anknüpfend reflektiert Gabriele Wohmann in ihren "Träumen vom
Himmel" (Buchtitel: "Sterben ist Mist, aber der Tod ist schön- Träume
vom Himmel") darüber, dass das Vermissen von Gott doch eigentlich
schon so etwas wie Glaube an Gott sei. Und dass sie lieber sagen
würde: "Ich glaube an Gott und ich vermisse ihn!" (vgl. dazu Wohmann,
a.a.O., S.63f)

So ging und so geht es auch mir angesichts all der
traumatisierenden Gewalt- und Todeserfahrungen in unserer Welt. Sie
lassen Menschen die Güte und die Fülle des Lebens in Frage stellen -
wenn sie nicht sogar das Leben der traumatisierten Menschen
zerstören.

Gerade dann, wenn Menschen an Gott glauben und ihm als "Gott des
Lebens" vertrauen, gerade dann können sie Lebensbedrohliches und
Lebensvernichtendes nicht einfach hinnehmen. Und gerade dann
vermissen sie oft - flehend, fragend und zweifelnd - Gottes
wirkmächtiges Eingreifen. Dann fragen sie mit verwundetem Herzen: Wo
und wie wird Gott jetzt endlich seine Liebe und Macht erweisen?

Und gerade in diesen Zeiten brauchen unsere verwundeten Herzen
Gottesbilder, die uns der Wirkmächtigkeit Gottes vergewissern. Damit
unsere Hoffnung uns nicht zuschanden werden lässt (vgl.Römer 5, 2-5),
brauchen wir dann Bilder, die uns von Gottes letztgültigem Sieg über
alle Todesmächte erzählen. Damit wir auch unter Zorn und unter Tränen
an der menschenfreundlichen Nähe Gottes festhalten können, brauchen
wir dann Bilder, die uns bezeugen: Gott will und Gott wird sein Reich
des Friedens und der Gerechtigkeit für alle Menschen und für seine
ganze Schöpfung vollenden.

Gottesbilder, die von Gottes wirkmächtiger Liebe erzählen, können
verwundete Menschenherzen heilen:
- weil sie die Hoffnung der Menschen stärken;
- weil sie Menschen ermutigen, neu zu glauben, zu lieben und
zu hoffen;
- weil sie die Herzen der Menschen öffnen für neue
Gotteserfahrungen und für neue heilsame
Menschenbeziehungen.

Aber - auch das müssen wir uns und anderen eingestehen: Es gab und
es gibt "vergiftete" und "vergiftende" Gottesbilder. Es gab und es
gibt Vorstellungen und Bilder von Gott, die Menschen verstören und
krank machen können. In einem Interview (epdwest vom 21.05.2012)
stellt der Psychoanalytiker Tilmann Moser fest: "Es gibt Menschen,
die sind vergiftet durch das, was man ihnen über Gott erzählt hat.
Sie haben Gott als niederdrückende Instanz erlebt. Ich würde auch von
mir sagen, ich hatte eine Gottesvergiftung, durch das Bild von Gott,
das ich hatte."

Ich bin davon überzeugt: Wir können in und mit unserer Theologie
der Gefahr von vergifteten und vergiftenden Gottesbildern nur
entgegenwirken, wenn wir unsere Gottesbilder an Jesus Christus
ausrichten und immer wieder neu vom Evangelium her korrigieren
lassen. Dann nämlich werden wir Gottesbilder finden und bezeugen, die
Menschen aufrichten, trösten und ermutigen - und nicht Gottesbilder,
die das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl der Menschen
zerstören. Denn "Barmherzigkeit" und "Erlöser" sind die Namen Gottes,
die Jesus Christus uns offenbar gemacht hat.

Wolfgang Huber hat es so auf den Punkt gebracht: "Sucht man den
Kern des Geschehens, das im Neuen Testament mit dem Leben Jesu von
Nazareth verbunden ist, so lässt es sich so beschreiben: Jesus bringt
den Menschen Gott... Indem Jesus den Menschen Gott bringt, bringt er
ihnen auch ein Bild von Gott(es)...Das Bild Gottes, das Jesus in
seiner Verkündigung vor Augen stellt, knüpft an die Hebräische Bibel
an. Für deren Gottesbild gilt: Gottes Sein lässt sich an seinem
Wirken ablesen...Das Bild Gottes, das Jesus vor Augen stellt, ist
dadurch bestimmt, wie Gott sich der Verlorenen erbarmt und sich der
Menschen ohne Ansehen der Person annimmt." (W. Huber, Der christliche
Glaube, S.97ff) V. Von der Notwendigkeit eines verwunderten Herzens
Nur mit verwundertem Herzen bleiben Menschen offen für neue
Gottesbegegnungen, neue Gotteserfahrungen und neue heilsame
Gottesbilder.

Gott ist der Schöpfer und Herr allen Lebens. Wir Menschen sind
seine Geschöpfe. Diese Einsicht ist die Basis unseres Glaubens. In
Demut und Ehrfurcht vor Gott, unserem Schöpfer und Herrn, dürfen wir
deshalb auch in unserem theologischen Denken und Reden unser
"menschliches Maß" nicht überschreiten. Auch als Theologen und
Theologinnen wissen wir um die Unzulänglichkeit und um die
Begrenztheit unserer Erkenntnisfähigkeit und aller unserer
Gottesbilder.

Gottes Geist bewegt - hoffentlich! - unseren Geist und stellt
dabei auch manche unserer vermeintlich abgesicherten Erkenntnisse und
Überzeugungen wieder neu in Frage. Denn Gottes lebendiges Wort will
uns davor bewahren, Gott in Bildern festzulegen. Feste Bilder
zerstören lebendige Beziehungen - lebendige Beziehungen zwischen
Menschen ebenso wie die lebendige Beziehung des Menschen zu Gott
(vgl. auch Max Frisch, Stiller). Darum braucht unser Glaube auch die
immer neue Infragestellung und Ergänzung unserer alten und in manch
vergangenen Kontexten bewährten Gottesvorstellungen. Gott sei Dank
zeigt Gott uns durch sein Wort, dass er viel mehr und viel größer ist
als alle Bilder, Vorstellungen und Denkmuster von ihm.

Um es noch einmal mit einem Gebet von Kurt Marti zu sagen:

"Noch bevor wir Dich suchen, Gott,

warst Du bei uns. Wenn wir Dich als Vater anrufen, hast Du uns
längst schon wie eine Mutter geliebt. Wenn wir "Herr" zu Dir sagen,
gibst Du Dich als Bruder zu erkennen. Wenn wir Deine Brüderlichkeit
preisen, kommst Du uns schwesterlich entgegen. Immer bist Du es, der
uns zuerst geliebt hat. Darum sind wir jetzt hier, nicht weil wir
besonders gut und fromm wären, sondern weil Du Gott bist und weil es
gut ist, Dir nahe zu sein." (K. Marti, Gottesbefragung, S. 150)

Nur wenn unsere Herzen offen sind für das Wunder der göttlichen
Liebe und für das Wundern über diese unverdiente Liebe, nur dann
können wir deren heilsame Wirkungen an unseren verwundeten Herzen
erfahren. Liebesbeziehungen nähren sich von immer neuen Wundern und
Verwunderungen, die Liebende miteinander erleben. Auch das gilt für
unsere zwischenmenschlichen Beziehungen ebenso wie für unserer
Liebesbeziehung zu Gott.

Wir brauchen "verwunderte" Herzen, damit wir unsere Gottesbilder
nicht vergötzen; damit wir offen sind und offen bleiben für neue
Gottesbegegnungen, neue Gotteserfahrungen und neue
Menschenbeziehungen; damit wir auch mit "verwundeten" Herzen immer
wieder neu glauben, hoffen und lieben können.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.



Pressekontakt:
Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de


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