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Schwäbische Zeitung: Das Amt verlangt Ehrlichkeit - Leitartikel

Geschrieben am 18-12-2011

Leutkirch (ots) - Herr Wulff kann sich nicht beklagen. Bis weit in
die gegnerischen Parteien hinein haben namhafte Politiker dem
Bundespräsidenten Brücken gebaut, um ihm eine geordnete Bereinigung
der Kredit-Affäre zu ermöglichen - in einer Form, die das Amt nicht
beschädigt und dem Menschen Wulff die Chance lässt, sein Gesicht zu
wahren.

Nicht nur bedauerlich, sondern ausgesprochen ärgerlich ist das,
was das Staatsoberhaupt aus der Chance bisher macht. Der Präsident
weicht der immer offenkundigeren Wahrheit aus. Er bemüht
Rechtsanwälte, und er flieht in Formulierungen, die den Anschein
erwecken, als ginge es um irgendeinen Dritten - nicht um jenen
Christian Wulff, der das höchste Staatsamt bekleidet und der Vorbild
sein muss.

Nicht der Kredit an sich ist das wesentliche Ärgernis. Wesentlich
ist der ganz und gar gewöhnliche Umgang mit der ausgesprochen
peinlichen Situation. Die Menschen wollen zwar einen
Bürger-Präsidenten, aber keinen, bei dem es offenkundig sehr
menschelt. Zu sehr, wie es jeden Tag offensichtlicher wird.
Ausflüchte im Stil eines ertappten Steuersünders und seiner Advokaten
passen nicht zum Amt, das eben nicht gewöhnlich ist.

Wenn die ganze Wahrheit nur scheibchenweise ans Licht kommt, geht
es nicht mehr um juristische Spitzfindigkeiten, sondern um den
Gesamteindruck, der im konkreten Fall dem Betroffenen bisher nicht
zur Ehre gereicht. Der Bürger kennt das von anderen Politikern, aber
die Frage ist, ob er ausgerechnet einem Bundespräsidenten solch ein
Taktieren durchgehen lässt.

Im Raum steht nicht die Frage nach Paragrafen, sondern die nach
der Vorbildfunktion. Wasser predigen und Wein trinken, sorgt für jene
Verdrossenheit, die Parteiendemokratie im Kern beschädigt, weil diese
im Lichte solcher Vorgänge immer wieder wie ein Selbstbedienungladen
der politischen Klasse erscheint. Ein Rücktritt könnte einen solchen
Eindruck kaum widerlegen. Gefordert ist Ehrlichkeit. Und diese
gefälligst nicht auf Raten.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de


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