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WAZ: Es geht um mehr als zwei Namen - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 14-12-2011

Essen (ots) - Gerade in dieser Zeit braucht Deutschland eine
starke Regierung und einen untadeligen Bundespräsidenten an der
Staatsspitze. Beides ist seit gestern nicht mehr gewährleistet.
Deshalb geht es hier um weit mehr als zwei Einzelschicksale. Zu den
Leistungen des Bundespräsidenten gehört, im Ausland, in Israel und
Polen besonders, für Vertrauen in Deutschland gesorgt zu haben.
Christian Wulff reiht sich damit ein in die Reihe seiner Vorgänger,
die für außenpolitische Verlässlichkeit Deutschlands sorgen bzw.
gesorgt haben. Vor dem Hintergrund der dunklen Jahre deutscher
Geschichte ist das nicht wenig. Zu den Seltsamkeiten seiner
Persönlichkeit gehört das Gespür für Stilfragen. Ein Bundespräsident,
der gezwungen ist, feinsinnig zwischen legal und legitim
unterscheiden zu müssen, damit es ihn nicht sogleich aus der Kurve
trägt, hat ein echtes Problem. Weshalb glaubt ein gut verdienender
Ministerpräsident, sich eine halbe Million Euro von einem
befreundeten Geschäftsmann leihen zu müssen für ein lumpiges Prozent
Zinsdifferenz? Wieso glaubt er, mit der Halbwahrheit vor dem
Parlament durchzukommen? Ist er nicht Profi genug zu wissen, dass
einen Spitzenpolitiker Derartiges stets einholt? Das sind jedenfalls
alles handwerkliche Fehler, die besonders bedauerlich sind, weil die
Deutschen seit jeher zum Bundespräsidenten ein besonderes Vertrauen
haben. Christian Lindner ist der letzte von Gewicht in der FDP. Nach
seinem Rücktritt bleibt vom Koalitionspartner der CDU weniger als
wenig übrig. Der Rückzug des Generalsekretärs ist ein
Misstrauensvotum gegen den Parteivorsitzenden Rösler, vielleicht auch
der Versuch, diesen zu stürzen. Auf alle Fälle beschleunigt er den
Niedergang der Liberalen, die, man muss daran erinnern, noch vor zwei
Jahren für fast 15 Prozent Wähler-Zustimmung gut waren. Lindner war
der einzige, der durchdrungen hat, was es heißt, liberal zu denken
und zu sein. Beide Personalien verdichten sich zu einer tiefen Krise
der schwarz-gelben Formation. Weil die Krise im Kern darin besteht,
dass Bürgerliche sich unbürgerlich verhalten, also gegen ihren
eigenen Wertekodex verstoßen, erwischt es Schwarz-Gelb im eigenen
Selbstverständnis. Fazit: Für die Kanzlerin, gerade als Euro-Retterin
gefeiert, ist das alles tragisch. Das kann sie, wie seltsam, nur
überleben, wenn die SPD ihr dabei hilft.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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