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DER STANDARD-Kommentar "Märkte prügeln Eurounion herbei" von Thomas Mayer

Geschrieben am 29-06-2012

"In der Krise rücken die Staaten der Eurozone Schritt für
Schritt näher zusammen" - Ausgabe 30.6.2012

wien (ots) - Christine Lagarde hat Recht behalten. Die Eurozone
wäre gut beraten, das Zaudern aufzugeben, ihre bereits zur Verfügung
stehenden Finanzinstrumente zur Krisenbewältigung in den
Eurorettungsfonds auch einzusetzen, sagte die Chefin des
Internationalen Währungsfonds (IWF) vor einer Woche in Luxemburg.
Das solle "flexibel und effizient" geschehen. Langfristig müsse der
Weg zur Fiskalunion gegangen werden, mit demokratischer Kontrolle und
strenger Führung der Mitgliedstaaten - so redete die frühere
französische Finanzministerin den Eurofinanzministern ins Gewissen.
Entscheidend seien jetzt aber Strukturreformen in Europa, "im Süden
wie im Norden". Die Zentralbank in Frankfurt müsse alle ihre Macht
ausschöpfen, um die Angriffe der Märkte auf große EU-Länder wie
Italien und Spanien abzuwehren - im Doppelspiel mit den
Eurorettungsfonds. Und es müsse dringend zu Entkoppelung der
Finanzierung der Krisenbanken von den Haushalten der Staaten kommen,
die das finanzieren, weil deren Schulden die Arbeitswelt der Menschen
erdrosseln. Sie die globale Sicht.
Ihr Auftritt wurde von Beobachtern damals schon als extrem souverän
eingeschätzt. Nach dem jüngsten EU-und Eurogipfel in Brüssel könnte
man fast den Eindruck haben, Lagarde (und ihre Expertentruppe) sei so
etwas wie das Mastermind für die Regierungschefs gewesen.
So unfertig deren Beschlüsse im Detail auch erschienen mögen, sie
haben ziemlich genau das vereinbart, was Lagarde anregte. Sogar das
Motto "flexibel und effizient" haben sie übernommen: Spanische Banken
etwa sollen nun über Mittel des Euroschirms stabilisiert werden,
damit sich die Regierung in Madrid stärker auf die Sanierung von
Wirtschaft, Staat und Gesellschaft - Stichwort:
Jugendarbeitslosigkeit - konzentrieren kann.
Oder: Die Rolle der in der Eurokrise ohnehin bereits starke
Zentralbank wird noch einmal zusätzlich befestigt: Sie soll eine
"Superaufsichtsbehörde" für die Banken in der Eurozone kreieren und
diese dann enger an die Leine nehmen. Daraus könnte, so der Plan, im
weiteren Verlauf eine echte europäische "Bankenunion" mit geteilter
Kontrolle und Haftung entstehen, wie wir das auf nationaler Ebene als
selbstverständlich ansehen.
Das zielt - so wie das Schlagwort der "Fiskalunion" oder der
"Vereinigten Staaten von Europa" - natürlich auf Projekte mit einer
zeitlichen Perspektive von mehreren Jahren. Aber es scheint sich
zweieinhalb Jahre nach dem Ausbrechen der Eurokrise durch das
Abdriften Griechenlands, Irlands und Portugals doch so etwas
herauszubilden wie eine Dynamik für eine neue "Eurounion" - eine
Kerngemeinschaft von Staaten innerhalb der EU.
Dass diese sich beim Gipfel schriftlich darauf festgelegt haben, das
Projekt einer Finanztransaktionssteuer im Dezember 2012 zu
beschließen, gegen Großbritannien notfalls, ist ein kleines, aber
wichtiges Indiz dafür.
Die Ausbildung einer "echten politischen Union", wie Ratspräsident
Herman Van Rompuy in seinem Zulunftsreport schreibt, mag zwar weniger
dem politischen Willen, als dem Druck der Märkte und den globalen
Machtverschiebungen zu verdanken sein. Das ändert wenig am
Gesamtbefund. Selbst die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, die
wahrlich nicht zu Visionen neigt, stellt sich darauf ein, dass eine
große EU-Reform kommt.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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