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Börsen-Zeitung: Politik mit Wachsmalstift, Kommentar zu "Wachstumsinitiativen" der EU-Kommission, von Detlef Fechtner.

Geschrieben am 30-04-2012

Frankfurt (ots) - Vorsicht, die Squaw spricht mit gespaltener
Zunge - so heißt die einschlägige Warnung in Cowboyfilmen. Daran
fühlt sich oft erinnert, wer die schönfärberischen Erklärungen der
EU-Kommission hört. Nie steckt ein EU-Land in Nöten, sondern ist
allenfalls "im Fokus der Märkte", nie hat es Probleme, sondern steht
nur vor "Herausforderungen". Nie muss es sparen, immer nur
"konsolidieren".

Seit Jüngstem gibt es einen neuen Euphemismus: Projektbonds heißen
jetzt "Wachstumsanleihen". Dahinter steckt die Idee, Geld aus dem
EU-Haushalt an die Europäische Investitionsbank zu überweisen, damit
sie etwa beim Bau einer Autobahn die Finanzierung in Risikotranchen
schneidet und die ausfallgefährdetsten Stücke in die eigenen Bücher
nimmt. Ziel ist, private Investoren zu locken, um den Einsatz zu
hebeln. Und in der Tat, das Konzept ist tauglich, mindestens für
einige Vorhaben. Ob es indes hält, was der aufschneiderische Name
suggeriert, ist fraglich.

Zuletzt hat die EU-Kommission mit solcher Schönrednerei und
großspurigen Ansagen über "Wachstumsinitiativen" die Erwartung
befeuert, dass gerade ein riesiges Konjunkturprogramm gepackt wird.
Jetzt, da sich die Spekulationen überschlagen und dreist ellige
Milliardenbeträge herumgeistern, muss die EU-Kommission allerhand
zurechtrücken. Mitleid muss man deshalb nicht mit ihr haben. Vielmehr
rächt sich endlich einmal die Politik mit dem Wachsmalstift:
Hauptsache, es fängt mit Wachs- an und es wird ganz dick aufgetragen.

Bleibt die Frage: Alles also nur große Worte und nichts dahinter?
Nein, nicht ganz. Bei aller Rhetorik gibt es politische Bewegungen -
aber wie so oft eher kleine Schritte als große Würfe. Man mag in
diesem Fall anfügen: erfreulicherweise. Eine jähe Abkehr von
Sparzielen und Fiskalpakt, wie es die einen fürchten und die anderen
fordern, ist nicht erkennbar - zu groß ist die Angst vor einem
erneuten Anstieg der Anleihezinsen. Ein massives, kreditfinanziertes
Ankurbelungsprogramm steht ebenfalls nicht zu erwarten - den einen
fehlt das Geld, den anderen der Willen dazu.

Allerdings bleiben ja noch jede Menge anderer Maßnahmen, um
kurzfristig zu unterstützen und die Rezession abzufedern. Eine
Kapitalerhöhung der EU-Investitionsbank, die plötzlich politische
Chancen hat. Eine Umwidmung von EU-Strukturhilfen hin zu den Ländern,
die es am nötigsten haben, - was ja Sinn solcher Hilfen sein sollte.
Und sogar EU-Projektbonds. Man muss sie ja nicht unbedingt
Wachstumsanleihen nennen.

(Börsen-Zeitung, 1.5.2012)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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