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"DER STANDARD"-Kommentar: "Das Ende eines Provisoriums" von Conrad Seidl

Geschrieben am 14-12-2011

Mit dem teuren Assistenzeinsatz fällt ein Argument für die
Wehrpflicht weg - Ausgabe vom 15.12.2011

Wien (ots) - Abmarsch! Wenn morgen der letzte Assistenzsoldat aus
dem Burgenland abzieht, dann kann sich Norbert Darabos gleich doppelt
freuen: Erstens hat er es geschafft, mit der weit über jegliche
sachliche Begründung hinaus erstreckten Präsenz des Bundesheeres im
Grenzland die burgenländische Landespolitik zufriedenzustellen. In
der östlichen Provinz hatte man besondere Sorgen um die Sicherheit -
und seine Soldaten haben über Jahre jenes Sicherheitsgefühl
vermittelt, das seinem Landeshauptmann Hans Niessl stets das größte
Anliegen war.
Dass das Burgenland ohnehin zu den sicheren Gebieten Österreichs
gehört, wurde in der landespolitischen Diskussion gerne verdrängt. In
der Wiener Kärntner Straße lebt man viel riskanter als in Deutsch
Minihof. Aber bewaffnete Soldaten in einer Innenstadt patrouillieren
zu lassen wäre denn doch zu absurd - ein Michael Häupl käme wohl
nicht auf die Idee, um Militärpräsenz in der City zu bitten. Seinem
Landsmann Niessl hat Darabos nachgegeben, das wird ihm vielleicht
einmal angerechnet, wenn er sich ins pannonische Ausgedinge begeben
sollte.
Aber daran denkt Darabos wohl noch nicht ernsthaft - auf seiner
Agenda steht noch ein großes Projekt: Die Abschaffung der Wehrpflicht
soll möglichst rasch kommen. Und das ist dann auch der zweite Punkt,
über den sich der Verteidigungsminister freuen kann. Denn ein
Assistenzeinsatz des Bundesheeres mit diesem Umfang und dieser Dauer
wäre mit einem Berufsheer nicht aufrechtzuerhalten gewesen.
Nachdem sich die Ansicht durchgesetzt hat, dass man den Einsatz an
der Ostgrenze nicht braucht, könnte sich auch die Einsicht
durchsetzen, dass man die Wehrpflicht eigentlich nicht mehr braucht.
Das ist die große Chance des Norbert Darabos.
Eröffnet wurde sie ihm ausgerechnet von jenen Offizieren, die sich
jahrelang für die Wehrpflicht ausgesprochen hatten. Der
Assistenzeinsatz war nämlich von allem Anfang an eine
Fehlkonstruktion: Man hatte ihn als Provisorium auf zehn Wochen
geplant - und dann die Planungen an die Gegebenheiten angepasst.
Diese Vorgangsweise hat rasch zu Problemen geführt. Einsichtige
Offiziere haben nämlich schon nach wenigen Monaten festgestellt, dass
der Assistenzeinsatz eine enorme Schwächung des Bundesheeres
bedeutet. Die Ausbildung der an die Grenze verlegten Grundwehrdiener
hat unter dem Wachdienst gelitten - wenn die jungen Männer aus dem
Grenzland zu Ungarn und der Slowakei zurückgekommen sind, hatten sie
wesentliche Ausbildungsinhalte versäumt. Bald konnte das Bundesheer
keine feldverwendungsfähigen Soldaten mehr ausbilden.
Das militärische Establishment hätte allen Grund zur Sorge haben
müssen. Aber es hat sich damit getröstet, dass die Motivation der
Grundwehrdiener im Grenzeinsatz hoch war, dass man immerhin
Nachtausbildung (für die andernorts keine Überstunden mehr bewilligt
wurden) machen konnte und dass man mit dem Einsatz die Wehrpflicht
weiter rechtfertigen konnte.
Diese Rechtfertigung durch ein Projekt, das noch dazu laut
Rechnungshof viel teurer war, als es sich das Heer schöngerechnet
hat, ist nun dahin. Wer jetzt an der Wehrpflicht festhalten will,
muss den Rekruten eine sinnstiftende Ausbildung bieten.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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