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Wie die Lebensmittelindustrie aus Kindern Junkfood-Junkies macht und Fehlernährung verursacht - foodwatch-Report und Marktcheck mit 1.500 Kinderprodukten vorgestellt

Geschrieben am 13-03-2012

Berlin (ots) - Unausgewogene Produkte, perfides Marketing und
überbordende Lobbyarbeit: Die Lebensmittelindustrie leistet keinen
Beitrag zur ausgewogenen Ernährung von Kindern, sondern trägt massiv
zur grassierenden Fehlernährung bei. Das belegt der Report "Kinder
kaufen", den die Verbraucherorganisation foodwatch heute in Berlin
vorstellte.

In einem aktuellen Marktcheck hat foodwatch 1.514
Kinderlebensmittel unter die Lupe genommen und mit den Kategorien der
aid-Ernährungspyramide bewertet. Das Ergebnis: Fast drei Viertel der
Produkte (73,3 Prozent) fallen in die "rote" Kategorie an der Spitze
der Pyramide. Es handelt sich um süße und fette Snacks, die nach den
Empfehlungen des vom Bundesernährungsministerium geförderten "aid
infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz" nur
"sparsam" verzehrt werden sollten. Gerade einmal 12,4 Prozent der
Produkte können der grünen Kategorie an der Basis der Pyramide
zugeordnet werden - solche Lebensmittel sollten Kinder eigentlich
"reichlich" verzehren. Fazit: Mit dem industriellen Angebot an
Kinderlebensmitteln ist eine ausgewogene Ernährung praktisch
unmöglich, denn es besteht fast ausschließlich aus Süßigkeiten und
ungesunden Snacks. Die Hersteller stellen die Ernährungspyramide auf
den Kopf: Ihre Produktpalette im Kinder-Segment entspricht ziemlich
genau dem Gegenteil der ernährungsphysiologischen Empfehlungen.

"Die Industrie will Kinder so früh wie möglich auf ungesundes
Junkfood programmieren", sagt Anne Markwardt von foodwatch. "Dafür
gibt es einen logischen Grund: Mit Obst und Gemüse lässt sich nur
wenig Profit machen - mit Junkfood und Soft Drinks schon mehr. Es
lohnt sich ganz einfach nicht, gesunde Produkte ans Kind zu bringen."
Während die Hersteller mit Obst und Gemüse Margen von weniger als 5
Prozent erzielen, erreichen sie bei Süßwaren, Soft Drinks und Snacks
Umsatzrenditen von 15 Prozent und mehr. Entgegen dem von vielen
Unternehmen formulierten Anspruch, einen Beitrag zur ausgewogenen
Ernährung von Kindern zu leisten, haben sie betriebswirtschaftlich
größtes Interesse daran, möglichst viele unausgewogene Produkte zu
verkaufen.

"Die Unternehmen tragen eine erhebliche Mitverantwortung für die
grassierende Fehlernährung von Kindern", sagt Anne Markwardt von
foodwatch. "Die Lebensmittelindustrie ist nicht Teil der Lösung,
sondern Kern des Problems, weil sie Kindern massenhaft Junkfood
aufdrängt und sie zur falschen Ernährung verführt."

Dass sich Kinder in Deutschland nicht gesund und ausgewogen
ernähren, ist wissenschaftlich belegt:

- Kinder essen nur die Hälfte der empfohlenen Menge an Obst und
Gemüse, aber weit mehr als 200 Prozent der empfohlenen Menge an
Süßwaren, Snacks und Soft Drinks.
- Der Anteil übergewichtiger Kinder ist im Vergleich zu den 80er-
und 90er-Jahren um 50 Prozent gestiegen. Heute gelten 15 Prozent
der Kinder als zu dick, 6 Prozent sogar als fettleibig (adipös).
- Folgen sind erhöhte Risiken für Diabetes, Herzkreislauf- und
andere schwerwiegende Krankheiten. Ein Prozent der Kinder leidet
heute bereits an Altersdiabetes.

Mit perfiden Strategien versuchen die Unternehmen, Kinder so früh
wie möglich an die eigene Marke zu binden und in jungen Jahren
Geschmacksprägung möglichst für ein ganzes Leben zu erreichen.
Gleichzeitig treten Vertreter der Süßwaren-Konzerne auf Kongressen
als Experten für gesunde Kinderernährung auf und dienen sich dem
Staat, Sportverbänden, Schulen und sogar Kindergärten als Partner für
Anti-Übergewichtsprogramme und Bewegungsinitiativen an (siehe
Hintergrundpapier zu den "Marketing- und Lobbystrategien für
Kinderlebensmittel" unter http://www.foodwatch.de/presse-kinderreport
). "Der Bock macht sich selbst zum Kindergärtner", so Anne Markwardt
von foodwatch. "Wir dürfen nicht mehr darauf hereinfallen, wenn sich
Unternehmen, deren Ziel gar nicht anders lauten kann als immer mehr
Süßwaren und Junkfood zu verkaufen, zum Ratgeber in Sachen gesunder
Ernährung aufschwingen: Das sind scheinheilige Alibi- und
Ablenkungsmaßnahmen, die nicht viel kosten. Jedenfalls weniger, als
die omnipräsenten Junkfood-Produkte derselben Hersteller einspielen,
die selbst in Schulen 'Kauf mich' schreien. Es ist doch kein Zufall,
dass die ganzen Comicfiguren und Gimmicks nicht zum Verzehr von
ungezuckerten Haferflocken, sondern von pappsüßen Crispy-Pops
verführen sollen."

Auch der Staat versagt beim Thema gesunde Kinderernährung.
Anstelle klarer Vorgaben für die Hersteller bindet die
Bundesregierung die Junkfood-Industrie in ihre Initiativen und
Aktionspläne gegen Übergewicht ein. So hat das
Bundesernährungsministerium die "Plattform Ernährung und Bewegung"
(peb) initiiert, die sich dadurch auszeichnet, vor allem den
angeblichen Bewegungsmangel und nicht die schlechte Ernährung von
Kindern als Ursache für Übergewicht zu benennen. Prominente
Mitglieder von peb: Coca-Cola, Ferrero, der Bundesverband der
Deutschen Süßwarenindustrie, McDonald's, die Wirtschaftliche
Vereinigung Zucker, PepsiCo, Mars - Firmen, die kein Interesse an
gesunder Ernährung, sondern am Verkauf von Snacks, Junkfood und Soft
Drinks haben.

foodwatch fordert:

- Die Lebensmittelindustrie muss dort Verantwortung übernehmen, wo
ihre Verantwortung tatsächlich liegt: Nicht in PR-trächtigen
Alibi-Maßnahmen wie Bewegungsinitiativen und Ernährungstipps für
den Schulunterricht, sondern in der Produktion ausgewogener
Kinderlebensmittel. Die Verantwortung für die Fehlernährung von
Kindern kann nicht allein auf Eltern abgewälzt werden.
- Produkte, die nicht ausgewogen sein können (wie Süßigkeiten),
dürfen nicht länger als Kinderprodukte beworben und mit
Comicfiguren, Spielzeugbeigaben, Gewinnspielen oder Idolen
direkt an Kinder vermarktet werden.
- Schulen und Kindergärten müssen werbe- und PR-freie Räume
werden.
- Die Junkfood-Industrie ist kein geeigneter Partner für den
Staat, für Schulen und für Sportverbände wie den Deutschen
Fußball-Bund (DFB). Sponsoring-Partnerschaften und gemeinsame
Programme zur Bewegungsförderung oder Übergewichts-Bekämpfung
dienen den Unternehmen als Ablasshandel und müssen beendet
werden.

Links:

Mehr Informationen unter www.foodwatch.de/kinder
foodwatch-Marktcheck: www.foodwatch.de/marktcheck
Report "Kinder kaufen": www.foodwatch.de/kinderreport

Redaktioneller Hinweis:

Bildmaterial einschließlich einer Fotostrecke können Sie unter
www.foodwatch.de/material-kinder herunterladen.



Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 23
Fax: +49 (0)30 / 24 04 76 - 26


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